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Krise macht kleine Fluggesellschaften groß

31. Oktober 2001

Während die großen Fluggesellschaften Flüge streichen, Mitarbeiter entlassen und Preise erhöhen, profitieren die Kleinen und überschwemmen den Markt mit Billigangeboten.

Ryanair: für 58 Mark London und zurückBild: AP

Die irische Fluggesellschaft Ryanair gilt schon länger als ein aufmüpfiger David, der eine Konfrontation mit den Goliaths der Flugbranche nicht scheut. Im Mai kündigte Ryanair kostenlose Tickets für Flüge außerhalb der Stoßzeiten an. Geplant sei, mit Bordgeschäften wie Bezahlfernsehen, Internetspielen, Hotelreservierungen und sonstigem kostenpflichtigen BordserviceEinnahmen zu erzielen. Im August zog die Fluggesellschaft dann den Zorn der Lufthansa auf sich. Sie verklagte Ryanair wegen unlauteren Wettbewerbs. In Zeitungsanzeigen für Flüge nach London-Stansted habe die Ryanair mit einem Flugpreis von 49 Mark geworben und nur im Kleingedruckten den tatsächlichen Endpreis von 109 DM angegeben. Eine Entscheidung steht noch aus.

Nach den Terroranschlägen in den USA gehen die Sticheleien weiter. Ryanair bringt nur wenig Mitgefühl für die schwer getroffenen Goliaths auf. Ryanair-Chef Michael O’Reary wirft den Großen sogar vor, die Anschläge als willkommenen Vorwand für Stellenstreichungen zu nutzen, die sie sowieso schon geplant hätten. Anstatt beim Staat "betteln" zu gehen, sollten sie lieber nach dem Vorbild der Billigflieger kostengünstiger arbeiten. O’Leary brüstet sich: "Wir haben weiter die gleichen Buchungszahlen wie vor den tragischen Ereignissen in den USA."

Statt Stellenstreichungen zusätzliche Mitarbeiter

Die Krise scheint nun den Kleinanbieter noch einmal zusätzlichen Schub zu geben. Buchungszahlen steigen um bis zu 30 Prozent, die Aktien von Ryanair zogen um 40 Prozent an. Auch die britische Easyjet meldet im Vergleich zum Vorjahr einen um 82 Prozent gesteigerten Vorsteuergewinn für das Geschäftsjahr bis zum 30. September. Vorstandschef Ray Webster äußert sich optimistisch: "Während einige andere Fluggesellschaften Stellenstreichungen ankündigen, freuen wir uns darauf, zusätzliche Mitarbeiter einzustellen."

Die Discounter locken mit Billigangeboten in einer Zeit in der sich die nationalen Fluggesellschaften mit steigenden Kosten für Sicherheitsmaßnahmen, deutlich angehobenen Versicherungsprämien sowie mit wenig ausgelastete Maschinen abmühen. So bietet Ryanair die Strecke von London nach Frankfurt zum Komplettpreis von 58 Mark an. Den Billiganbietern kommt dabei zu Gute, dass die großen Fluglinien viele Kurz- und Mittelstrecken einsparen mussten. Dadurch können sie nun die frei werdende Start- und Landesrechte auf den Flughäfen übernehmen.

Geringstmöglicher Vewaltungsaufwand

Doch die These, die kleinen Fluggesellschaften profitierten allein von der Krise, ist nicht haltbar. Schließlich konnten sie schon vor der Krise auf starke Zuwachsraten verweisen. Vielmehr versuchen sie den Verwaltungsaufwand so gering und die Auslastung der Flüge so hoch wie möglich zu halten. Die Flüge von Ryanair zwischen Großbritannien und Deutschland sind im Schnitt zu 75 Prozent ausgelastet. Gewinne macht Ryanair bereits ab 55 Prozent. Gebucht wird direkt über das Internet, auf Bord-Mahlzeiten und andere Service-Leistungen wird verzichtet. Die Billiganbieter vermeiden außerdem die stark frequentierten Flughäfen mit ihren hohen Gebühren. Stattdessen fliegen sie kleine Flughäfen mit geringem Verkehrsaufkommen an.

Zudem sind die kleinen Airlines auf europäische Kurzstrecken ausgerichtet und verzichten auf die als besonders teuer geltenden Überseeflüge. Ein Vorteil für die Billigflieger ist wohl auch, dass ihr Kundenstamm hauptsächlich aus Geschäftsleuten des unteren und mittleren Managements besteht, die ständig in Europa hin- und herpendeln. Sie mögen seit dem 11. September auch mit einem etwas mulmigen Gefühl einsteigen, aber auf die Flüge zu verzichten, hieße, den Job zu riskieren. Und die Rucksacktouristen, für die nur der Preis zählt, sind vermutlich weniger leicht zu schrecken als andere Flugurlauber.

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