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Politik

Kroatische Partei verlässt EVP - wegen Orban

25. Februar 2019

Die Kritik der Europäischen Volkspartei (EVP) an Ungarns Ministerpräsident Orban wird immer lauter. Angela Merkel hat sich bereits von Orban distanziert. Die Kroatische Bauernpartei (HSS) geht noch einen Schritt weiter.

Brüssel EU-Parlament | Viktor Orban, Premierminister Ungarn
Orban profiliert sich immer mehr als Europa-SkeptikerBild: picture-alliance/Anadolu Agency/D. Aydemir

Die traditionsreiche Kroatische Bauernpartei (HSS) will die EVP verlassen, unter anderem wegen Viktor Orban. Die offizielle Begründung der HSS ist nur ein paar Zeilen lang, und doch schlägt die Entscheidung hohe Wellen in Europa.

"Als wir der Europäischen Volkspartei beigetreten sind, war das eine plausible Option. Mit der Zeit hat sich diese Gruppierung verändert", steht es in der HSS-Stellungnahme am Sonntagabend (24.2.) nach der Sitzung des erweiterten Präsidiums.

Orban hatte in der Vorwoche in Ungarn eine Plakataktion gestartet, die den EU-Kommissionspräsidenten Jean-Claude Juncker als angeblichen Förderer illegaler Migration angreift. Die Plakate, die Juncker und den US-Milliardär George Soros mit grinsenden Gesichtern zeigen, hatten in den Reihen der EVP Empörung ausgelöst und Rufe nach einen Ausschluss der rechtsnationalen ungarischen Regierungspartei Fidesz laut werden lassen.

Krešo Beljak möchte sich von "antieuropäischen Politikern und Parteien in der EVP" lösenBild: HSS

Kein Verständnis für Merkel und Söder

Bundeskanzlerin Angela Merkel (CDU) und CSU-Chef Markus Söder distanzierten sich zwar von Orban, die Unionsfraktion im Bundestag stellte sogar die Mitgliedschaft von Fidesz in der europäischen Parteienfamilie EVP infrage - so weit wollte Merkel dann doch nicht gehen. Sie stellte sich nur demonstrativ hinter Juncker. Der EVP gehören auch die CDU und CSU an. EVP-Fraktionschef Manfred Weber (CSU) möchte nach der Europawahl im kommenden Mai Junckers Nachfolger werden - wohl auch mit Stimmen der Fidesz-Partei.

Die Kroatische Bauernpartei möchte sich nun von "antieuropäischen, antizivilisatorischen Politikern und Parteien in der EVP" lösen, erklärte Parteichef Krešo Beljak der Deutschen Welle. Er respektiert zwar Merkels und Söders Position, viel Verständnis dafür hat er aber nicht übrig:

"Wir verstehen nicht, warum sie sich - als einflussreiche Politiker innerhalb der EVP-Familie - nicht stärker von der Xenophobie eines Viktor Orban und seinesgleichen distanziert haben. Wir sehen uns nicht mehr in der gleichen Familie mit denjenigen, die ein rückständiges Europa befürworten wie Orban."

Beljak wolle nun mit der HSS neue Partner suchen, die "eine andere EU-Politik betreiben: eine tolerante, für ein starkes und offenes Europa". Es ist allerdings noch unklar, ob es mit dem Wiedereinzug ins EU-Parlament überhaupt klappt. Die HSS hat derzeit einen Sitz im EU-Parlament. Die Entscheidung des Präsidiums ist noch nicht rechtskräftig. Sie muss noch vom Parteivorstand der HSS angenommen werden. Die Zustimmung gilt aber als Formalie.

Die HSS begründete ihren EVP-Austritt auch damit, dass Orban-nahe Geschäftsleute Medien in Kroatien aufgekauft haben, die nunmehr "Hass verbreiten". Sie kritisierte zudem, dass in der EVP nur die Stimme der größten kroatischen bürgerlichen Partei, der regierenden rechts-konservativen Kroatischen Demokratischen Gemeinschaft (HDZ) gehört werde.

