Kubas Kirchengipfel, Amerikas Argwohn
12. Februar 2016US-amerikanische Christen blicken eher argwöhnisch auf das Treffen zwischen Papst Franziskus und dem russisch-orthodoxen Patriarchen Kyrill. Vor allem aus politischen Gründen: Das Oberhaupt der größten orthodoxen Kirche wird oft wahrgenommen als Teil des autoritären Regimes von Russlands Präsident Wladimir Putin (beide im Artikelbild). "Patriarch Kyrill ist nicht weniger imperialistisch als die Zaren oder Putin", sagt etwa der Historiker Thomas Noble von der Notre Dame Universität im Bundesstaat Indiana.
Ist Kyrill ein Imperialist?
Wenn Papst Franziskus jetzt also den Patriarchen aus Moskau trifft, könnte dies als Unterstützung des Kremlchefs gedeutet werden. Kritisiert wird unter US-Christen auch, dass die katholische und die orthodoxe Kirche grundsätzlich sehr zurückhaltend sind im ökumenischen Dialog.
Eine Annäherung der beiden Kirchen, die an den Dogmen der ersten Jahrhunderte nach Christus festhalten, könnte in den USA auf viele wirken wie ein sich Entfernen von den Kirchen, die nach Martin Luther entstanden: Protestanten, Evangelikale, Lutheraner oder Freikirchler. Nicht-Katholiken und Nicht-Orthodoxe stellen die Mehrheit der 225 Millionen Christen in den USA.
Skepsis also, wenn es um den Kirchengipfel in Kuba geht - vor lauter öffentlicher Kritik an dem Treffen scheuen die meisten evangelischen oder protestantischen Theologen dann aber doch zurück.
"Wir erkennen deren Bischöfe nicht an"
Stanley Lemons vom Rhode Island College findet es gut, dass Papst Franziskus und Patriarch Kyrill mehrere Stunden zusammenkommen, um sich über die Verfolgung von Christen im Nahen und Mittleren Osten auszutauschen. Seiner Meinung nach kann alles, was die Einheit der Kirche fördert, nur gutgeheißen werden. Dass seine "First Baptist Church" mit dem Kirchengipfel aber sonst nicht viel zu tun hat, das stellt Lemons aber auch klar: "Wir haben eine ganz andere Politik und erkennen deren Bischöfe nicht an." Überhaupt seien die Strukturen bei den Baptisten ganz andere, kein Patriarch, kein Papst. "Bei uns kann jeder nur für sich sprechen."
Kathryn Kleinhans von den Lutheranern am Wartburg College in Iowa erinnert an die Geschichte, an das 16. Jahrhundert, als der Vatikan in Rom den Reformator Martin Luther exkommunizierte. In den Jahrzehnten danach hätten die Lutheraner die Nähe zur orthodoxen Kirche gesucht, hätten ihr programmatisches "Augsburger Bekenntnis" sogar ins Griechische übersetzt und dem orthodoxen Patriarchen nach Konstantinopel geschickt.
Episkopale Eiszeit. Grund? Ein schwuler Bischof
Und heute? Kleinhans verweist auf die ökumenische Beziehungen der Lutheraner sowohl zu Katholiken wie auch zu den Orthodoxen. "Da ist es doch gut, wenn unsere jeweiligen Gesprächspartner jetzt direkt miteinander reden."
Professor Tom Ferguson begrüßt den Kirchengipfel in Kuba. Der Dekan am Bexley Seabury Priesterseminar der Episkopalen Kirche erinnert daran, dass die Episkopalen in den USA jahrelang sehr gute ökumenische Kontakte zur Russisch Orthodoxen Kirche pflegten. Seit 2003 aber liegen die Beziehungen auf Eis.
Der Grund: Die Episkopalen ernannten einen Bischof, der sich offen zu seiner Homosexualität bekannte. Was in anderen Teilen der Welt also gespannt als "historisches Treffen" erwartet wird, erregt unter den mehrheitlich reformierten US-Christen kaum die Gemüter. "Am Ende", so Ferguson, "dürften die meisten Evangelikalen oder Anglikaner in den USA gar nicht mitbekommen, dass dieses Treffen auf Kuba überhaupt stattfindet."