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Kroatien: Erst Coronaflaute, jetzt Touristenboom

James Jackson
31. Oktober 2022

Nach einem massiven Besuchereinbruch wegen der Pandemie erfreut sich Kroatien wieder wachsender Beliebtheit bei Touristen. Gastwirte und Hoteliers sind erleichtert. Aber - droht nun ein Comeback des Massentourismus?

Kroatien Dubrovnik | Alter Hafen
Dubrovnik ist bei Touristen sehr beliebt, vor allem seitdem die Stadt als Kulisse für die Serie "Game of Thrones" dienteBild: Dragoslav Dedović/DW

Seine unzähligen Inseln, charmanten Städte und einladenden Nationalparks machen Kroatien zu einem beliebten Urlaubsland. Vor Ausbruch der COVID-Pandemie kamen teils so viele Touristen, dass nicht wenige Orte und Küstenabschnitte vom Besucheransturm überfordert waren. Das galt insbesondere für die malerische Küstenstadt Dubrovnik, einem der Drehorte für die US-amerikanische Fernsehserie "Game of Thrones". Doch nachdem Kroatien infolge der COVID-Pandemie einen drastischen Besucherrückgang verzeichnete, steigen die Zahlen nun wieder deutlich.

Ein vielversprechender Sommer

2019 strömten über 17 Millionen Touristen nach Kroatien, viele davon an die Adriaküste zwischen Split und Dubrovnik. Es waren so viele wie noch nie. Aktuelle Besucherzahlen sind noch weitab dieses Höchstwerts, doch insbesondere der diesjährige Sommer deutet auf eine starke Wiederbelebung des Tourismusgeschäfts hin. Diesen September kamen sogar mehr Reisende in das Land als im September 2019.

Die Altstadt von Dubrovnik - historische Häuser, viele TouristenBild: Grgo Jelavic/PIXSELL/picture alliance

Kroatiens Wirtschaft ist stark auf Einkünfte aus der Tourismusbranche angewiesen, mehr als jedes andere EU-Land. Laut Welthandels- und Entwicklungskonferenz der Vereinten Nationen (UNCTAD) trafen die pandemiebedingten Reisebeschränkungen und der resultierende Einbruch an Besucherzahlen das Land hart.

Dennoch bleibt Kroatien eine populäre Urlaubsdestination. "Es bietet viel Abwechslung", erzählt Sophie Taylor, eine britische Kroatien-Besucherin. "Du kannst dich am Strand entspannen, die Meeresluft genießen, aber auch das Land erkunden, die Geschichte seiner Städte und Inseln kennenlernen." Taylor ist bewusst zur herbstlichen Nebensaison ins Land gereist, um den Touristenmassen zu entgehen.

Touristen sehnlich erwünscht

Sopota hingegen sind die Touristenströme sehr willkommen. Er arbeitet als Burek-Verkäufer in Dubrovniks Altstadt und blickt auf umsatzstarke Monate zurück. "Diesen Sommer war sehr viel los, es war super für das Geschäft", erzählt Sopota, während er Blätterteig-Snacks an wartende Kunden reicht.  

Sopoto von Holy Burek ist froh, dass die Touristen wieder da sindBild: James Jackson

Nada Brigovic-Lendic ist ebenfalls zufrieden. Die 67-Jährige vermietet eine Ferienwohnung in Dubrovnik und freut sich über die große Nachfrage. "Es war eine starke Saison, nur die Monate April und Mai waren etwas ruhiger." Zwar seien wegen der Reisebeschränkungen weniger Touristen aus Asien ins Land gekommen, dafür aber mehr europäische Gäste.

Kommt der Massentourismus zurück?

Doch nicht alle Menschen stimmt das boomende Tourismusgeschäft so positiv. Bedenken gibt es vor allem hinsichtlich der Stadt Dubrovnik. So sorgen sich viele, dass die Rückkehr der Besuchermassen die Küstenstadt überwältigen könnte. Dies gilt umso mehr, da in der Hauptsaison viele Kreuzfahrtschiffe in Dubrovnik anlegen und tausende Touristen in die Stadt spülen.

Aus diesem Grund wurde 2019 die "Respect the City"-Initiative gründet, um einen nachhaltigen Tourismus in Dubrovnik zu fördern. Allerdings scheint sie bereits in Vergessenheit geraten zu sein, denn weder die dazugehörige Internetseite noch der Instagram-Kanal wurden in jüngster Zeit aktualisiert. Vielmehr scheint es, Kroatien tue alles, um schnellstmöglich die finanziellen Einbußen der Pandemiezeit wettzumachen und den Tourismus protegieren zu wollen.

Schlange stehen - die Zeiten der Ruhe sind vorbeiBild: Andrea Araya

Kroatiens Tourismusministerium hat einen Fond in Höhe von umgerechnet 290 Millionen Euro aufgesetzt, um nachhaltigen Tourismus zu fördern. Ein Teil der Gelder soll in das kroatische Hinterland fließen, welches bisher wenig vom Tourismus profitiert hat.

Personalmangel

In der Vor-Corona-Zeit boomten Bootsfahrten in dem Balkanland. Doch diese Branche erholt sich deutlich langsamer als das übrige Tourismusgeschäft, wohl auch, weil Reisende noch immer Angst vor einer möglichen Ansteckung mit dem Coronavirus haben. Hinzu kommt, dass sich viele Fachkräfte beruflich umorientiert haben. 

"Schifffahrtunternehmen berichten eine Auslastung von nur 60 bis 70%", so Ivana Durokovic. Ihr Unternehmen organisiert Bootstouren entlang der Adriaküste sowie zu populären Inseln wie Korcula, Hvar und Vis. "Viele Anbieter mussten aufgeben und viele meiner Kolleginnen und Kollegen neue Jobs suchen — für sie ist eine Rückkehr undenkbar, denn sie können nicht ausschließen, dass sich so etwas wiederholt." Viele müssten Familien ernähren oder Kredite abbezahlen, weshalb sie sich schnell andere Berufsfelder gesucht hätten. Deswegen, so Durokovic, herrsche nun akuter Personalmangel in der Branche.

Zu viele Touristen - seit 2021 ist das Baden in den berühmten Krka Wasserfällen verbotenBild: Andrea Araya

Was bringt die Zukunft?

Durokovic glaubt nicht, dass Kroatien zukünftig vom Massentourismus verschont bleibt. Spätestens nächstes Jahr, wenn Besucherzahlen wieder das Niveau der Vor-Corona-Zeit erreichen, seien die Menschen wieder direkt mit Overtourism und seinen Folgen konfrontiert. Schon jetzt gibt es Maßnahmen, den Besuchermassen Herr zu werden. So wurde ein Badeverbot im Krka-Nationalpark verhängt, um die Natur zu schützen. Kroatiens Nationalpark Plitvicer Seen wiederum könnte seinen Status als UNESCO-Weltkulturerbe verlieren, da der Massentourismus hier bereits massive Umweltschäden verursacht hat.

Diejenigen, die weniger touristische Regionen Kroatiens bevorzugen, sollten das nördliche Istrien besuchen, empfiehlt Durokovic. Oder die Landeshauptstadt Zagreb.