Krisengipfel soll Probleme lösen
6. Dezember 2010Eine Entspannung der politischen Lage in der Elfenbeinküste ist nicht in Sicht: die Staatengemeinschaft Westafrikas, Ecowas, will nun am Dienstag (07.12.2010) einen Krisengipfel in Nigeria abhalten. Vermitteln soll der Präsident von Burkina Faso, Blaise Compoare.
Diplomatie bislang versagt
Die Vermittlungsgespräche des südafrikanischen Ex-Präsidenten Thabo Mbeki im Machtkampf um das Präsidentenamt in der Elfenbeinküste waren am Sonntag erfolglos. Mbeki war im Namen der Afrikanischen Union nach Abidjan gereist, um mit beiden Präsidenten zu sprechen. Ouattara, der von der unabhängigen Wahlkommission zum Sieger ernannt worden war, wollte keine Kompromisse eingehen und forderte Gbagbo zum Rücktritt auf. "Ich habe Präsident Mbeki gesagt, dass ich der Präsident der Elfenbeinküste bin und ihn in dieser Funktion empfange", sagte Ouattara. Mbeki hatte bereits während des 2003 beendeten Bürgerkriegs in der Elfenbeinküste vermittelt.
Ämter doppelt vergeben
Nachdem sich beide Präsidentschaftskandidaten am Sonntag vereidigen ließen, hat das westafrikanische Land nun auch zwei Regierungschefs. Laurent Gbagbo, der bisherige Präsident der Elfenbeinküste, hat den Universitäsprofessor Gilbert Marie N'gbo Aké zum neuen Premierminister ernannt, wie es am Sonntagabend (05.12.2010) in einem im Fernsehen verlesenen Dekret hieß.
Auch sein Kontrahent Alassane Ouattara hatte zuvor eine neue Regierung ernannt. Er beauftragte den seit 2007 amtierenden Regierungschef Guillaume Soro mit der Regierungsbildung. Soro hatte sein bisheriges Amt erst kurz zuvor niedergelegt, aus Protest gegen die Vereidigung Gbagbos.
Machterhalt ist das Wichtigste
Trotz massiver internationaler Kritik hatte sich der seit zehn Jahren amtierende Präsident Laurent Gbagbo am Samstagnachmittag live im Fernsehen als neuer Präsident der Elfenbeinküste vereidigen lassen. Gbagbo hat sich damit über die Entscheidung der unabhängigen Wahlkommission hinweggesetzt. Sie hatte den Oppositionsführer Outtara mit 54,1 Prozent der Stimmen zum Sieger der Stichwahl um das Präsidentenamt vom 28.11.2010 erklärt. Auch die Vereinten Nationen, die USA und die Europäische Union hatten ihre Unterstützung für Outtara ausgesprochen.
UN-Chef Ban Ki Moon forderte Ggagbo zum Wohle der Elfenbeinküste auf, auf die Macht zu verzichten. Auch EU-Kommissionspräsident José Manuel Barroso sagte, Ouattara sei "rechtmäßiger Sieger" der Präsidentenwahlen. "Ich rufe alle politischen Kräfte auf, die Wahlergebnisse zu respektieren, Verantwortung zu zeigen und nicht gewaltsam zu handeln", sagte Barroso. Auch die westafrikanische Staatengruppe Ecowas verurteilte Gbagbos Vereidigung scharf.
Doch der Verfassungsrat, der das Wahlergebnis anerkennen muss und dessen Vorsitzender eng mit Gbagbo befreundet ist, gab das Gegenteil bekannt: Wie erwartet, erklärte der Rat das Ergebnis der Wahlkommission für nichtig und Gbagbo zum Sieger. Um das Chaos perfekt zu machen und um sich aber auch gegen Gbagbo zu behaupten, ließ sich Alassane Outtara kurze Zeit nach Gbagbos Amtseid ebenfalls zum Präsidenten vereidigen. Er verkündete seinen Eid allerdings per handschriftlichem Brief.
Droht der Elfenbeinküste ein neuer Bürgerkrieg?
Die mehrfach verschobene Präsidentenwahl sollte das durch einen Bürgerkrieg in Norden und Süden geteilte Land eigentlich wiedervereinen. Doch die Gräben scheinen sich nun zu vertiefen. In der Stadt Bouake, einer Hochburg der Opposition im Norden des Landes, forderten am Sonntag mehrere Hundert Demonstranten den Rücktritt Gbagbos. An einer Hauptstraße der Region errichteten mit Macheten bewaffnete Dorfbewohner Kontrollposten. Andere Demonstranten blockierten aus Protest gegen den mutmaßlichen Wahlbetrug Straßen mit Baumstämmen und Steinen. Auch in der ehemaligen Hauptstadt Abidjan protestierten Hunderte Menschen gegen das Wahlergebnis.
Die Präsidentschaftswahl war die erste seit zehn Jahren. 2000 siegte Laurent Gbagbo. Nach einem Putschversuch gegen ihn war das Land 2002 in einen Bürgerkrieg abgeglitten. Der vorwiegend muslimische Norden und christliche Süden verfeindeten sich. Den zumeist muslimischen Norden der Elfenbeinküste kontrollieren Rebellen, die Regierung herrscht im Süden und wird von den Christen unterstützt. Seit einer Friedensvereinbarung 2007 sind die Rebellen auch an der Verwaltung des Landes beteiligt. Die für 2005 angesetzte neue Präsidentschaftswahl wurde seither sechs Mal verschoben, weil Gbagbo zufolge Formsachen die Durchführung verhinderten und die Sicherheit im Land nicht gewährleistet war.
Autor: Nicole Scherschun (rtr, afp, dapd, dpa)
Redaktion: Reinhard Kleber