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PolitikEuropa

Kroatien wird Mitglied in der Eurozone

Barbara Wesel
30. Dezember 2022

Das neue Jahr bringt Wandel für EU-Mitglied Kroatien: Das Land wird Mitglied in der Eurozone und im Schengenraum. Die offenen Grenzen werden allseits begrüßt, die neue Währung trifft bei den Bürgern aber auch auf Skepsis

Kroatien führt Euro ein
Die kroatische Währung war schon lange an den Euro gekoppeltBild: Darko Mardesic/DW

Im Laden von Bäckermeisterin Ivana Horvat in Zagreb sind schon längst alle Preise in kroatischen Kuna und in Euro ausgezeichnet. Das dicke Olivenbrot kostet 18,48 Kuna und 2,65 in der europäischen Gemeinschaftswährung. Ivana sieht der Umstellung auf Euro jedoch mit Skepsis entgegen: "Alle Preise werden nach oben aufgerundet. Viele Leute haben Hypotheken und die Zinsen werden steigen. Wir wissen nicht, was wir ab 1. Januar zu erwarten haben."

Viele Menschen in Kroatien haben Zweifel am Euro 

Die Bevölkerung in Kroatien scheint gespalten: Nach einer Eurobarometer-Umfrage der Europäischen Kommission sind sind 55 Prozent der Bürger für eine Einführung des Euro. Fast die Hälfte aber fürchtet, der Euro werde negative Konsequenzen haben, und nur ein Drittel der Kroaten hält das Land für gut vorbereitet. Ganze 81 Prozent der Menschen in Kroatien aber fürchten, der Euro werde zu höheren Preisen führen. Diese Zahl war zuletzt dramatisch angestiegen, weil die Corona-Krise der stark vom Tourismus abhängigen kroatischen Ökonomie einen schweren Schlag versetzt hatte und die wirtschaftliche Stimmung in den Keller ging.

Bäckerin Ivana Horvat aus Zagreb befürchtet einen PreisanstiegBild: Darko Mardesic/DW

Spricht man auf dem Markt in Zagreb mit den Handelsleuten, trifft man schnell auf solche skeptischen Stimmen. "Ich fürchte mich vor den ersten Monaten im neuen Jahr. Die Übergangsperiode wird schwer für die Leute", sagt ein älterer Mann. Die meisten Händlerinnen dort sind selbst im Rentenalter. Sie alle müssen etwas dazu verdienen, weil die durchschnittliche Rente in Kroatien nur bei etwa 250 Euro im Monat liegt. Preissteigerungen durch die neue Währung würden sie am schwersten treffen.

"Sie sollten uns nicht unsere Währung wegnehmen"

"Wir sind nicht froh darüber! Bisher war alles in Ordnung - der Beitritt zur NATO, zur EU. Aber sie sollten uns nicht unsere Währung wegnehmen! Die Kuna war doch immer unser Geld, unsere Großväter haben schon damit bezahlt. Ich fürchte, dass alles viel teurer wird", schimpft eine Gemüsehändlerin. Dabei wurde die heutige Kuna erst 1994 mit der Unabhängigkeit Kroatiens geschaffen und war von Anfang an die D-Mark, später dann an den Euro gekoppelt. Denn nach einer hohen Inflation im ehemaligen Jugoslawien in den 1980er Jahren, wo die Mark als eine Art Reservewährung galt, war das Vertrauen in damalige heimische Währung zunächst gering.

Die Preise in der Bäckerei werden schon lange in Kuna und Euro angegeben Bild: Darko Mardesic/DW

In den letzten Jahren dann wurden in Kroatien Autos, Immobilien und Hotelübernachtungen bereits zu Europreisen gehandelt. Firmen und Privatleute halten Guthaben in Euro und zwei Drittel der Staatsschulden sind ebenfalls in Euro notiert. Der Weg zum Beitritt schien also für die Regierung in Zagreb quasi zwangsläufig, sobald das Land die sogenannten Maastricht-Kriterien erfüllen würde - das heißt die Neuverschuldung, die Inflation und die Zinsentwicklung im Griff hat.

Kroatien hinkt wirtschaftlich hinterher

Normalerweise wird es als Vorteil gesehen, wenn eine Regierung durch die Abwertung einer unabhängigen Währung kurzfristig die Wettbewerbsfähigkeit steigern kann. Katharina Gnath von der Bertelsmann-Stiftung glaubt dagegen, dass die bestehende enge Bindung an den Euro dieses Argument der Euro-Kritiker eigentlich zunichtemache.

Besonders die Älteren haben Sorge vor der Umstellung auf der EuroBild: Darko Mardesic/DW

Prof. Ljubo Jurcic von der Uni Zagreb denkt trotzdem, dass die Regierung damit das einzige Instrument ihrer Fiskalpolitik aus der Hand gebe. Außerdem glaubt er, dass "große Länder mehr vom Euro profitieren als kleine" und sie von den Interessen der Stärkeren dominiert werden.

