1. Zum Inhalt springen
  2. Zur Hauptnavigation springen
  3. Zu weiteren Angeboten der DW springen

200 Jahre Städel Museum

Hans Joachim Hennig15. März 2015

Am 15. März 1815 vermachte Johann Friedrich Städel seine Kunstsammlung einer bürgerlichen Stiftung. Sie bildete den Grundstein für das Städel Museum in Frankfurt. Eine Erfolgsgeschichte.

Deutschland 200. Jubiläum des Städel Museums in Frankfurt a.M. EINSCHRÄNKUNG
Bild: Städel Museum

Städel 2.0: Geht so das Museum der Zukunft?

05:17

This browser does not support the video element.

Goethe war begeistert. Er besuchte Johann Friedrich Städel gleich mehrfach. Der Bankier zeigte ihm seine beachtliche Kunstsammlung. Die fast 500 Gemälde und unzähligen Zeichnungen und Druckgrafiken präsentierte er auf zwei Etagen in seinem Wohnhaus am Roßmarkt in Frankfurt am Main. Wer sich für Kunst interessierte, konnte sich vom Hausherrn durch die Sammlung führen lassen. Dieses Angebot nahm auch Johanna Schopenhauer, die Mutter des Philosophen Arthur Schopenhauer, an. Sie besuchte den damals schon über 80-Jährigen im Jahr 1816 kurz vor seinem Tod.

Trotz seines Alters ließ er es sich nicht nehmen, Johanna Schopenhauer persönlich durch die Räume zu führen. "Er machte uns selbst, trotz seines hohen, mit mancher Beschwerde verknüpften Alters, auf seine vorzüglichsten Gemälde aufmerksam, deren Anblick ihn wieder zu verjüngen schien", schrieb sie über ihren Besuch der Sammlung.

Städels Wohnhaus am Roßmarkt in FrankfurtBild: Deutsche Bank AG, Historisches Institut, Frankfurt am Main

Mit seinem Testament begründete der Bankier und Gewürzhändler als erster Bürger im deutschsprachigen Raum ein öffentliches Kunstmuseum und eine Kunstakademie. Heute ist das Frankfurter Städel eines der renommiertesten Museen in Europa.

Stammgast Goethe

Goethe ist, wenn man so will, immer noch ein Stammgast im Städel. Das Museum beherbergt die beiden vielleicht berühmtesten Bilder des Dichters. Das Portrait des Künstlers Johann Heinrich Wilhelm Tischbein, welches er 1787 auf Goethes Romreise anfertigte. Und Andy Warhols Goethe-Siebdruck.

Tischbeins Gemälde "Goethe in der Campagna" war eine von zahlreichen Schenkungen an das Museum. Als Stiftung ist das Städel auf solche Zuwendungen aus der Bürgerschaft angewiesen. Das ist auch in der Gegenwart noch so. Max Hollein, Direktor des Städel Museums, gilt als einer der erfolgreichsten Netzwerker, der mit ausgefallenen Ideen Leihgeber und Stifter um den Finger wickelt. Seit 2006 leitet er das Städel. Gerade erst hat er seinen Vertrag bis 2018 verlängert. Marketing für Ausstellungen betreibt er mit großer Rafinesse. Er lässt in Bäckereien Städel-Brote oder in Drogerien hochwertige Fotodrucke von Städel-Kunstwerken verkaufen.

Max Hollein ist seit 2006 Direktor am StädelBild: Städel Museum

Er ist auch einer der unkonventionellsten seines Fachs, wenn es darum geht Museen und Sammler zu überzeugen, ihre Werke zu verleihen. Für eine Matisse Ausstellung hat er einmal eine Erbin mit einer Sacher-Torte überzeugt. Für die aktuelle Ausstellung "Die Geburt des Impressionismus" überzeugte er nicht mit Süßgebäck, dafür aber sorgte das ein oder andere Glas Rotwein für reibungslose Verhandlungen, erzählt Hollein im Gespräch mit der DW.

Monet und Van Gogh

Hollein knüpft an gewachsene Traditionen an. Leih- und Geldgeber mussten auch vor hundert Jahren bekniet werden. "Es ist mir gelungen mit den letzten noch lebenden Hauptmeistern der Französischen Malerei des 19. Jahrhunderts in Verbindung zu treten, dadurch eröffnet sich die Möglichkeit […] einige Werke von ihnen noch zu bekommen", schrieb der damalige Direktor Georg Swarzenski im Jahr 1910 an den Frankfurter Bürgermeister. Und er zog einen Trumpf aus der Tasche: "Ich habe jetzt schon ein Hauptwerk von Monet vorzulegen, dessen Erwerbung ein Ereignis ersten Ranges bedeuten würde und auch beim Publikum Beifall finden wird." Sein Bitten wurde erhört und er konnte das Werk "Das Mittagessen" von Claude Monet für sein Museum kaufen. Das Bild ist auch heute noch im Städel zu sehen und zählt zu den Höhepunkten der Impressionismus-Ausstellung.

Viele Bilder mussten das Museum aber auch wieder verlassen. 1937 beschlagnahmten die Nazis etliche Werke, die sie als "entartet" brandmarkten. Das berühmteste Werk war Van Goghs "Porträt des Dr. Gachet", das 1912 von Swarzenski für das Museum erworben werden konnte. Es wurde verkauft und wechselte mehrfach den Besitzer, bis es 1990 bei einer Auktion für 82,5 Millionen Dollar von dem Japaner Saitō Ryōei ersteigert wurde. Er starb 1996. Das Bild wurde nie mehr ausgestellt.

700 Jahre Kunstgeschichte für unterwegs

Städel besaß zwar "nur" 1,3 Millionen Gulden, trotzdem war er einer der reichsten Männer Frankfurts. Sein Sammlungsschwerpunkt war die Malerei des 17. und 18. Jahrhunderts, heute deckt das Museum 700 Jahre Kunstgeschichte ab. Neben den umfangreichen Werken der alten Meister und der klassischen Moderne hat seit 2012 auch die Gegenwartskunst ihren eigenen Bereich. Er liegt in einem Erweiterungsbau, der komplett unter der Erde liegt und durch 195 Bullaugen mit Tageslicht beleuchtet wird.

Die Städel-App gibt es fürs Handy und TabletBild: Städel Museum

Nicht nur die räumliche, sondern vor allem die digitale Erweiterung des Museums zählt zu den Errungenschaften von Direktor Hans Hollein. Er sorgte nicht nur für eine App, sondern auch für Kunstgeschichtskurse, die das Museum online anbietet. Im Städel gibt es einen freien Internetzugang. Und pünktlich zum Geburtstag startet die "Digitale Sammlung": Nach und nach sollen dort alle Werke kostenfrei für jedermann im Netz abrufbar sein. Besser kann man Städels Vorstellung von einem Museum für die Bürger nicht für Jahr 2015 umsetzen.

Den nächsten Abschnitt Mehr zum Thema überspringen