Härtere Visa-Regeln
18. November 2010Seit Anfang November müssen deutsche Staatsbürger, wenn sie ein russisches Visum beantragen, einen Kontoauszug, eine Verdienstbescheinigung, die Registrierung einer eigenen Firma oder den Nachweis von Wohneigentum vorlegen. So sollen die Antragsteller ihre Rückkehrwilligkeit nachweisen. Als Grund für die Änderung wurde von russischer Seite das "Prinzip der Gegenseitigkeit" genannt. Russische Staatsbürger müssen ähnliche Nachweise erbringen, wenn sie ein Visum für die Einreise in die Europäische Union beantragen.
"An uns liegt es nicht"
Moskau strebt seit langem Visafreiheit mit der EU an. Dmitri Medwedew betont stets, Russland könnte die Visumpflicht sofort aufheben. "Unser Land ist bereit, dieses Problem zu lösen, an uns liegt es nicht", so der russische Präsident.
Am 1. Juni dieses Jahres hatte Medwedew beim EU-Russland-Gipfel in Rostow am Don dem EU-Ratspräsidenten Herman Van Rompuy und dem EU-Kommissionspräsidenten José Manuel Barroso den Entwurf für ein Abkommen über Visafreiheit überreicht. Diesen hatte die russische Seite erarbeitet, in der Hoffnung, die Verhandlungen in der Visa-Frage zu beschleunigen. Nun hofft Moskau, beim nächsten EU-Russland-Gipfel am 7. Dezember 2010 in Brüssel auf eine Antwort mit konkreten Fristen zur Abschaffung der Visapflicht.
Wenig Verständnis für Moskaus Vorgehen
Deutschland gehört zu den EU-Ländern, die eine schrittweise Lockerung der Visa-Regelungen mit Russland befürworten. Das hatte auch Guido Westerwelle während der Gespräche mit seinem russischen Amtskollegen Sergej Lawrow am 1. November 2010 deutlich gemacht. Deutschland stehe zu diesem langfristigen Ziel, aber es gebe dabei noch viele Details im europäischen Kontext zu klären, betonte der Bundesaußenminister in Moskau.
Wenig Verständnis zeigt Berlin nun für die jüngste Verschärfung der russischen Visa-Regelungen. Die Bundesregierung wolle diese nicht ohne Widerspruch hinnehmen, verlautete aus dem Auswärtigen Amt.
Auch im Bundestag stößt das russische Vorgehen auf Kritik. "Ich war sehr überrascht, dass Russland diesen Schritt gewählt hat", sagte Marina Schuster vom Auswärtigen Ausschuss gegenüber der Deutschen Welle. "Das Ziel solle ja eigentlich sein, und das haben Lawrow und Westerwelle auch besprochen, dass man sich auf beiden Seiten in Richtung Visafreiheit entgegenkommt", so die FDP-Abgeordnete. Mit diesem Schritt sei dies nun nicht gerade leichter geworden.
Visafreiheit nicht ohne Gegenleistung
Hans-Henning Schröder von der Berliner Stiftung Wissenschaft und Politik (SWP) meint hingegen, die Verschärfung der russischen Visabestimmungen sei ein ganz normaler diplomatischer Schritt. "Schengen stellt bestimmte Ansprüche an russische Antragsteller für Visa und jetzt stellt man auf russischer Seite einfach im Gegenzug die selben Bedingungen." Das sei unangenehm und ärgerlich, aber nicht etwas besonderes, so der Experte im Gespräch mit der Deutschen Welle.
Schröder geht nicht davon aus, dass das russische Vorgehen Konsequenzen für die Verhandlungen über Visafreiheit haben wird. "Visafreiheit wird es nicht umsonst geben, sondern das ist ein Verhandlungsprozess, da muss die russische Seite auch im Gegenzug Leistung erbringen", betonte er.
Zu lösen seien noch eine ganze Reihe technischer Fragen, beispielsweise bei der Grenzsicherheit und der Rückübernahme von Personen. Es müsste garantiert werden, dass durch eine Visafreiheit keine Belastungen auf die Schengen-Staaten zukämen, erläuterte der SWP-Experte.
Autor: Viacheslav Yurin / Markian Ostaptschuk
Redaktion: Fabian Schmidt