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KunstEuropa

Kunst-Krimi um afrikanischen Prinzen von Gustav Klimt

Gaby Reucher
19. März 2025

15 Millionen Euro kostet das Porträt eines westafrikanischen Prinzen von Gustav Klimt. Es wird derzeit auf einer Kunstmesse angeboten. Doch spannender als der Preis ist die Geschichte, die dahintersteckt.

Besucher betrachten das Gemälde von Gustav Klimt auf der Kunstmesse TEFAF.
Porträt von William Nii Nortey Dowuona - lange war dieses Werk des Malers Gustav Klimt verschollenBild: Oliver Berg/dpa/picture alliance

Lange Zeit galt das Bild mit dem Prinzen aus Westafrika als verschollen. Gustav Klimt hatte den Schwarzen 1897 portraitiert. Nach 1938 verlor sich die Spur des Bildes. In der Kunstbranche ist es eine Sensation, dass das Bild wieder aufgetaucht ist, und jetzt auf der Tefaf Kunstmesse im niederländischen Maastricht für 15 Millionen Euro verkauft werden soll. Ein Sammlerehepaar hatte das stark verschmutzte Bild in die Galerie der Wiener Kunsthändler Wienerroither & Kohlbacher gebracht.

Die Wiener Galerie ist seit 25 Jahren auf Gustav Klimt spezialisiert. "Das war für uns eine riesige Überraschung", sagt Geschäftsführer Alois Wienerroither im Gespräch mit der DW. Welcher Schatz sich hinter dem Schmutz verbarg, haben die Galeristen nicht gleich erkannt. "Wir haben das Bild angeschaut, es war verschmutzt und hatte auch einen schlechten Rahmen, das hat gar nicht nach Klimt ausgesehen", sagt Wienerroither. Nach der Reinigung war klar, es handelt sich um das Gemälde des westafrikanischen Prinzen, der aus dem heutigen Ghana stammte.

Klimt: Vorreiter der österreichischen Avantgarde

Der Wiener Gustav Klimt (1862 – 1918) gehörte Ende des 19. Jahrhunderts zu den bedeutendsten Malern Österreichs. Er gilt als Vertreter des Wiener Jugendstils. Berühmt sind seine abstrakten Frauenporträts, wie etwa "Der Kuss" oder "Die goldene Frau".

Eins der berühmtesten Bilder von Gustav Klimt "Der Kuss" im Belvedere Museum WienBild: imago/United Archives International

1897 gründete Klimt mit einer Gruppe gleichgesinnter Avantgarde-Künstler die sogenannte "Wiener Secession". 50 Künstlerinnen und Künstler wollten mit der realistischen Malerei des Historismus brechen und wandten sich dem Jugendstil zu. Gustav Klimt war der Präsident der neuen Vereinigung.

In dieser Umbruchphase hatte Klimt das Porträt des westafrikanischen Prinzen gemalt, bei dem der Prinz selbst sehr realistisch dargestellt ist. Für Alois Wienerroither ist es ein Schlüsselbild. "Der florale Hintergrund des Bildes ist schon modern und erinnert auch an das Porträt der Sonja Knips, Tochter aus einer Offiziersfamilie, das er ein Jahr später gemalt hat, auch mit einem floralen Hintergrund."

Völkerschauen in Wien

Nach letztem Wissensstand hat der Prinz aus Ghana im Rahmen einer sogenannten "Völkerschau" Gustav Klimt selbst Modell gestanden. Der Tiergarten im Vergnügungspark "Wiener Prater" lag mit seinen "ethnographischen Schaustellungen" im Trend der Zeit. Völkerschauen waren um die Jahrhundertwende populär. Menschen aus anderen Kulturen wurden zwangsweise zur Schau gestellt oder präsentierten sich aufgrund von Lockangeboten seitens der Auftraggeber bei diesen Schauen.

In Deutschland gab es entsprechende Veranstaltungen etwa im Tierpark Hagenbeck aus Hamburg. Die Menschen der vorgestellten Ethnien wurden oft wie Tiere im Zoo unter widrigen Umständen auf Freiflächen gehalten und dem schaulustigen Publikum präsentiert. Aus heutiger Sicht waren es oft rassistische und unwürdige Darbietungen.

