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Politik

Krieg gegen Taliban: kein Ende in Sicht

Spencer Kimball (Adaption: Jan D. Walter)30. Juli 2015

Auch nach dem Tod von Taliban-Chef Mullah Omar ist kein Ende des Krieges gegen den Terror in Sicht. Einen Ausweg hätte vielleicht gerade der Anführer der Taliban bieten können.

Mullah Mohammed Omar 1996 (Foto: Getty Images/AFP/BBC News)
Bild: Getty Images/AFP/BBC NEWS

Zehn Millionen US-Dollar betrug das Kopfgeld auf Mullah Mohammed Omar. Mehr als zehn Jahre war es ausgesetzt, und doch hat ihn niemand verraten oder ausgeliefert. Die zehn Millionen kann Washington also behalten. Und auch der oftmals gnadenlose Arm der USA war nicht lang genug: In mehr als einer Dekade von Überwachung, Festnahmen und Folter wurde der Anführer der Taliban nicht gefasst. Omar starb - offenbar bereits 2013 - in einem pakistanischen Krankenhaus, wahrscheinlich an Tuberkulose.

"Mullah Omar hat sich nicht nur vor der Öffentlichkeit, sondern auch vor seinen eigenen Taliban-Kameraden abgeschirmt", sagt der Afghanistan-Korrespondent und Buch-Autor Anand Gopal. "Seit 2001 hatten nur noch wenige Taliban-Mitglieder Kontakt zu ihm, in den letzten Jahren bekam ihn fast niemand mehr zu Gesicht."

Genau wie Osama bin Laden hat Omar irgendwann die löchrige Grenze von Afghanistan nach Pakistan überschritten und Zuflucht auf dem Territorium des angeblichen US-Partners gefunden. "Angesichts der Massen afghanischer Flüchtlinge in Pakistan und der unzulänglichen Bemühungen des Staates, solche Individuen zu stellen, hatte es Mullah Omar relativ leicht unterzutauchen", sagt Daniel Markey, Pakistan-Experte des Washingtoner Think Tanks Council on Foreign Relations CFR im Gespräch mit der DW.

Seit 2013 soll Mullah Omar bereits tot sein. Ihre Waffen haben die Taliban deshalb noch nicht niedergelegtBild: picture-alliance/dpa/Ton Koene

Unterschlupf für bin Laden

Der afghanische Taliban-Anführer gehört zwar nicht zu den geistigen Vätern der Anschläge am 11. September 2001, aber er bot Osama bin Laden und seinem Terror-Netzwerk al-Kaida das Versteck, das sie brauchten, um in Ruhe den größten Angriff auf US-Boden seit Pearl Harbour zu planen.

Danach war es Mullah Omar, der sich weigerte bin Laden an die USA auszuliefern. "Obwohl die meisten Taliban-Mitglieder genau das wollten", sagt Anand Gopal. "Mullah Omar brachte das in eine sehr schwierige Lage: Er stand einem islamischen Staat vor, ohne selbst eine spirituelle Instanz zu sein. In diesem Bewusstsein fürchtete er wohl, seine Unterstützer zu verlieren, sollte er bin Laden einer nicht-islamischen Nation ausliefern."

Der Mythos Mullah Omar

Für CFR-Experte Markey ist vor allem der Mythos um Mullah Omar als Gründungsvater des Islamischen Emirats Afghanistan, wie die Taliban ihr Einflussgebiet nennen, ein zentrales Motiv für deren Zusammenhalt. Das gilt sowohl für die Zeit der massiven Bombardierung 2001 als auch für die gesamten 14 Jahre Invasion und Besetzung Afghanistans, die bisher mehr als 2000 Amerikaner und Zehntausende Afghanen das Leben kostete.

Vor diesem Hintergrund ist es ein Treppenwitz der Geschichte, dass die Taliban ausgerechnet jetzt die Nachricht von seinem Tod bestätigen: Seit 2001 vereinte seine Figur die Taliban gegen die Besatzer. Und noch heute sind sie eine substanzielle Bedrohung für die US-gestützte Regierung in Kabul. Doch nun, da die USA in den aufkeimenden Friedensgesprächen seine Autorität bräuchten, ist er nicht mehr da.

"Am Verhandlungstisch würde man sich vereinte Taliban wünschen", sagt Markey, "damit sich zumindest ein Großteil von ihnen in den politischen Prozess einbinden und von der Gewalt abbringen ließe."

Opfer eines Selbstmordattentats in Lahore: Sogar in Pakistan stellen die Taliban bis heute eine ständige Bedrohung darBild: Arif Ali/AFP/Getty Images

Kriegsmaschine gegen den Terror

Obwohl inzwischen also Osama bin Laden und Mullah Omar tot sind, ist kein Ende des "Krieges gegen den Terror" in Sicht: Der "Islamische Staat" (IS) - ursprünglich ein al-Kaida-Ableger - ist aus den Ruinen des Irak und Syriens aufgestiegen. Mit seinem Anführer Abu Bakr al-Baghdadi hat sich der nächste Kriegsherr zum Anführer aller Moslems erklärt - wie einst Mullah Omar. Sollte der Zusammenhalt der Taliban nun zerfallen, fürchtet Markey, könnten sich einzelne Gruppierungen al-Baghdadis dem IS anschließen und zu IS-Ablegern in Afghanistan erklären.

"Solange der Krieg gegen den Terror ausgefochten wird, wird er neue Feinde züchten. Das wiederum wird der US-Regierung seine Notwendigkeit bestätigen", sagt Journalist Gopal. "Wir haben mit bin Laden und Mullah Omar begonnen, heute haben wir al-Baghdadi und morgen werden wir einen anderen haben."

2014 hat Anand Gopal sein Buch "No Good Men Among the Living: America, the Taliban, and the War Through Afghan Eyes" (dt. Keine guten Männer unter den Lebenden: Amerika, die Taliban und der Krieg aus afghanischer Sicht) veröffentlicht.

Von Daniel Markey ist zum Thema 2013 " No Exit from Pakistan - America's Tortured Relationship with Islamabad" (dt. Kein Ausweg aus Pakistan - Amerikas gefolterte Beziehung mit Islamabad) erschienen.

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