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Kriminalbeamte fordern mehr Personal

Naomi Conrad, Berlin 4. Februar 2015

Etliche Dschihadisten sind bereits aus Syrien zurückgekehrt - einige von ihnen mit Anschlagsplänen. Kriminalbeamte fordern für die Terrorismusbekämpfung eine personelle Aufstockung – und die Vorratsdatenspeicherung.

Fahne vom Islamischen Staat
Bild: Imago/Xinhua

Über dem Podest in der Landesvertretung Rheinland-Pfalz in Berlin hängt vor der Fensterfront am Mittwoch in riesiges Banner: Ein paar Männer mit langen Bärten und weißen Tuniken drängen sich um ein Mikrophon, daneben hält ein vermummter Mann ein handgeschriebenes Plakat in die Kamera: "Freedom Go To Hell", steht darauf. Über den Fotos ragen die fetten Buchstaben: "Krieg und Terror im Namen Allahs - Auch in Deutschland?!".

Draußen schweben gerade ein paar Schneeflocken langsam in Richtung Rasen, als André Schulz, ein rundlicher Mann mit einer knallroten Krawatte, drinnen neben dem Plakat vor dem Mikrophon Stellung bezieht. Die Sicherheitsbehörden, erklärt der Vorsitzende des Bundes Deutscher Kriminalbeamten (BDK) ernst, seien in Alarmbereitschaft: Europaweit würden terroristische Zellen ausgehoben und Gesetze verabschiedet, "der Anti-Terrorkampf läuft auf vollen Touren". Zwar bestehe die abstrakte Gefahr eines Anschlages in Deutschland schon seit längerem, mindestens seit dem 11. September 2001, "doch die Anschläge kommen immer näher". Es sei lediglich einer großen Portion Glück zu verdanken, dass es bislang nicht zu einem größeren Anschlag in Deutschland gekommen sei.

5000 Beamte nötig, um 200 Rückkehrer zu überwachen?

Im überfüllten Saal nicken etliche: Es sind vor allem Kriminalbeamten, aber auch ein paar Abgeordnete und etliche Journalisten, die zu den 9. Berliner Sicherheitsgesprächen in die Landesvertretung gekommen sind, um, so steht es unten auf dem großen Poster, über "die begrenzten Möglichkeiten der Sicherheitsbehörden im Kampf gegen den Islamismus" zu diskutieren. Daneben hängt ein Poster vom Mitveranstalter, der Exhibition & Marketing Wehrstedt GmbH - eine Organisation, die Fachmessen für Spezialausrüstung für Sicherheitskräfte organisiert.

Rund 600 Dschihadisten aus Deutschland sind, das schätzen die Behörden, bereits nach Syrien und in den Irak gegangen, um sich dem selbsternannten "Islamischen Staat" anzuschließen, obwohl "die tatsächliche Gefahr viel höher liegen dürfte", so Schulz. Jede Woche, das wird Innenminister Thomas de Maizière später sagen, verhindere die Polizei die Ausreise eines Möchtegern-Dschihadisten - von denen viele irgendwann nach Deutschland zurückkehren: Derzeit bereits über 200, wobei die Zahl fast täglich steige, sagt Schulz. Die Kriminalbeamten wüssten meist nicht, wer desillusioniert zurückkehre, und "wer eine tickende Bombe ist."

De Maizière: Wir können keine Garantie geben, dass es keinen Anschlag geben wird.Bild: picture-alliance/dpa/S. Muylaert

Ruf nach Vorratsdatenspeicherung

Doch eine konstante Überwachung der Rückkehrer, um festzustellen, wer also möglicherweise mit Anschlagsplänen zurückgekehrt sei, sei einfach nicht leistbar: 5000 Beamten seien notwendig, rechnet der Chef der BDK vor, um die 200 Rückkehrer zu überwachen. Woher sollten diese genommen werden, angesichts des permanenten Personalabbaus bei den Sicherheitsbehörden? Schulz zuckt die Schultern: Bundesweit würden mehr als 10.000 qualifizierte Kriminalisten fehlen - anstatt "Symbolpolitik" zu betreiben, so Schulz mit Blick auf die neuen Anti-Terrorgesetze, solle die Politik lieber mehr Personal anstellen - und die Vorratsdatenspeicherung angehen.

Diese, also die flächendeckende Speicherung sämtlicher Telefon- und Kommunikationsdaten ist äußerst umstritten, helfe aber, so Schulz, Anschläge zu verhindern. Das sagt auch Innenminister Thomas de Maizière, später, nachdem der Vorsitzende des Zentralrates der Muslime, Aiman Mazyek, dafür plädiert hat, die bestehenden Strukturen der Islamverbände, aber auch Internetplattformen zu professionalisieren, damit "Islamismus mit Islam" bekämpft und ein Gegengewicht gegen die Extremisten geschaffen werden könne. Und: es dürften nicht immer die, die am lautesten krakelten mit ihrem "so genannten Islam" in die Öffentlichkeit gelangen: Es sei letztlich Wasser auf die Mühlen der Islamisten, "wenn wir deren Minderheitenmeinung ständig diskutieren."

Maizière also fordert auch die Vorratsdatenspeicherung, hält, sagt er, sie für "fachlich dringend geboten". Er wolle, so der CDU-Politiker, nichts ankündigen und versprechen, hoffe aber, dass man in der Politik zu einer vernünftigen Lösung kommen werde - und meint damit wohl die Auseinandersetzung mit Justizminister Heiko Maas (SPD), der die Speicherung strikt ablehnt. "Wir arbeiten daran", sagt de Maizière - und ein Beamter von einer Landeskriminalstelle lehnt sich zu seinem Nachbarn vor und raunt: "na, das hoffe ich doch mal."

Nötig sei außerdem, so de Maizière, ein besserer Informationsaustausch auf der internationalen Ebene - und besserer Ressourcen: Er habe, so der Minister, für in den anlaufenden Haushaltsverhandlungen mehr Gelder für die personelle Ausstattung, aber auch die Ausrüstung der Sicherheitskräfte vom Finanzminister beantragt. Zahlen will er aber noch keine nennen. "Schade", flüstert der Beamte und steht dann auf, um mit dem Rest des Publikums in Richtung Kaffeepause zu schlendern.

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