Krim: Kann das "Normandie-Format" helfen?
27. November 2018Eines scheint klar, es wird schwer für Heiko Maas (SPD): Der deutsche Außenminister hat im Konflikt zwischen der Ukraine und Russland im Asowschen Meer insbesondere dem "Normandie-Format" eine Schlüsselrolle zugewiesen, um für Frieden in der Unruheregion zu sorgen. Das Format ist nach dem Ort des ersten Treffens von Bundeskanzlerin Angela Merkel, dem damaligen französischen Präsidenten Francois Hollande sowie dem russischen Präsidenten Wladimir Putin und seinem ukrainischen Amtskollegen Petro Poroschenko im Juni 2014 benannt. Seither finden auf verschiedenen Ebenen Verhandlungen statt.
Für Maas drängt die Zeit, wie er am Dienstag in Berlin bekräftigte: "Wir müssen alles für eine Deeskalation tun, um zu verhindern, dass aus diesem Konflikt eine noch schwerere Krise für die Sicherheit in Europa wird." Dem russischen Außenminister Sergej Lawrow scheinen die verstärkten Bemühungen seines deutschen Kollegen allerdings herzlich egal. Nur kurz nach den Äußerungen des SPD-Politikers erteilte Lawrow dem Vorstoß eine Absage.
Mehr Feuerlöscher als Problemlöser
Vera Rogova ist Expertin für innerstaatliche Konflikte, Fokus Russland, beim Leibniz-Institut Hessische Stiftung Friedens- und Konfliktforschung (HSFK) mit Sitz in Frankfurt. Sie stimmt mit Heiko Maas überein. Grundsätzlich, sagt die Expertin, sei es sehr gut, dass es mit dem "Normandie-Format" ein Dialogforum und einen Kommunikationskanal zwischen den Konfliktparteien Russland und Ukraine und die Vermittlerrolle der unbeteiligten Staaten Deutschland und Frankreich gebe. Das sehe man auch am aktuellen Konflikt im Asowschen Meer. Schon am Montagabend habe "Bundeskanzlerin Angela Merkel mit Petro Poroschenko und Wladimir Putin telefoniert und beide zur Mäßigung aufgerufen". Solche Gespräche, sagt Rogova, seien aus ihrer Sicht zentral, um eine weitere Eskalation "zu verhindern".
Trotz der Förderung aus dem Auswärtigen Amt in Berlin und dem Lob der Expertin: Zur Wahrheit gehört auch, dass das Format bei seinem zentralen Anliegen keine nennenswerten Fortschritte gemacht hat. Im Februar 2015 hatten die beteiligten Staaten in Minsk einen 13-Punkte-Maßnahmenkatalog beschlossen, die sogenannten "Minsker-Vereinbarungen". Das Ziel: Die Beilegung des Konflikts in der Ukraine. Zu den Minsker Vereinbarungen gehören die Forderungen nach einem Waffenstillstand, ein Rückzug der Kampfverbände und politische Reformen.
Bei einem Spitzentreffen Mitte Oktober 2016 in Berlin verabschiedeten Bundeskanzlerin Angela Merkel, der damalige französische Präsident Francois Hollande sowie der russische Präsident Wladimir Putin und der ukrainische Präsident Petro Poroschenko hierzu einen konkreten Fahrplan. Dessen Ziel ist es, die Kontrolle der ukrainischen Regierung über die Separatistengebiete im Osten der Ukraine wiederherzustellen. Nichts Substanzielles ist seitdem davon umgesetzt worden.
Kritik an der NATO, Lob für Normandie-Format
Für Vera Rogova vom HSFK zeigt der aktuelle Zwischenfall vor der Krim allerdings, was für eine positive Rolle das "Normandie-Format" auch auf aktuelle Konflikte haben kann. Kritisch sieht sie in diesem Zusammenhang insbesondere die Rolle der NATO: "Es gab sehr unterschiedliche Reaktionen aus dem Westen. Der Generalsekretär der NATO, Jens Stoltenberg, hat sich zum Beispiel sehr stark auf die Seite der Ukraine gestellt".
Stoltenberg habe, sagt Rogova, sehr schnell die Beurteilung getroffen, dass die NATO die Ukraine unterstützen werde: "Und das obwohl die Ukraine nicht Teil der NATO ist. Diesen Schritt halte ich für relativ gefährlich, weil er eine militärische Konfrontation begünstigt." Alleine indem man im Normandie-Format Gesprächsrunden anbiete, erläutert Rogova, trage man "schon sehr zur Beruhigung der Gespräche" bei.
Die Einschätzung der Expertin stützt die Argumentation des deutschen Außenministers Heiko Maas. Maas, gerade erst von einer Auslandsreise aus Spanien zurückgekehrt, will nicht aufgeben. Trotz der Absage aus Russland hat er am Dienstagnachmittag bei seinen Amtskollegen in Moskau, Kiew und Paris noch einmal für das Normandie-Format geworben. Gerade in diesen Zeiten sei es "durch das, was jetzt aktuell geschehen ist, eigentlich nötiger denn je", betonte er in Berlin. Auch was ein zukünftiges Treffen auf höchster diplomatischer Ebene anbelange, blieb er zuversichtlich: Man werde "zu gegebener Zeit" auch wieder unter den Außenministern beraten.