Tatsächlich ist Kroatien mit seinen vier Millionen Einwohnern ökonomisch ein Zwerg. Man müsse die Einführung des Euro von zwei Seiten betrachten, sagt der Ökonom - aus dem Blickwinkel der Bürger und der nationalen Wirtschaft: "Den Euro in Kroatien einzuführen ist eine rein politische Entscheidung in der Annahme, dass es uns Europa näherbringt, und das wird für die normalen Bürger auch so sein. Aber es wird große Probleme für die kroatische Wirtschaft bringen." 

Jurcic argumentiert, das Kroatien die Maastricht-Kriterien zwar formell erfüllen würde, nicht aber inhaltlich: "Die wirkliche Bedingung für die Aufnahme ist, dass wir ungefähr das gleiche Maß an wirtschaftlicher Entwicklung haben sollten wie der Durchschnitt der EU." Aber Kroatien liege derzeit nur bei einem Drittel des Durchschnitts.

Ökonom Ljubo Jurcic sieht Nachteile für die kroatische Wirtschaft durch die Einführung des EuroBild: Darko Mardesic/DW

Die kroatische Wirtschaft sei vor allem auf Dienstleistungen gebaut. Sie ist zu rund 20 Prozent vom Tourismus abhängig, so Jurcic. Er glaubt, dass eine längerfristige Neuorientierung nötig sei, um den Anschluss zur übrigen EU zu finden. Allerdings habe das Land dafür bisher keinen Plan. Ein Blick ins benachbarte Slowenien zeige, dass man dort klügere Politik gemacht habe. Der dortige Wohlstand beruhe auf Produktionsstätten für große europäische Firmen, die schon kurz nach der Unabhängigkeit ins Land geholt wurden. 

Kroatiens Tourismusbranche ist begeistert vom Euro

Eine Fahrt an die kroatische Küste an einem regnerischen Dezembertag gibt nur eine ungefähre Ahnung von der Schönheit der Gegend um Opatjia im Sommer, wo Kiefernwälder zu Wanderungen entlang der Felsküste mit ihren zahlreichen Buchten einladen. Hotelier Milan Sesar hält sein familiengeführtes Haus das ganze Jahr über offen. Auch im Winter hat er einige Gäste, die bei ihm Pool und Sauna nutzen. Sie kommen vor allem aus Österreich, Deutschland und dem benachbarten Norditalien. Für ihn ist die Euro-Einführung eine große Entlastung.

Traumhafte Küste in Istrien nahe Opatjia Bild: Rainer Hackenberg/picture alliance

"Wir Hoteliers freuen uns auf den Euro, unsere Arbeit wird viel leichter und wir sind auch schon gut darauf vorbereitet. Ich verstehe, dass manche Leute Angst vor dem Übergang haben. Aber ich glaube man muss nichts befürchten, am Ende wird Geld immer Geld sein". 

Zwei Gäste aus Salzburg, die an der dalmatischen Küste ein Männchen für ihre reinrassige Dalmatiner-Hündin suchen, bestätigen Milan Sesars Optimismus: "Das Wechseln ist lästig. Am besten aber wird es, wenn die langen Schlangen an den Grenzen aufhören." Mit dem 1. Januar entfallen die Grenzkontrollen, weil Kroatien Mitglied in der Schengenzone wird. Wenn sich die Fahrt von Salzburg nach Opatjia dadurch um eine Stunde verkürzt, würden die beiden Frauen noch öfter dorthinkommen.

Kroatien braucht wirtschaftliche Neuorientierung

Milan Sesar glaubt, die Lage könne nur besser werden: "Kroatien ist so schön, dass die Leute immer kommen - egal ob Krieg, Wirtschaftskrise oder Corona. Unsere Gäste sind immer gekommen und in der Zukunft wird es noch leichter", sagt er. "Der Euro und Schengen - das bedeutet viel für den kroatischen Tourismus und zeigt doch, dass wir Teil Europas sind. Und das ist für Kroatien ein großes Plus."

Die Tourismusbranche wird zweifellos profitieren, aber für seine weitere wirtschaftliche Zukunft braucht das Land neue, höher qualifizierte und besser bezahlte Arbeitsplätze für junge Leute - vor allem auch, um die konstante Abwanderung in die Nachbarländer zu stoppen.

Das Durchschnittsgehalt in Kroatien ist zwar in den letzten Jahren gestiegen, liegt aber mit rund 1100 Euro im Monat nach wie vor im unteren Drittel der EU-Länder. Mit dem Euro braucht Kroatien auch eine Neuorientierung seiner Wirtschaft, um in den nächsten Jahren Anschluss zu finden an die wohlhabenderen Nachbarn.  

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