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Kritik an Hinrichtungen im Iran

Jashar Erfanian10. April 2013

Menschenrechtsorganisationen machen erneut auf die hohe Zahl von Hinrichtungen im Iran aufmerksam. Den Verweis Teherans auf die "Gesetzeslage" halten westliche Beobachter für vorgeschoben.

Aufbau eines Galgengerüsts in Mashhad (Foto: FARS)
Bild: FARS

Die Organisation "Iran Human Rights" (IHR) hat gemeinsam mit der französischen Organisation "Gemeinsam gegen die Todesstrafe" (Ensemble contre la peine de mort - ECPM) ihren fünften Jahresbericht über die Todesstrafe im Iran vorgelegt. Mit 580 offiziellen Hinrichtungen bleibt der Iran demnach das Land mit den meisten Hinrichtungen weltweit, bezogen auf die Bevölkerungszahl.

Bereits Ende vergangenen Jahres hatte Amnesty International (AI) anlässlich der Hinrichtung von zehn wegen Drogenvergehen Verurteilter von einem "staatlichen Amoklauf" der iranischen Justiz gesprochen. Die Londoner Organisation hatte seit März 2012 344 Hinrichtungen gezählt. Der Iran-Berichterstatter der UN, Ahmad Shaheen, ging in seinem Bericht vom Oktober 2012 sogar von einer weit höheren Zahl aus.

Trend zu mehr Hinrichtungen

Waren in den Jahren 2005 bis 2008 nach offiziellen Angaben iranischer Medien 938 Personen hingerichtet worden, so waren es im Zeitraum von 2009 bis 2012 mehr als doppelt so viele, nämlich über 2200.

Steigende Hinrichtungszahlen im Iran

Auch die Zahl der öffentlichen Exekutionen ist gestiegen. 2011 zählte UN-Berichterstatter Shaheen über 400 Fälle, 2012 waren es laut IHR 60, sechs Mal so viele wie noch 2009. Bei öffentlichen Hinrichtungen im Iran kommen zum Teil mobile Kräne zum Einsatz, mit denen die Verurteilten hochgezogen werden.

IHR vermutet, dass die Hinrichtungszahlen in Wirklichkeit höher liegen. Zwischen 2010 und 2012 sollen unbestätigten Meldungen zufolge 570 weitere Personen exekutiert worden sein. Immer wieder gibt es Berichte von geheimen Hinrichtungen im Vakilabad-Gefängnis der Großstadt Mashhad im Osten des Iran. Allein 2012 sollen dort 240 Personen getötet worden sein.

Angeblicher Grund: Drogengesetze

Iranischen Führungspolitikern ist bewusst, dass die hohe Zahl der Hinrichtungen dem Ansehen des Landes schadet. Jüngst zeigte sich Mohammad Javad Larijani, Generalsekretär des iranischen Menschenrechtsrats und Berater des obersten geistlichen Führers Ali Chamenei, in einem Gespräch mit dem Sender Euronews einsichtig. "Es gibt zuviele Hinrichtungen im Iran, das ist schlecht", so Larijani.

Chamenei-Berater Javad Larijani sieht in den vielen Hinrichtungen "ein Problem."Bild: FARS

Schuld an der hohen Zahl der Hinrichtungen ist Larijani zufolge die Gesetzeslage. "Verbrechen, die in Verbindung mit dem Drogenhandel stehen, sind der Grund für rund 74 Prozent der Hinrichtungen im Iran. Meiner Meinung nach sollte man Drogenvergehen nicht als schwere Delikte bezeichnen. Dafür brauchen wir ein neues Gesetz, aber viele Abgeordnete sind damit nicht einverstanden."

Offizielle Kategorie für politische Vergehen: "Feindschaft gegen Gott"

Dieter Karg, Iran-Experte der Menschenrechtsorganisation Amnesty International, bezweifelt, dass über 70 Prozent der Hinrichtungen tatsächlich auf Drogendelikte zurückzuführen seien. "Darunter verstecken sich auch manche Fälle, von denen wir vermuten, dass es sich um politische oder andere Vergehen handelt", so Karg gegenüber der Deutschen Welle. Politische Vergehen werden im Iran offiziell in der Kategorie "Feindschaft gegen Gott" zusammengefasst. Laut amtlichen iranischen Angaben sind jedoch nur drei Prozent der Exekutionen auf dieses Delikt zurückzuführen. Andere offizielle Gründe für die Verhängung der Todesstrafe sind Vergewaltigung, Mord und bewaffneter Raub.

Schaulustige vor einer Hinrichtung in einem Park in TeheranBild: ISNA

Trotz der anhaltenden Kritik von Menschenrechtsorganisationen und des Eingeständnisses Larijanis, im Iran würden zu viele Menschen hingerichtet, glaubt Iran-Experte Karg nicht, dass Teheran ernsthaft an der bestehenden Situation etwas ändern wolle. IHR befürchtet vor den Wahlen im Juni 2013 weitere Exekutionen. Der Sprecher der Organisation, Mahmud Amiry-Moghaddam, fordert die UN auf, öffentliche Hinrichtungen als Missachtung der Menschenwürde zu ächten.

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