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Kaschmir-Krise: Regierungen setzen Medien unter Druck

Murali Krishnan in Neu-Delhi | Haroon Janjua in Islamabad
3. Mai 2025

Nach dem Pahalgam-Anschlag versuchen Indien und Pakistan die Berichterstattung der Medien zu beeinflussen. Reporter ohne Grenzen sieht Anlass zu "sehr ernsthafter Sorge" um die Pressefreiheit.

Demonstrierende in Karachi mit Plakaten
Nach Anschlag in Kaschmir: Demonstration in Karachi gegen die Maßnahmen Indiens gegen Pakistan Bild: Fareed Khan/picture alliance/AP

Der Pahalgam-Anschlag im von Indien verwalteten Kaschmir, bei denen 26 Touristen von Militanten erschossen wurden, hat eine neue Krise zwischen Indien und Pakistan ausgelöst.

Neben den täglichen Schusswechseln und gegenseitigen Anschuldigungen hat der Vorfall auch zu einem Anstieg der Pressezensur geführt. Die Behörden in beiden Ländern versuchen, die Berichterstattung über den Angriff so zu manipulieren, dass sie ins eigene Bild passt.

Es gebe dabei Anlass zu "sehr ernsthafter" Sorge um die Pressefreiheit in beiden Ländern, registriert der jährliche Global Press Freedom Index von Reporter ohne Grenzen (RSF), der im Vorfeld des von den Vereinten Nationen initiierten Welttages der Pressefreiheit am 3. Mai veröffentlicht wurde.

Indien: Direkter Einfluss auf Journalisten

In Indien hat die Regierung von Narendra Modi eine Kombination aus "Hinweisen" an die Medien, wie zu berichten sei, Inhaltsverboten und international verbreiteten diplomatischen Botschaften eingesetzt, um die Wahrnehmung der Krise im In- und Ausland zu beeinflussen. Ein hochrangiger Regierungsbeamter sagt der DW die indischen Behörden würden diese Maßnahmen einsetzen, um Narrativen entgegenzuwirken, die die Position der Regierung untergraben könnten. Seinen Namen will er lieber nicht veröffentlicht sehen. "Unserer Meinung nach ist das keine Überreaktion", betont der Beamte. "In dieser Zeit ist es notwendig, die öffentliche Einheit zu wahren und die nationale Sicherheit zu schützen".

Indien hat auch ausländische Medienorganisationen aufgefordert, eine Terminologie zu übernehmen, die mit dem Narrativ der Modi-Regierung übereinstimmt. Das Außenministerium protestierte letzte Woche in Schreiben an Medien wie die BBC, Associated Press und Reuters gegen die Verwendung des Begriffs "militant" anstelle von "terroristisch" in der Berichterstattung.

Sperrung von Social-Media-Kanälen

Die Regierung hat ferner 16 pakistanische YouTube-Kanäle gesperrt und den Zugang zu Social-Media-Seiten prominenter pakistanischer Nachrichtenmedien wie Dawn News, ARY News, Geo News in Indien eingeschränkt. Bei der Berichterstattung über Verteidigungsoperationen hat Indien die Medien angewiesen, ausschließlich die offiziellen Briefings zu benutzen, wodurch eine unabhängige und kritische Berichterstattung de facto eingeschränkt wird.

Der Medienkritiker Sevanti Ninan sagt der DW, es sei nicht überraschend, dass die Modi-Regierung versuche, auch das Narrativ der internationalen Medien zu kontrollieren. Sie habe in der Vergangenheit schon Inder bestraft, die ihr Vorgehen kritisierten. "Der Versuch, die Wahrnehmung zu formen, funktioniert in Zeiten der 'medialen Sättigung' aber nicht. Und es ist auch nicht die Aufgabe der ausländischen Medien, eine Terminologie zu verwenden, die der indischen Regierung passt", so Ninan.

Kaschmir-Konflikt nach Anschlag neu entfacht

03:20

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Während die Regierung Indiens sagt, diese Maßnahmen würden die nationale Sicherheit und Einheit schützen, fürchten Kritiker, dass die Regierung schon wieder versucht, abweichende Meinungen und die Meinungsfreiheit zu unterdrücken.

Vorgehen gegen Influencerinnen

Denn: So etwas ist in Indien nicht neu. "Lange vor dem heimtückischen Angriff auf Touristen in Pahalgam hat die Regierung Möglichkeiten ausgelotet, die Meinungsfreiheit im Land einzuschränken. Den Vorfall nutzt die Regierung jetzt als Gelegenheit, die Zensur zu verschärfen und gegen das vorzugehen, was sie als 'anti-indischen' Dissens bezeichnet", so Pamela Philipose, Medienanalystin und Redakteurin des indischen Senders "The Wire", im Gespräch mit der DW.

Und es gibt schon die ersten konkreten Fälle: Diese Woche hat die Polizei in Uttar Pradesh Anklage gegen die Folksängerin Neha Singh Rathore und die Universitätsprofessorin Madri Kakoti alias "Dr. Medusa" eingereicht - wegen angeblicher "Gefährdung der Souveränität, Einheit und Integrität Indiens". Beide sind Social-Media-Influencerinnen und hatten Beiträge verfasst, die die Reaktion der Regierung auf den Angriff in Kaschmir kritisierten. "Ereignisse wie der Anschlag in Pahalgam bieten der Regierung die Möglichkeit, sich mit größerem Nachdruck auf den Schutz der nationalen Sicherheit zu berufen - oft als Vorwand dafür, unbequeme oder abweichende Stimmen zum Schweigen zu bringen", sagt Ananth Nath, Präsident des Journalistenverbandes Editors Guild of India, der DW. Die Regierung habe in den letzten Jahren zunehmend Online-Inhalte blockiert, wobei sie sich auf verfassungsmäßige Ausnahmen von der Meinungsfreiheit berief.

Indischer Paramilitär in Alarmbereitschaft nach dem Anschlag in KaschmirBild: Saqib Majeed/SOPA Images/Sipa USA

"In einem Umfeld, in dem die Mainstream-Medien der Regierung immer respektvollere Fragen stellen, haben sich viele unabhängige digitale Plattformen als kritische Quellen für Berichterstattung und Dissens erwiesen", fügt er hinzu.

Pakistan verfolgt "reaktiven" Ansatz

Auch die Berichterstattung im benachbarten Pakistan sei nach den Anschlägen stark von den Behörden des Landes beeinflusst worden, insbesondere vom mächtigen militärischen Establishment, sagte Imtiaz Gul, Geschäftsführer des Center for Research and Security Studies, der DW. "Niemand in Indien wagt es, eine abweichende Linie zu verfolgen, und die pakistanischen Medien gestalten ihr Narrativ offensichtlich genauso, wie es Indien tut", fasst Gul die Lage zusammen. "Es ist also nichts Ungewöhnliches, sondern eine für beide Seiten sehr typische Einstellung".

Inmitten erhöhter Spannungen auf beiden Seiten der Grenze hat Pakistan Luftverteidigungs- und Bodentruppen näher an die Kontrolllinie verlegt, die die von Indien und Pakistan kontrollierten Teile Kaschmirs und Sialkot im Osten Pakistans trennt. Die Schlagzeilen in den pakistanischen Medien konzentrieren sich auf diese militärischen Entwicklungen, auf politische Erklärungen der Regierung sowie auf die humanitären Auswirkungen des jüngsten Aufflammens des jahrzehntelangen Konflikts um Kaschmir auf die Zivilbevölkerung.

Aus dem Englischen adaptiert von Florian Weigand.

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