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Politik

Kritik an Chinas Kurs in Hongkong wird lauter

1. Juli 2020

Das chinesische "Sicherheitsgesetz" für Hongkong ist international auf deutliche Kritik gestoßen. Nun mehren sich die Stimmen aus Deutschland, die nach Konsequenzen rufen.

China Peking Gebäude der Sonderbverwaltungszone Hongkong
In diesem Gebäude in Peking residiert die Niederlassung der Regierung von Hongkong Bild: picture-alliance/AP Photo/A. Wong

Die SPD will in Bedrängnis geratenen Hongkongern in Deutschland Schutz bieten. "Deutschland sollte Hongkong-Bürgern großzügig Niederlassungsrechte gewähren", sagte der außenpolitische Sprecher der SPD-Bundestagsfraktion, Nils Schmid, der Zeitung "Die Welt". Das neue chinesische "Sicherheitsgesetz" schränke die Rechtsstaatlichkeit in Hongkong massiv ein.

Schmid kritisierte weiter, Bundeskanzlerin Angela Merkel gehe noch immer davon aus, dass "wirtschaftlicher Fortschritt und die Hinwendung zur Marktwirtschaft quasi automatisch eine Annäherung an westliche Normen befördern würden". Das sei durch Chinas aktuelle Politik vorläufig widerlegt worden. Deutschland müsse China so nehmen, "wie es jetzt ist, nämlich als ein aufstrebendes Land, das nicht nur ökonomisch und technologisch im Wettbewerb zu uns steht, sondern vor allem auch einen Systemkonkurrenten darstellt, der seine Vorstellungen von gesellschaftlicher und politischer Ordnung offensiv vertritt".

Nils Schmid (Archivbild) Bild: DW/M. Soric

Der Ständige Ausschuss des Volkskongresses in Peking hatte das umstrittene Gesetz zum Schutz der nationalen Sicherheit in Hongkong am Dienstag einstimmig verabschiedet. Es richtet sich gegen Aktivitäten, die von Peking als subversiv, separatistisch oder terroristisch angesehen werden. Kritiker sehen in ihm eine "Waffe der Unterdrückung" der Demokratiebewegung. Das Gesetz gilt als der bislang weitestgehende Eingriff in die Autonomie der chinesischen Sonderverwaltungsregion Hongkong.

Mahnungen aus der FDP

Auch die Vorsitzende des Menschenrechtsausschusses des Bundestages, Gyde Jensen, äußerte scharfe Kritik an dem neuen chinesischen Gesetz und rief die Bundesregierung auf zu prüfen, ob die Visa- und Aufenthaltsbedingungen für Hongkonger in Deutschland gelockert werden könnten, um ihnen Schutz zu bieten. "Es wird immer deutlicher, dass das neue Gesetz ein Blankoscheck für Peking ist, um sämtliche Kritiker mundtot zu machen", sagte Jensen in Berlin. Das Prinzip "ein Land, zwei Systeme", nach dem die frühere britische Kronkolonie seit der Rückgabe 1997 an China autonom regiert wurde, sei "damit endgültig Geschichte". Die völkerrechtlich garantierten Grund- und Freiheitsrechte der Hongkonger seien nicht mehr gegeben.

"China führt in Hongkong jene unberechenbare Willkürherrschaft ein, die eine Zivilgesellschaft aus schierem Überlebenswillen verstummen lässt", sagte die FDP-Politikerin. Chinas Staats- und Parteichef Xi Jinping habe mit diesem Gesetz "der freien Stadt Hongkong ihre Seele geraubt". Es sei beschämend, dass Kanzlerin Angela Merkel bisher keine deutlichen Worte für das gefunden hat, was in Hongkong passiert. Es dürfe kein Zweifel entstehen, dass die Bundesregierung an der Seite der Hongkonger stehe. Auf europäischer und deutscher Ebene müssten jetzt personenbezogene Sanktionen gegen verantwortliche Funktionäre verhängt werden.

Auch FDP-Chef Christian Lindner forderte die Bundesregierung zu einer klaren Positionierung gegenüber Peking auf. "Man kann danach nicht so einfach zur Tagesordnung übergehen", sagte er in Berlin. Die Regierung müsse klar artikulieren, dass man diesen Vertrauensbruch und Eingriff in garantierte Bürgerrechte nicht einfach akzeptieren könne. "Gerade wenn wir uns als Anwalt von Menschen- und Bürgerrechten auf der Welt verstehen, wenn wir Europa als eine Wertegemeinschaft begreifen, dürfen wir hier nicht schweigen in einer Systemauseinandersetzung mit der KP Chinas." Der FDP-Partei- und Fraktionsvorsitzende forderte die Bundesregierung auf, den bislang nur verschobenen EU-China-Gipfel im September ganz abzusagen. "Das wäre ein klares Signal an die chinesische Staats- und Parteiführung."

Weber fordert mehr Selbstbewusstsein

Der EVP-Fraktionschef im EU-Parlament, Manfred Weber, erhofft sich von der am 1. Juli beginnenden deutschen EU-Ratspräsidentschaft auch ein selbstbewussteres Auftreten gegenüber China. Dabei gehe es um eine freiheitliche Gesellschaft, den Rechtsstaat und die soziale Marktwirtschaft. "Unsere Werte sind massiv unter Druck geraten. Meine große Sorge ist, dass China der große Gewinner der Corona-Krise sein könnte", sagte der CSU-Politiker der "Rheinischen Post".

Die Volksrepublik werde schnell aus der wirtschaftlichen Krise herauskommen und möglicherweise gar als erstes einen Impfstoff gegen das Coronavirus entwickeln, so Weber. "Ich möchte nicht, dass China der Gewinner aus der Krise ist und sein autoritäres Staatssystem fälschlicherweise als das bessere propagiert", betonte Weber. Die EU müsse ihre Werte besser verteidigen. "Hongkong ist heute das neue Berlin. John F. Kennedy hat gesagt: Ich bin ein Berliner. Ich sage heute: Ich stehe an der Seite der Bürger in Hongkong."

kle/wa (dpa, afp)

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