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Kuba: Ein deutscher Unternehmer trotzt allen Widrigkeiten

Andreas Knobloch aus Havanna
27. November 2023

Kuba steckt in einer tiefen Wirtschafts- und Versorgungskrise. Der Berliner Unternehmer Frank Peter Apel investiert trotzdem auf der Insel. Im Gespräch mit der DW erzählt er, wie es ist, auf Kuba Geschäfte zu machen.

Zwei Männer mit Brille sind im Halbprofil zu sehen und schauen sich an: Frank Peter Apel (rechts) und ein kubanischer Geschäftspartner, der spricht und Apel dabei die Hand auf die linke Schulter legt
Leidenschaftlicher Unternehmer: Frank Peter Apel (rechts), hier im Gespräch mit einem kubanischen GeschäftspartnerBild: PASI Mariel Service

In diesem Jahr war Frank Peter Apel mit seiner Firma schon zweimal im kubanischen Fernsehen. Durch den flexiblen und schnellen Import über eine Service-Firma in Mariel konnte Kubas Antibabypillen-Produktion nach langem Stillstand wieder aufgenommen werden, so der Tenor des ersten Beitrags. "Die Produktion stand seit einem Jahr still, weil ein Spezialschlauch fehlte", erzählt Apel, ein hemdsärmeliger Berliner Unternehmer Anfang 50, in seinem Büro in Havanna. "Wir haben den Schlauch in Deutschland anfertigen lassen und per Luftfracht hergebracht. Innerhalb einer Woche war der eingebaut und wir waren in den Nachrichten."

Kubas Außenhandelsstrukturen stehen schnellen Lösungen oft im Wege. "Im Grunde genommen gibt es für jedes Produkt jeweils eine zentrale Importfirma", erzählt Apel. Die Eigenheiten der kubanischen Importwirtschaft veranschaulicht er an einem fiktiven Beispiel: "Da sitzt einer in Santiago de Cuba in seiner Raffinerie und hat ein dringendes Problem. Aber der Einkäufer in Havanna muss zunächst drei Angebote einholen und er muss beim billigsten Anbieter kaufen. Er kann zwar vielleicht begründen, dass das teurere Produkt langlebiger ist und die Gesamtkosten über die Lebenszeit des Produktes damit geringer sind. Aber die Rechnungsprüfer schauen nur auf den Preis. Und die sagen dann: Du hast nicht beim Billigsten gekauft, da war Korruption im Spiel. Um sich davor zu schützen, sind die Einkäufer quasi gezwungen beim Billigsten zu kaufen."

Hier noch im Bau: Neue Produktionshalle von PASI Mariel Service in der Sonderwirtschaftszone Mariel Bild: PASI Mariel Service

Sonderwirtschaftszone als Vorteil

Ähnlich lief es in der Antibabypillen-Fabrik, vermutet Apel. "Solange der Einkäufer nicht drei Angebote hat, kann er nicht abschließen. Aber wer bietet schon so einen Schlauch an?" Er schüttelt mit dem Kopf. "Eine ganze Fabrik steht zwölf Monate lang still - wegen eines einzigen fehlenden Schlauches!"

Möglich war die unkomplizierte Lösung nur, weil Apels Firma PASI Mariel Service (PAMAS) eine Niederlassung in der Sonderentwicklungszone Mariel eröffnet hat - als erstes deutsches Unternehmen überhaupt. Somit kann er direkt importieren. "Das ist der Vorteil von Mariel", sagt Apel. Die Sonderentwicklungszone rund um den Hafen Mariel, 45 Kilometer westlich von Havanna, feiert in diesem Jahr zehnjähriges Jubiläum. Mit besonders günstigen Zoll- und Steuerregelungen sollen ausländische Investoren angelockt werden, um die Wirtschaft in Schwung zu bringen. Bislang jedoch mit überschaubarem Erfolg.

Mittlerweile fertiggestellt: Produktionshalle von Pamas (PASI Mariel Service) Bild: PASI Mariel Service

US-Blockade und hausgemachte Unzulänglichkeiten

Denn es gibt attraktivere Standorte als Kuba. Die seit sechs Jahrzehnten bestehende US-Blockade und eigene Unzulänglichkeiten hemmen die wirtschaftliche Entwicklung. Gerade steckt das Land mal wieder in einer tiefen Wirtschafts- und Versorgungskrise. Der durch Corona bedingte Einbruch des Tourismus und die Verschärfung der US-Sanktionen haben Kubas Deviseneinnahmen einbrechen lassen. Vor allem junge Leute verlassen in Scharen das Land.

Nicht der beste Zeitpunkt, um auf Kuba zu investieren, möchte man meinen. Frank Peter Apel tut es trotzdem. Mitte Mai eröffnete die Niederlassung in Mariel. Da war er dann zum zweiten Mal im Fernsehen. In Mariel will PAMAS, ein Tochterunternehmen des Berliner Unternehmens Pumpen und Armaturen Service International (PASI), auf Kundenbedarf angepasste Hydraulik-Komponenten anfertigen und darauf bezogene Dienstleistungen anbieten. "Hydraulikschläuche werden überall gebraucht", sagt Apel. Ob im Nickelabbau, in der Wasserwirtschaft oder für den Betrieb von Baggern oder Kränen - "sie sind oft dafür verantwortlich, ob ein Gerät funktioniert oder stillsteht."

