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Politik

KSK arbeitet Rechtsextremismus auf

Nina Werkhäuser | Anne Höhn
2. November 2020

Rechtsextremistische Umtriebe brachten das Kommando Spezialkräfte in Verruf. Seit vier Monaten wird die Eliteeinheit der Bundeswehr umgebaut. Nun zieht das Verteidigungsministerium eine erste Bilanz.

KSK arbeitet Rechtsextremismus auf
Bild: Bundeswehr/Christian Thiel

An einem warmen Sommertag war Schluss: Am 30. Juli wurde die 2. Kompanie des Kommandos Spezialkräfte (KSK) aufgelöst. Ein letzter Appell in der Graf-Zeppelin-Kaserne im baden-württembergischen Calw, eine kurze Ansprache des Kommandeurs - dann war die zweite von insgesamt vier Kompanien Geschichte. 

Die Auflösung der 2. Kompanie war der bisher drastischste Schritt in einer Reihe von Reformen, die Bundesverteidigungsministerin Annegret Kramp-Karrenbauer am 1. Juli angeordnet hatte. Damals räumte sie dem KSK eine gewisse Zeit ein, "um den Resetknopf zu drücken". Mit Ausnahme der 2. Kompanie, die sie für nicht reformierbar hielt. Dort hätten Soldaten das rechtsextremistische Verhalten ihrer Kameraden gedeckt - "aus falsch verstandenem Korpsgeist". 

Rechtsextremisten beim KSK

Der restliche Verband müsse sich zügig neu aufstellen, forderte die Verteidigungsministerin – andernfalls drohe dem gesamten KSK die Auflösung. Zumindest dieses Szenario ist nun vom Tisch: Nach einem ersten Zwischenbericht, den der Generalinspekteur der Bundeswehr an diesem Montag vorgelegt hat, kommen die Reformen gut voran. "Ich glaube, dass wir mit dieser Arbeit auf einem guten Weg sind", sagte Verteidigungsministerin Annegret Kramp-Karrenbauer. Insbesondere würden jene Kräfte im KSK unterstützt, die den Verband verändern wollten.

Im Frühjahr hatten sich Hinweise auf rechtsextremistische Umtriebe im Kommando Spezialkräfte gehäuft. Also in jener geheimnisumwitterten Elitetruppe des Heeres, die für Geiselbefreiungen und andere Spezialoperationen in Kriegsgebieten ausgebildet ist. Viel ist nicht bekannt über das 1996 gegründete Kommando Spezialkräfte. Noch nicht einmal die Anzahl der Soldaten, die den extrem harten Eignungstest bestanden haben und beim KSK dienen - es sollen etwa 300 sein. Die Gesichter der Soldaten sind stets vermummt; von ihren Einsätzen dürfen noch nicht einmal engste Familienangehörige erfahren. 

Ausgebildet für Spezialoperationen in Kriegs- und Krisengebieten: Soldaten des KSKBild: Bundeswehr/Andrea Ulke

Waffenversteck im Garten

Doch die Elitetruppe hat ein Problem: Soldaten mit rechtsextremistischer Gesinnung blieben dort anscheinend lange unbehelligt. Bis zum Mai 2020. Da grub die Polizei nach einem Hinweis den Garten eines KSK-Soldaten im sächsischen Collm um. Dabei machte sie einen brisanten Fund: Zwei Kilogramm Sprengstoff, mehrere Tausend Schuss Munition sowie Waffen. Auch Schriften mit rechtsextremem Inhalt wurden bei ihm gefunden. Der Soldat wurde verhaftet.

Den Fund des Waffenverstecks in Collm wertete Verteidigungsministerin Annegret Kramp-Karrenbauer als "neue Dimension" und zog die Notbremse. Sie setzte eine Arbeitsgruppe ein, die die Zustände beim Kommando Spezialkräfte untersuchte – und Schockierendes zutage förderte: Soldaten, die verfassungsfeindliche Ansichten vertreten, eine "toxische Führungskultur" bei Vorgesetzten und das Verschwinden von 62 Kilogramm Sprengstoff und großer Mengen Munition aus den Beständen des KSK. 

