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Politik

Kritik am "Sultanat" Erdogans

21. Januar 2017

Die Zustimmung des türkischen Parlaments zur Einführung eines Präsidialsystems stößt bei der Opposition auf Widerstand. "Katastrophe", "politischer Selbstmord", "Zustände wie im osmanischen Reich", lautet die Kritik.

Türkei Ankara Kemal Kilicdaroglu
Oppositionsführer Kemal Kilicdaroglu während der hitzigen Debatte im Parlament in AnkaraBild: picture-alliance/AP Photo/B. Ozbilici

Der Vorsitzende der größten türkischen Oppositionspartei CHP, Kemal Kilicdaroglu, kündigte einen entschlossenen Kampf gegen die Verfassungsreform an. Das Parlament habe mit der Zustimmung zu dem von Staatspräsident Recep Tayyip Erdogan angestrebten Präsidialsystem "Verrat" an seiner Geschichte begangen und die "eigenen Machtbefugnisse" abgetreten. "Wir sind gegen diesen Systemwechsel", sagte er. Es sei eine "Katastrophe", wenn eine Person die gesamte Macht erhalte.

Kritiker sehen Türkei auf dem Weg in die Diktatur

Zugleich zeigte sich der Oppositionsführer zuversichtlich, dass die Reform bei dem Referendum scheitern werde und die Nation den "Fehler" des Parlaments beheben werde. Er kündigte zudem eine umfangreiche Kampagne der CHP an, um das Volk über die Inhalte des Präsidialsystems aufzuklären.

Neben der Mitte-Links Partei CHP ist die pro-kurdische Oppositionspartei HDP strikt gegen das Präsidialsystem, weil sie eine Ein-Mann-Herrschaft befürchtet. Elf HDP-Parlamentarier sitzen seit November wegen Terrorvorwürfen in Untersuchungshaft, unter ihnen die Parteichefs Selahattin Demirtas und Figen Yüksekdag. Sie waren damit von der Debatte ausgeschlossen. Besonders Demirtas hatte immer wieder deutlich gemacht, dass er das Präsidialsystem verhindern wolle.

Can DündarBild: picture-alliance/dpa/S. Prautsch

Der ehemalige Chefredakteur der regierungskritischen Zeitung Cumhuriyet, Can Dündar, schreibt im Kurznachrichtendienst Twitter: "Unser Parlament hat Selbstmord begangen. Mein Beileid." Dündar wurde in der Türkei zu fünf Jahren und zehn Monaten Haft wegen Geheimnisverrats verurteilt. Er legte Revision ein und lebt seit Monaten in Deutschland.

Der Chef der türkischen Anwaltskammer, Metin Feyzioglu, ist davon überzeugt, dass der Systemwechsel zu "Instabilität und Chaos" führen wird. Er vergleicht das Präsidialsystem mit einer Herrschaftsform, mit der die Türkei in ihrer osmanischen Vergangenheit jahrhundertelange Erfahrung gemacht hat: "Das nennt sich Sultanat", sagte er der Nachrichtenagentur AFP.

Auf dem Weg in die Autokratie

Der türkische Staatspräsident Erdogan war in der Nacht zum Samstag dem Ziel, seine Machtbefugnisse deutlich auszuweiten, einen großen Schritt näher gekommen. Nach einer aggressiven Debatte verabschiedete das von der islamisch-konservativen Regierungspartei AKP dominierte Parlament die umstrittene Verfassungsreform mit 339 gegen 142 Stimmen. Das sind 9 Stimmen mehr als die notwendige Drei-Fünftel-Mehrheit. In Kraft treten können die Änderungen allerdings erst, wenn das Volk in einem Referendum zustimmt.

Anders als seine Kritiker argumentiert Erdogan, dass das Präsidialsystem der Türkei Stabilität bringen werde.

qu/uh (dpa, afpe)

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