"Kuschelkurs" der kroatischen Staatsspitze

Auch die HDZ hat wohl eine wichtige Rolle gespielt, bei der Entscheidung der HSS, die EVP zu verlassen. Beljak wirft der HDZ nämlich vor, nicht entschieden genug für die kroatischen Interessen in der EU zu kämpfen und profiliert sich als Oppositionsführer und direkter Gegenspieler des kroatischen Premierministers Andrej Plenković (HDZ).

Im Europaparlament hat die kroatische HSS ein MandatBild: picture-alliance/dpa/P. Seeger

Als Beispiel dafür nennt er auf DW-Nachfrage den "Kuschelkurs" der kroatischen Staatspitze gegenüber dem serbischen Präsidenten Aleksandar Vučić, den Beljak als "ehemaligen Befürworter der großserbischen und faschistischen Politik" bezeichnet sowie die lauwarme Reaktion der kroatischen Staatspitze auf die jüngsten verbalen Entgleisungen des Italieners Antonio Tajani.

EU-Parlamentspräsident Tajani sagte bei einer Gedenkfeier in Basovizza nahe der slowenischen Grenze an einem Denkmal für Italiener, die zwischen 1943 und 1945 von jugoslawischen Partisanen getötet worden waren: "Lang lebe Triest, lang lebe das italienische Istrien, lang lebe das italienische Dalmatien!"

Die Aussagen des italienischen Spitzenpolitikers haben in Slowenien und Kroatien heftige Proteste hervorgerufen. Während die slowenische Staatspitze Tajani "beispiellosen Revisionismus" vorwarf und seine Wortwahl aufs schärfste kritisierte, klang die kroatische Seite etwas zurückhaltender und begnügte sich mit Tajanis Entschuldigung. Es tue ihn leid, wenn jemand sich verletzt fühle, ließ der EU-Parlamentspräsident mitteilen. Tajani kommt übrigens von der Forza Italia, somit auch ein Mitglied der EVP. Vučićs SNS-Partei ist assoziiertes Mitglied der EVP.

EP-Präsident Antonio Tajani träumt von einem "italienischen Dalmatien"Bild: picture-alliance/AP Photo/J.-F. Badias

Die HSS hat unter ihrem neuen Chef Krešo Beljak schon einige Zeit mit dem Austritt aus der EVP geliebäugelt - als logische Fortsetzung seiner programmatischen Entwicklung. Stichwort: Liberalisierung. Mit Tajanis Entgleisung und Orbans Aktion boten sich Beljak gleich zwei gute Vorlagen, um das Vorhaben medienwirksam der breiten Öffentlichkeit zu präsentieren.

Trotzdem ist die HSS-Entscheidung ein Präzedenzfall für die EU, so der Zagreber Politologe Žarko Puhovski: "Die kroatische HSS hat damit eine Art Standard im Umgang mit Orban und seiner Partei etabliert. Die EVP wird sich damit auseinandersetzen müssen, auch wenn sie die Fidesz nicht rausschmeißen."

Politischen Instinkt bewiesen

Beljak hat somit sein politisches Gespür unter Beweis gestellt. Die Aktion einer relativ kleinen Partei wurde mit großem Interesse in ganz Europa verfolgt. Ob sie EU-weit Auswirkungen haben wird, das wagt nicht einmal Beljak zu behaupten. "Unser Schritt tut der großen EVP nicht weh, wir wünschen denen viel Erfolg, aber mit dieser kunterbunten Truppe wollen wir nichts mehr zu tun haben."

Die Kroatische Bauernpartei wurde 1904 gegründet und war die stärkste politische Kraft in Kroatien in der ersten Hälfte des 20. Jahrhunderts. Die HSS hat derzeit vier Abgeordnete im 151-sitzigen kroatischen Parlament.

Srecko Matic Redakteur, Autor, Reporter, vor allem für DW Bosnisch/Kroatisch/Serbisch
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