"Null Toleranz"

Was ist in den vier Monaten passiert, seit Kramp-Karrenbauer die Öffentlichkeit über die Probleme beim KSK informierte? "Ganz viel", sagt Eva Högl, die Wehrbeauftragte des Bundestags. Es gebe einen langen Katalog von Reformen für das KSK, 60 an der Zahl. "Es gibt null Toleranz für Extremismus in der Bundeswehr. Die Personen werden entfernt, die auffällig sind und denen das nachgewiesen wurde. Das ist absolut richtig und wichtig."

Högl hat das KSK, das in Calw in der Nähe von Stuttgart stationiert ist, zuletzt im September besucht. Nach ihrer Beobachtung bekomme der Kommandeur des Verbands, Brigadegeneral Markus Kreitmayr, viel Unterstützung für seinen Kurs, alle Fälle von Rechtsextremismus lückenlos aufzuklären.

Eva Högl hält eine bessere Sicherheitsüberprüfung von KSK-Soldaten für notwendigBild: picture-alliance/dpa/M. Kappeler

Einzelfälle oder Netzwerke?

Handelt es sich dabei um Einzelfälle oder gibt es rechtsextremistische Netzwerke in der Bundeswehr? "Bisher gibt es, so bin ich informiert, keine Erkenntnisse darüber, dass es verfestigte Strukturen unter Rechtsextremen in der Bundeswehr gibt", betonte die Wehrbeauftragte im Gespräch mit der Deutschen Welle. Aber diese Frage lasse sich noch nicht abschließend beantworten, denn jeder einzelne Fall müsse genau untersucht werden. Wichtig sei es, KSK-Soldaten künftig einer schärferen Sicherheitsüberprüfung zu unterziehen, um Rechtsextremisten fernzuhalten. Das ist die Aufgabe des MAD, des Militärischen Abschirmdienstes. "Da müssen wir noch besser werden", fordert Högl.

Weniger Abschottung

Auch der Verteidigungspolitiker Tobias Lindner von den Grünen verfolgt die Reformbemühungen des KSK. Er hält es für wichtig, dass die Eliteeinheit sich künftig weniger abschottet. Bislang sei das KSK eine Art Insel innerhalb der Bundeswehr gewesen – es habe eine eigene Materialbewirtschaftung gehabt, eine eigene Personal-Rekrutierung und eine eigene Ausbildung. "Es ist richtig, dass man jetzt versucht, diese Insel aufzubrechen und zu schauen, dass sich das KSK stärker mit dem Rest der Truppe verwebt", sagte der Bundestagsabgeordnete der Deutschen Welle.

Im abgeschotteten Mikrokosmos des KSK, das hatte auch die Arbeitsgruppe festgestellt, gab es bisher zu wenig Rotation, zu wenig Austausch mit dem Rest der Bundeswehr. So hätten sich rechtsextreme Haltungen verfestigen können. Nun soll der Mantel der Geheimhaltung zumindest an einigen Stellen gelüftet werden. So ist vorgesehen, die Ausbildung auszugliedern und der Infanterieschule des Heeres zu unterstellen. Insgesamt soll das Kommando Spezialkräfte stärker beaufsichtigt werden.

Bis Sommer 2021 will Verteidigungsministerin Annegret Kramp-Karrenbauer die Reform des KSK abschließenBild: Getty Images/M. Schmidt

Hitlergruß und Schweinsköpfe

Bereits im April 2017 hatte die 2. Kompanie des KSK für Negativ-Schlagzeilen gesorgt. Damals hatten Soldaten der 2. Kompanie bei einer Feier den Hitlergruß gezeigt, in Deutschland eine Straftat. Außerdem hatten sie mit den Köpfen toter Schweine geworfen, weshalb die Feier als "Schweinskopf-Party" unrühmliche Bekanntheit erlangte.

Beim Versuch, die Vorfälle aufzuklären, sei man auf eine "Mauer des Schweigens" gestoßen, hatte Annegret Kramp-Karrenbauer bemängelt. Doch das habe sich inzwischen geändert. Die Mauer des Schweigens sei am Bröckeln, sagte die Verteidigungsministerin. 

Nun müssten die Aufräumarbeiten beim KSK konsequent weitergehen, fordert Oppositionspolitiker Lindner. "Die Stabilität unserer Gesellschaft lebt davon, dass die Bürgerinnen und Bürger Vertrauen haben in die Streitkräfte und in die Polizei. Wenn dieses Vertrauen erschüttert werden würde, dann geriete natürlich vieles ins Wanken."

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