Alles ganz neu: Blick in die HalleBild: PASI Mariel Service

Apel ist seit 30 Jahren geschäftlich auf Kuba unterwegs. Sein Vater war Übersetzer in Allendes Chile und später Handelsrat an der DDR-Botschaft in Havanna. Einen Teil seiner Kindheit verbrachte Apel also auf Kuba. In der deutschen Wendezeit gründete der Vater die CON-IMPEX Handelsgesellschaft. Die war zunächst im Russlandgeschäft tätig; einen von spanischen Geschäftsfreunden vorgeschlagenen Einstieg in den Tourismus auf Kuba hatte der Vater Jahre zuvor ausgeschlagen. "Kuba dem Tourismus öffnen? Das wird Fidel nie machen. Das wäre der Tod der Revolution. Das ist ein Hirngespinst der Spanier", so seine Einschätzung. Nach einem Besuch Anfang der 1990er Jahre stieg CON-IMPEX dann "aus alter Liebe" doch ins Kubageschäft ein und Frank Peter Apel übernahm nach seinem Wirtschaftsstudium mit Schwerpunkt Internationale Finanzen und einem Kurz-Intermezzo bei einer Investmentbank in London die Niederlassung in Havanna.

Bedarf ist da, Finanzierung eher nicht

"Die Kubaner haben einen Riesenbedarf. Was den Handel aber schwierig macht, ist die Finanzierung. Die muss man dem Kunden stricken", sagt Apel. Über die Jahre habe man da Expertise aufgebaut. "Wir kennen die Banken, wir kennen die Finanzierungsmöglichkeiten. Oftmals ist das Hauptproblem das Zahlungsrisiko." Denn Kuba ist notorisch knapp bei Kasse. "Das Risiko kann man auszuschalten, indem man Zahlungsströme nimmt, die Kuba im Ausland zustehen - aus dem Nickelverkauf, dem Zuckerverkauf, dem Tourismus." Dann besteht nur noch das Risiko, dass kein Tourist mehr nach Kuba geht oder kein Nickel gefördert wird. Aus dem Zahlungsrisiko wird ein Performancerisiko. Wenn der Kredit dann stand, habe man geliefert, was gebraucht wurde, sagt Apel: Gießerei-Ausrüstung, Labor- und Analysegeräte, Pumpen und Armaturen für die Kraftwerke und Raffinerien…

"Es geht doch immer weiter, irgendwie": Frank Peter Apel, Geschäftsführer von PASI Mariel ServiceBild: PASI Mariel Service

Innen- und außenpolitische Faktoren aber erschwerten die Finanzierungen zunehmend. Als Raúl Castro ab 2008 die Staatsgeschäfte von seinem Bruder Fidel Castro übernahm, öffnete er zwar die Wirtschaft für ausländisches Kapital und ließ mehr Privatinitiative zu, gleichzeitig aber erhielt das Militär mehr Gewicht in der Wirtschaft und die Kontrolle nahm zu. "Die kreativen Lösungen nach Offshore-Erlösen und strukturierte Finanzierungen - das ging dann nicht mehr in dem Maße", sagt Apel. Irgendwann brachen wegen Zahlungsrückständen Kubas die Hermesdeckungen weg. Die fehlenden staatlichen Exportkreditversicherungen sind bis heute ein Hindernis für deutsche Firmen im Kuba-Geschäft.

"Es geht doch immer weiter, irgendwie"

Als die Finanzierungen schwieriger wurden, sei man mehr und mehr zum Handelsvertreter bestimmter Produkte geworden, sagt Apel. Die Palette reicht von namhaften Herstellern von Laboranalysegeräten für die Biotechnologie und den Pharmabereich wie Analytik Jena über hochdichtes Polyethylen des österreichischen Herstellers Borealis, das zur Fertigung von Wasserrohren verwendet wird, bis hin zu Düchting Pumpen, deren hochresistentes Material im Nickelbergbau gefragt ist. Um den Kunden vor Ort neben Verkauf auch Service anzubieten, hat sich das Berliner Familienunternehmen in Mariel angesiedelt. Die Sonderentwicklungszone bietet zahlreiche Vorteile. "Innerhalb meines Geschäftszwecks kann ich selbst importieren, ich verkaufe direkt an den Endkunden, die Zölle sind extrem niedrig und auch die Steuern", sagt Apel. Gerade im Service gewinne man an Flexibilität. Dafür ist es fast unmöglich geworden, Geld ins Ausland zu überweisen. Kuba ist notorisch knapp bei Kasse.

Auch sind die Geschäfte in Mariel eher langsam angelaufen. Die allgemeine Krise macht sich eben doch in den Auftragsbüchern bemerkbar. Entmutigen lässt sich Apel deswegen aber nicht. "Wenn man nicht ein unverbesserlicher Optimist wäre, wäre man nicht schon so lange hier. Die Engländer haben einen Spruch: It's always darkest before the dawn. Vor der Morgendämmerung ist es immer am dunkelsten", sagt Apel. "Ich glaube, das ist momentan der Augenblick. Aber es geht dann erstaunlicherweise doch immer weiter, irgendwie."

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