Menschenschau um 1900 herum in Hagenbecks TierparkBild: akg-images/picture alliance

Wie der Prinz zu Klimt nach Wien kam

Wie Gustav Klimt mit dem westafrikanischen Prinzen zusammenkam, war lange Zeit ungeklärt. Der Kunsthistoriker, Fotograf und Museumsmanager Alfred Weidinger hat 2007 ein Werkverzeichnis der Klimt-Gemälde herausgegeben und in diesem Zusammenhang herausgefunden, dass der Wiener Tiergaren 1897 Stammesvertreter der Volksgruppe der "Osu" aus Westafrika eingeladen hatte.

Als Anführer der Gruppe schickte man den Neffen des Osu-Königs, William Nii Nortey Dowuona, nach Wien. Der Prinz saß nicht nur Gustav Klimt Modell, sondern auch dem Künstlerkollegen Franz Matsch, dessen Gemälde von Nii Nortey Dowuona im Musée National d'Histoire et d'Art in Luxembourg hängt.

Ein Krimi um das Prinzenbild

Nach Gustav Klimts Tod (1918), kaufte eine gewisse Ernestine Klein das Studio des Künstlers und baute es zu einer Villa aus. Das Porträt des Prinzen ersteigerte sie möglicherweise 1923 bei einer Auktion in Wien, was aber nicht belegt ist. Im Katalog der Auktion findet sich zumindest eine Schwarzweiß-Abbildung des Gemäldes. 1928, zehn Jahre nach Klimts Tod, tauchte das Bild auf einer Jubiläumsausstellung auf. "Und da konnten wir den Rückholschein finden", sagt Alois Wienerroither, der sich wegen der Provenienz des Bildes auf Spurensuche des begeben hatte. "Da hat Ernestine Klein das Bild von der Ausstellung zurückbekommen und den Erhalt unterschrieben."

Da ihr Mann Jude war, musste die Familie 1938 vor den Nationalsozialisten fliehen. Adolf Hitler hatte Österreich annektiert beim sogenannten "Anschluss Österreichs an Deutschland". "Es deutet alles darauf hin, dass sie alle Werke im Haus zurückgelassen haben. Als sie nach dem Krieg wiederkamen, war alles weg", sagt Wienerroither. Da das Bild nach dem Krieg auf keiner Auktion erschien, vermutet der Galerist, dass es über den Kunsthandel weiterverkauft wurde.

Bei Verkäufen von Bildern, die - wie hier von den Nationalsozialisten - beschlagnahmt oder gestohlen wurden, muss die Herkunft, die Provenienz, geprüft werden. Alois Wienerroither war deshalb bei den Nachkommen der Familie Klein und hat sich mit Ihnen finanziell geeinigt. "Da gibt es mehrere Erben und das hat lange gedauert, bis wir dann endlich eine Einigung verhandelt haben." 

Besuch bei der Prinzen-Familie

Doch damit ist die Geschichte noch nicht zu Ende. In Ghana fängt sie gerade erst an. "Bei diesem Prinz ist erwiesen, wer er ist, und man hat sogar schon die Nachkommen ausfindig gemacht", erzählt Alois Wienerroither. Es sei ein Zufall gewesen. "Alfred Weidinger, der das Werkverzeichnis zu Klimt geschrieben hat, hatte schon seit Jahren Fotos von Königen in Afrika gemacht." Auf diese Weise spürte er auch die Familie von William Nii Nortey Dowuona in Ghana auf. "Er ist jetzt im Kontakt mit der Familie. Das ist unglaublich. Angeblich haben sie noch Sachen, die sie damals aus Wien mitgebracht haben, die sind noch in der Familie."

Ein Treffen mit Weidinger und der Familie in Ghana ist geplant. Aus der ganzen Geschichte um das Gemälde von Klimt und die Person des westafrikanischen Prinzen wird eine 50-minütige Fernseh-Dokumentation entstehen.

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