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Guttenberg und Kundus

22. April 2010

Verteidigungsminister Karl-Theodor zu Guttenberg war während des Luftangriffs von Kundus noch nicht im Amt. Aber auch er geriet bei der Aufarbeitung unter Druck. Nun muss er sich dem Untersuchungsausschuss stellen.

Karl Theodor zu Guttenberg am 30. Maerz 2010 in Sarajevo, Bosnien. (Foto: AP)
Karl-Theodor zu GuttenbergBild: AP

Als Karl-Theodor zu Guttenberg (CSU) im Herbst 2009 das Verteidigungsministerium übernimmt, ist er der Shooting-Star der schwarz-gelben Regierung: Kompetent, dynamisch und selbstbewusst hatte der 38-Jährige bereits das Wirtschaftsressort geführt, nun soll er seine Fähigkeiten an der Spitze der Bundeswehr unter Beweis stellen. Doch die Kundus-Affäre wirft bald einen Schatten auf seine Amtszeit.

Erst angemessen, dann doch nicht

Ist es zunächst ein leichtes für Guttenberg, besser dazustehen als sein blasser Vorgänger Franz Josef Jung (CDU), so greift er bei der Bewertung des folgenschweren Luftangriffs von Kundus daneben. Schon wenige Tage nach seinem Amtsantritt lädt Guttenberg die Presse ins Verteidigungsministerium ein. Dort spricht er - das war neu - von Fehlern, die bei dem bisher schwersten Angriff in der Geschichte der Bundeswehr gemacht worden seien. Dessen ungeachtet bewertet er den Luftschlag mit bis zu 142 Toten als "militärisch angemessen".

Diese mit selbstsicherem Gestus vorgetragene Einschätzung hält der Realität nicht lange stand. Schon seit Monaten ist bekannt, dass unter den Toten nicht nur Taliban, sondern auch viele Zivilisten waren. Also wirklich ein "angemessener Angriff" in einem Einsatz, der die Zivilbevölkerung schonen soll? Die Opposition und die Medien bleiben kritisch.

Rauswurf auf höchster Ebene

Von Guttenberg entlassen: Generalinspekteur SchneiderhanBild: AP

Die Situation spitzt sich zu, als eine deutsche Boulevardzeitung Details aus dem sogenannten Feldjägerbericht veröffentlicht, den ein deutscher Soldat nach dem Luftangriff angefertigt hat. Guttenberg kennt diesen Bericht nach eigenem Bekunden nicht, wofür er zwei wichtige Mitarbeiter verantwortlich macht: Staatssekretär Peter Wichert und Generalinspekteur Wolfgang Schneiderhan, den höchsten deutschen Soldaten.

Am 25. November 2009 entlässt Guttenberg beide mit der Begründung, sie hätten ihm wichtige Akten vorenthalten. Wichert und Schneiderhahn sind überrascht, da sie den Feldjägerbericht für nicht relevant halten. Entscheidend sind für sie die Informationen im Untersuchungsbericht der NATO, den Guttenberg gelesen hat. Vor allem der hoch angesehene Schneiderhan fühlt sich in seiner Ehre getroffen, als Guttenberg ihm "Unterschlagung" vorwirft. Den 63-jährigen Vier-Sterne-General, der jahrzehntelang loyal der Bundeswehr gedient hat, macht sich der junge Minister so zum Feind.

Minister unter Druck

Nun ist auch Guttenberg mitten in der Kundus-Affäre angekommen. Die Ereignisse überschlagen sich. Ex-Verteidigungsminister Jung, inzwischen Arbeitsminister, tritt zurück. Jung hatte anfangs beteuert, es seien nur Taliban getötet worden und es unterlassen, Parlament und Öffentlichkeit aufzuklären. Guttenberg revidiert überraschend seine Einschätzung, der Angriff sei "militärisch angemessen" gewesen. Erfahrene Verteidigungspolitiker sind irritiert. "Wie kommt er zur Fehleinschätzung, und wie kommt er zur Korrektur dieser Fehleinschätzung?" will der Sozialdemokrat Rainer Arnold wissen. Der Feldjägerbericht könne dafür nicht ausschlaggebend sein.

Als immer neue Details über die Operationsführung bekannt werden, setzt das Parlament einen Untersuchungsausschuss ein, der im Januar 2010 seine Arbeit aufnimmt. Nach Oberst Georg Klein, der den Befehl zum Luftangriff gab, Ex-Generalinspekteur Schneiderhan und Ex-Verteidigungsminister Jung soll sich auch der amtierende Minister den Fragen der Parlamentarier stellen.

Zwischen Medienhype und Sachpolitik

Vor allem die Umstände der Entlassung Wicherts und Schneiderhans sollen bei der Ausschusssitzung mit Guttenberg am Donnerstag (22.04.2010) Thema sein. Außerdem soll der Verteidigungsminister erklären, aufgrund welcher Informationen er seine Bewertung des Luftangriffs revidiert hat.

Dem Antrag eines Fernsehsenders, die Sitzung live zu übertragen, stimmte Guttenberg selbst zu, seine Parteikollegen aber lehnten ab. Sie wollen ihren Politstar, dessen Ruf so schnell einen Kratzer bekam, nach Kräften schonen. "Das ist ein Untersuchungsausschuss Kundus und kein Spektakel Guttenberg", sagt der CDU-Obmann im Ausschuss, Ernst-Reinhard Beck.

CDU und CSU plädieren dafür, die Beweisaufnahme nach der Befragung Guttenbergs zu schließen und die Arbeit des Ausschusses zügig zu beenden. Die Opposition hingegen will unter anderem noch die Bundeskanzlerin anhören. Die leistet ihrem Minister aber zunächst einmal Schützenhilfe, indem sie am Tag seiner Befragung eine Regierungserklärung zum Afghanistan-Einsatz abgibt.

Autor: Nina Werkhäuser

Redaktion: Kay-Alexander Scholz

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