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Incirlik-Absage: Türkei unter Druck

23. Juni 2016

Die Diplomatie hat derzeit einen schweren Stand: Nachdem die Türkei einen Besuch deutscher Politiker bei Bundeswehreinheiten in Incirlik untersagte, hagelt es Kritik. Die Regierung in Ankara rechtfertigt ihr Vorgehen.

Deutscher Bundestag: Dr. Ralf Brauksiepe, Parlamentarischer Staatssekretär
Staatssekretär Brauksiepe (rechts) bei einer Debatte im Bundestag (Archivbild)Bild: Imago/M. Popow

Mehrere Bundestagsabgeordnete haben Konsequenzen gefordert, nachdem die Türkei deutschen Politikern einen Besuch der Bundeswehreinheiten auf dem türkischen Stützpunkt Incirlik untersagt hat. Mehr noch: Die Absage der Truppenvisite durch den deutschen Verteidigungsstaatssekretärs Ralf Brauksiepe belastet das bilaterale Verhältnis. "Das ist ein unverantwortlicher Umgang mit einem NATO-Partner bar jeder politischen Vernunft", erklärte der außen- und sicherheitspolitische Sprecher der CSU-Landesgruppe im Bundestag, Florian Hahn.

Die kalkulierte Provokation

Hintergrund der Absage ist offensichtlich türkische Verärgerung über die Armenien-Resolution des Bundestages. Hahn sprach von einer "kalkulierten Provokation" durch die Türkei, die sicherheitspolitische Interessen Deutschlands berühre. "Wir müssen daher über alternative Standorte der Aufklärungstornados wie den Luftwaffenstützpunkt im jordanischen Amman nachdenken", erklärte der CSU-Politiker. Auch der frühere Bundesverteidigungsminister Franz Josef Jung (CDU) forderte in einem Gespräch mit der "Mitteldeutschen Zeitung" Konsequenzen. Der Grünen-Verteidigungsexperte Tobias Lindner rief die Bundesregierung in der "Bild"-Zeitung auf, deutsche Ausbaupläne für Unterbringung und Versorgung der in Incirlik stationierten deutschen Soldaten aufzugeben.

Das Bundesverteidigungsministerium hatte am Mittwoch bestätigt, dass die Türkei den Reiseplänen des Staatssekretärs nicht zugestimmt habe. Außenminister Mevlüt Cavusoglu erklärte dazu inzwischen in Ankara, die türkische Regierung halte es nicht für angemessen, dass Politiker den Stützpunkt im Süden des Landes besuchten. Militärischen und technischen Delegationen stünden solche Visiten dagegen frei. Bislang hatte die Türkei den Besuch von Politikern in Incirlik zugelassen.

Deutsche Tornados auf dem Stützpunkt IncirlikBild: picture-alliance/dpa/T. Schwarz

"Spiegel Online" hatte zuvor unter Berufung auf vertrauliche Beratungen im Verteidigungsausschuss des Bundestages berichtet, dort sei ausgeführt worden, die Türkei habe als Begründung die Einstufung der Massaker an Armeniern auf dem Gebiet der heutigen Türkei als Völkermord durch den Bundestag genannt. Die Regierung in Ankara hatte scharf gegen die Bundestags-Resolution zum Schicksal der Armenier vom 2. Juni protestiert. Bei den Massakern waren im damaligen Osmanischen Reich während des ersten Weltkrieges rund 1,5 Millionen Armenier sowie Hunderttausende Angehörige weiterer christlicher Minderheiten getötet worden.

Staatssekretär Brauksiepe wollte sich zusammen mit Abgeordneten des Bundestages über den deutschen Einsatz im Kampf gegen die Dschihadistenorganisation Islamischer Staat (IS) informieren. In Incirlik sind seit Monaten deutsche Tornado-Aufklärungsflugzeuge sowie Tankflugzeuge stationiert. Die Türkei hatte zuvor bereits den geplanten Besuch einer deutschen Journalistengruppe auf dem Stützpunkt abgesagt.

ml/stu (dpa, afp)

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