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Opel - Krise als Alltag

Klaus Jansen13. Mai 2012

Weit über zehn Milliarden Euro hat der Autobauer General Motors seit 2002 durch seine Marke Opel verloren. Der Konzern will sparen, Werksschließungen in Deutschland drohen. Eine Dauerbelastung für die Mitarbeiter.

Nordrhein-Westfalen/ ARCHIV: Das rote Licht einer Ampel leuchtet in Bochum vor dem Logo des Automobilkonzerns Opel an der Fassade des Opelwerks (Foto vom 18.02.09). Der US-Autokonzern General Motors (GM), zu dem die Adam Opel AG gehoert, veroeffentlicht am Donnerstag (16.02.12) im US-amerikanischen Detroit sein Ergebnis fuer das 4. Quartal und auessert sich zur Zukunft des deutschen Autobauers. (zu dapd-Text) Foto: Philipp Guelland/dapd
Bild: dapd

"So mit Menschen umzugehen, das darf man nicht machen." Automobilexperte Ferdinand Dudenhöffer ist aufgebracht über den US-Autobauer General Motors. Seit fünf Jahren leben die Mitarbeiter der europäischen GM-Töchter Opel und Vauxhall in großer Unsicherheit. Der Mutterkonzern hat schon tausende Arbeiter entlassen, trotzdem schreiben die europäischen Automarken weiter rote Zahlen.

In Europa lassen sich - auch durch die Schuldenkrise - nicht mehr so viele Autos verkaufen. GM will deshalb weniger Autos produzieren. Dudenhöffer bemängelt: "In diesem Kampf um Rücknahme der Kapazität gibt es offensichtlich kein klares Konzept."

Viele Überlegungen, keine Entscheidung

Stattdessen, so der Professor von der Universität Duisburg-Essen, drängen immer neue Planspiele an die Öffentlichkeit: Erst sollte das englische Vauxhall-Werk Ellesmere Port geschlossen werden, nun plötzlich soll die Produktion des Opel-Modells Astra von Deutschland eben dorthin verlagert werden. Und das Modell Zafira, heißt es, könnte bald nicht mehr in der Ruhrgebietsstadt Bochum, sondern im Stammwerk Rüsselsheim bei Frankfurt produziert werden. Das würde das Aus für den Standort Bochum bedeuten. Gerüchte, Behauptungen, Hörensagen - ein Opelsprecher kommentiert die neuesten Meldungen mit den Worten: "Es gibt viele Überlegungen, aber noch keine Entscheidung."

"Das ist Cowboy-Mentalität", meint Dudenhöffer. "Die Kommunikationspolitik von General Motors ist katastrophal. Man wirft immer wieder neue Brocken rein und sensibilisiert damit die Presse und die Öffentlichkeit stark gegen Opel." Solche Kommunikationspannen gebe es bei keinem anderen Autobauer der Welt. "Nur General Motors macht permanent negative Schlagzeilen für die Werke und für die Marken und bringt gleichzeitig tiefe Unsicherheit über die Menschen. Das passiert permanent, das ist das Schlimme daran."

Hohe Lohnkosten, schwierige Export-Situation

General Motors hat in Europa gleich mehrere Probleme: Neben schlechten Absatzzahlen kämpft der Konzern auch mit hohen Lohnkosten. "Wenn sie einen Opel Astra in Deutschland bauen, ist er 1500 Euro teurer, als wenn sie ihn in Ungarn oder Polen bauen", rechnet Dudenhöffer vor. In Südkorea sei die Produktion noch billiger.

Wenn nun der Opel-Betriebsrat von der Konzernmutter GM fordert, mit Opel-Modellen verstärkt auch auf nicht-europäische Märkte zu gehen, um die Produktion wieder anzukurbeln, hält das Dudenhöffer für eine "Milchmädchenrechnung". Denn dann verschweige man, dass China Einfuhrzölle von 30 Prozent erhebe. Schon deshalb sei es "völlig unmöglich", so der Automobilexperte, dass Opel auf dem asiatischen Markt mehr in Deutschland produzierte Autos verkaufen könnte.

Zankapfel: Der neue Opel Astra. Wo soll er gebaut werden?Bild: picture-alliance/dpa
Automobil-Experte Ferdinand DudenhöfferBild: DW-TV

Und Dudenhöffer gibt zu bedenken: "Es ist ja nicht damit getan, dass man ein paar Autos auf ein Schiff stellt und nach China schickt. Sie müssen für hunderte von Millionen Euro Vertriebsnetze aufbauen und Werbung machen." Da sei es viel sinnvoller, Opel-Modelle in China selbst zu produzieren, so wie es auch Volkswagen mit seinen Modellen tut. Dann fielen auch die Zölle weg. Aber das würde den Arbeitern in den deutschen Fabriken natürlich nicht helfen.

Keine Hoffnung von der Politik

Und so geht bei den 22.000 Menschen, die an den vier Opel-Standorten Rüsselsheim, Bochum, Kaiserslautern und Eisenach arbeiten, wieder einmal die Angst um. Dudenhöffer hält nur den Stammsitz Rüsselsheim für wirklich sicher, obwohl es auch dort einige Einschnitte geben könnte.

Die Politik habe sich in Deutschland nie groß für Opel interessiert, kritisiert der Experte. Anders in England: "Offensichtlich haben es die englischen Politiker verstanden, mit General Motors so zu reden, dass ein Werk wie Ellesmere Port, das Schließungskandidat war, doch nicht geschlossen wird." Die deutschen Politiker wirkten dagegen jetzt wie "müde Helden". Gerade die Landesregierung von Nordrhein-Westfalen habe den Eindruck erweckt, mit Verlierern wie Opel wolle man sich nicht zusammentun.

"Bochum macht 2015 dicht"

Das habe sich erst jetzt geändert, wo schon alles zu spät sein könnte. Als es hieß, der Standort Bochum könne wegen Produkt-Verlagerungen nach England und Polen wirklich geschlossen werden, wandten sich die Ministerpräsidenten der vier Bundesländer mit Opel-Standorten an General Motors. "Wir stärken den Belegschaften den Rücken", hieß es in der gemeinsamen Erklärung. Staatliche Mittel sollen aber offenbar nicht fließen.

Für Ferdinand Dudenhöffer kommt das Hilfsangebot zu spät. Er geht davon aus, dass der nordrhein-westfälische Standort Bochum 2015 geschlossen wird.

Für den Standort Bochum könnte 2015 Schluss seinBild: AP