Zagreb, 12.6.2003, HINA, kroat.

Der kroatische Präsident Stjepan Mesic hat am Donnerstag (12.6.) ein Schreiben an die Chef-Anklägerin des Internationalen Strafgerichtshofes für das ehemalige Jugoslawien [ICTY], Carla Del Ponte, gerichtet. Darin fordert er sie dazu auf, nachzuprüfen, ob die Anklage gegen den pensionierten General Ante Gotovina geändert beziehungsweise zurückgezogen werden könne.

Wir übermitteln den Volltext des Schreibens:

"Sehr geehrte Frau Chef-Anklägerin,

ich wende mich an Sie wegen einer Angelegenheit, die ebenso delikat wie besonderes wichtig für die Beziehungen zwischen der Republik Kroatien und dem Internationalen Strafgerichtshof ist. Wie Sie vermutlich wissen, habe ich in den vergangenen Tagen bestimmte Schritte dahingehend unternommen, dass der Sachstand um den pensionierten General Ante Gotovina behoben wird. Denn dieser ist Angeklagter des Haager Tribunals und befindet sich seit zwei Jahren auf der Flucht.

Ich gehe davon aus, dass absolut alle vor dem Internationalen Strafgerichtshof gleich sind sowie dass es der einzige Zweck und das einzige Ziel der Anklage ist, die Wahrheit festzustellen. Tatsache ist, dass das bis 2000 regierende Regime dem pensionierten General nicht ermöglicht hatte, vor Ermittlern des Internationalen Strafgerichtshofes auszusagen. Damit wurde die Grundlage für die Sachlage geschaffen, mit der wir heute konfrontiert sind.

Ich möchte Sie darüber in Kenntnis setzen, dass ich der kroatischen Regierung Akten zur Verfügung gestellt habe, die für die Verteidigung von General Gotovina verwandt werden können. Nach meiner Einschätzung werfen sie auch ein neues Licht auf den Tatbestand, den die Anklage aufgrund der bislang zugänglichen Schriftstücke festgestellt hat. Ich wende mich an Sie mit der Bitte, im Einvernehmen mit den Satzungsbestimmungen des ICTY nachzuprüfen, ob es möglich ist, die Anklage gegen den pensionierten General Ante Gotovina zu ändern beziehungsweise zurückzuziehen.

Ich möchte anmerken, dass General Gotovina bereit ist, vor den ICTY-Ermittlern auszusagen und diesem Gerichtshof persönlich verfügbar zu sein, falls die Anklage auch nach seiner Aussage die Ansicht vertritt, dass die Grundlage für eine Anklage gegen ihn noch besteht. (...) (md)