"Kritischer Punkt in Syrien erreicht"
4. Juni 2012Nach einem Gespräch mit Kofi Annan, dem Sonderbeauftragten von Vereinten Nationen und Arabischer Liga, erklärte die EU-Außenbeauftragte Catherine Ashton, es sei ein "kritischer Punkt in Syrien erreicht". Nach 15 Monaten des Blutvergießens müsse alles getan werden, um die Gewalt zu stoppen und einen politischen Prozess zu beginnen: "Wir müssen eine Katastrophe vermeiden. Gewalt und Unterdrückung können nicht die Lösung sein." Weiter formulierte Ashton: "Jede weitere Militarisierung des Konflikts bringt enormes Leid nach Syrien und droht dramatische Auswirkungen auf die Region zu haben." Die EU unterstütze weiterhin den Friedensplan Annans.
Diplomatisches Ringen
Die EU bemühe sich auch bei dem am Sonntagabend begonnenen Gipfeltreffen mit Russland in Sankt Petersburg um die Unterstützung des Kremls. "Russlands Rolle ist entscheidend für den Erfolg des Annan-Plans. Wir wollen eng mit Russland zusammenarbeiten, um einen Weg zur Beendigung der Gewalt zu finden", betonte Ashton. EU-Ratspräsident Herman Van Rompuy unterstrich in Sankt Petersburg, dass die Europäische Union an Zwangsmaßnahmen gegen die syrische Führung festhalten werde. "Die normalen Menschen in Syrien leiden heute unter der Gewalt, nicht unter den Sanktionen", sagte Van Rompuy der Agentur Interfax. Russland, ein enger Partner Syriens, lehnt hingegen die "einseitige" Haltung der EU ab.
So ließ die russische Regierung zuletzt auch keine Bereitschaft erkennen, etwa über Sanktionen im UN-Sicherheitsrat den Druck auf den syrischen Präsidenten Baschar al-Assad zu erhöhen. Außenminister Sergej Lawrow, der sich mit Ashton traf, dämpfte auch sogleich die Hoffnungen der EU-Delegation. Er erwarte nicht, dass es auf dem Gipfeltreffen eine Annäherung der Positionen im Syrien-Konflikt geben werde. Russland sei aber für Vorschläge offen, um dem Friedensplan eine stärkere internationale Unterstützung zu verschaffen.
"Terroristen", "Monster"
Am Sonntag hatte Assad erneut Hoffnungen auf ein baldiges Ende des Blutvergießens zerschlagen. In einer Rede vor dem Parlament in Damaskus machte der Staatschef einmal mehr das Ausland und "Terroristen" für die Gewalt verantwortlich. Syrien befinde sich bereits in einem "vom Ausland aus geführten echten Krieg". Der Präsident bestritt zudem jegliche Verantwortung für das Massaker von Hula, bei dem Ende Mai mehr als hundert Menschen getötet worden waren. Nicht einmal "Monster" würden so grausame Verbrechen begehen, sagte Assad.
wa/wl (dpa, afp, rtr)