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PolitikEuropa

Kritik an Janez Jansas Entgleisungen

Barbara Wesel
19. Februar 2021

Seit Monaten sorgen sich Beobachter um die Einschränkung der Pressefreiheit in Slowenien. Ministerpräsident Janez Jansa schlägt mit aggressiven Tweets gegen eine kritische Journalistin zurück.

Sloweniens konservativer Regierungschef Janez Jansa
Reagiert empfindlich auf kritische Berichterstattung: der slowenische Ministerpräsident Janez Jansa Bild: AFP/J. Makovec

In der mittäglichen Pressekonferenz der EU-Kommission schlugen die Wellen hoch, soweit das im Zoom-Format möglich ist: Was tut die Kommission gegen die Verunglimpfung einer Kollegin durch den slowenischen Ministerpräsidenten Janez Jansa? Er hatte auf einen kritischen Artikel bei "Politico", der die Pressefreiheit in Slowenien in Gefahr sieht und der Regierung die Einschüchterung von Journalisten vorwirft, mit einem direkten Angriff gegen die Autorin auf Twitter geantwortet:

"Lilie Bayer hatte Anweisungen erhalten, nicht die Wahrheit zu sagen, also zitierte sie vor allem 'unbekannte' Quellen von der extremen Linken und ließ bekannte und integere Quellen absichtsvoll weg. Das ist Politico Europe, unglücklicherweise. Lügen (Rechtsschreibung!) um zu leben."

EU-Kommission gegen "Hassrede"

Kommissionssprecher Christian Wiegand zitierte dazu die zuständige EU-Kommissarin Vera Jourova: "Freie und unabhängige Medien sind zentral für Demokratie und europäische Werte. (…) Der Schutz von Journalisten sollte eine Priorität für jedes Mitgliedsland sein: Kein Hass, keine Drohungen, keine persönlichen Attacken."

Wer aber den Twitterverlauf des slowenischen Ministerpräsidenten studiert, muss erkennen, dass er und seine Anhänger diese Regel der EU konsequent missachten. Die sozialdemokratische Europaabgeordnete Tanja Fajon sagt dazu: "Das ist unsere tägliche Realität. Ich gehöre auch häufig zu seinen Zielen, wie eigentlich jeder, der etwas sagt, was ihm nicht gefällt. Es gibt ständig Angriffe gegen Journalisten oder Mitglieder der Zivilgesellschaft. Es ist eine Art 'Trumpismus' und soll Angst verbreiten". 

Das Problem der Europäischen Union dabei ist nicht nur, dass nach Ungarn und Polen ein weiteres Mitgliedsland die Pressefreiheit angreift, sondern auch, dass Jansa im zweiten Halbjahr turnusmäßig Vorsitzender des europäischen Rates wird. Er gewinnt damit für sechs Monate Einfluss auf die Treffen und die Politik bei den Sitzungen der EU-Regierungschefs. 

Einmal mehr zeigt sich, wie schlecht die EU gegen die autoritären, rechts-populistischen Entwicklungen in einigen osteuropäischen Ländern gewappnet ist. Der Twitter-Angriff gegen eine Journalistin sei unterhalb der Schwelle, ab der man ein Vertragsverletzungsverfahren anstrengen sollte, erklärt die EU-Kommission am Donnerstag.

Und Sprecher Christian Wiegand weist auf den neuen EU-Aktionsplan für Demokratie hin, der unter anderem zum Schutz der Pressefreiheit eingesetzt werden könne, ebenso wie der verschärfte Rechtsstaatsmechanismus. Die bisherige Version hatte sich als völlig zahnlos erwiesen. Ob die Neufassung wirksamer wird, muss sich zeigen.

EU-Kommissarin Vera Jourova: Bedeutung der Pressefreiheit für den Erhalt der Demokratie unterschätzt Bild: AFP/L. Marin

Ist Orbans Vorbild die Blaupause ?

"Jansa ist ein großer Bewunderer von Viktor Orban", erklärt Tanja Fajon. Er lasse jetzt zum Beispiel ungarische Geschäftsleute in slowenische Medien investieren, um sie auf Regierungskurs zu bringen. Bei der Presse fange es an und gehe dann bei der Justiz, der Polizei und anderen Institutionen weiter. 

Wie Viktor Orbans Fidesz gehört auch die Partei von Janez Jansa zur Parteienfamilie der christdemokratischen EVP im Europaparlament. Nach der jahrelangen, intensiven Kritik durch andere Parteien an der Duldung von Orbans Demokratieabbau scheint die EVP jetzt etwas deutlicher auf die Ereignisse in Slowenien zu reagieren. "Ich wäre nicht erstaunt, wenn Slowenien aufgrund der unangemessenen Reaktionen des Premierministers durch das Europaparlament und andere EU-Institutionen überprüft würde. In den Augen der internationalen Öffentlichkeit möchte ich Slowenien nicht in der Gruppe von Ländern sehen, in denen die Pressefreiheit bedroht ist", erklärt die Abgeordnete Ljudmila Novak.

"Es ist nicht ganz so extrem wie in Ungarn und Polen", sagt James Wiseman vom Internationalen Presseinstitut in Wien. "Das Orban-Model zur Unterminierung der Pressefreiheit wird in Polen intensiv eingesetzt, in Slowenien etwas weniger konsequent." Dennoch sieht die NGO eine zunehmend vergiftete Atmosphäre in Slowenien und einen starken Abwärtstrend: "Angriffe gegen Journalisten sind persönlich und rachedurstig, Berichte werden als unglaubwürdig oder Lügen diskreditiert."

Der Abbau der Pressefreiheit folge einem wiederkehrenden Muster. "Die niedrig hängenden Früchte sind immer der nationale öffentliche Sender. Auch in Slowenien gibt es einen Gesetzesvorschlag zur Änderung des Aufsichtsgremiums, so dass die Regierung den Sender zu einem Sprachrohr umbauen kann", so Wiseman. "Der zweite Schritt ist der Entzug von öffentlicher Werbung, womit man unabhängigen Medien das Einkommen entzieht. Und schließlich wird die Presselandschaft gespalten, kritische Journalisten werden verunglimpft und zur Zielscheibe von Angriffen gemacht.. 

Was kann die EU tun?

James Wiseman hofft, dass die neuen europäischen Maßnahmen, der Rechtsstaatsmechanismus und der Aktionsplan für Demokratie, anders als früher, künftig tatsächlich Wirkung zeigen können. Kommissarin Vera Jourova räumte bei einer Veranstaltung des Wiener Presseclubs in der vorigen Woche ein: "Ich glaube, wir haben einen furchtbaren Fehler in Europa gemacht, weil wir die Bedeutung der Pressefreiheit für den Erhalt der Demokratie unterschätzt haben."

Ungarns letzter unabhängiger Sender "Klubradio" ist von der Regierung Orban zum Schweigen gebracht wordenBild: Laszlo Balogh/AP/picture alliance

Es war übrigens eine besonders schlechte Woche für die Pressefreiheit in Europa. Die ungarische Regierung entzog Klubradio, dem letzten freien Sender des Landes, endgültig die Lizenz. Und in Polen waren mehrere unabhängige Medien mit schwarzen Titelseiten und ohne Meldungen erschienen, um gegen die Pläne der Regierung für eine Sondersteuer zu protestieren, die ihnen die wirtschaftliche Basis entziehen soll.