Kunstkompass: Gerhard Richter führt Ranking an
23. Oktober 2019In der Bestenliste des "Kunstkompass", den die Kölner Kunstkritikerin Linde Rohr-Bongard alljährlich in der Zeitschrift "Capital" veröffentlicht, folgen auf den deutschen Gerhard Richter der US-Künstler Bruce Nauman und die beiden Deutschen Georg Baselitz und Rosemarie Trockel. In der Spitzengruppe rangieren dann Cindy Sherman (USA), Tony Cragg (Großbritannien), Anselm Kiefer (Deutschland), Olafur Eliasson (Dänemark), William Kentridge (Südafrika) und - als Neuzugang unter den ersten Zehn - die schweizerische Multimedia-Meisterin Pipilotti Rist.
Die teuersten Kunstwerke der Welt
Für 71,35 Millionen Dollar ist gerade ein Van-Gogh-Gemälde versteigert worden. Sehr viel Geld - im Verhältnis zu den Top 3 allerdings geradezu "günstig".
Das teuerste Gemälde der Welt
Mehr als 450 Millionen Dollar zahlte ein unbekannter Bieter im November 2017 beim Auktionshaus Christie's für "Salvator Mundi", das einzige Werk Leonardo da Vincis in Privatbesitz. Um 1500 entstanden, zählt es heute zu den weniger als 20 erhaltenen Gemälden des Meisters. 1958 hatte das Werk für 60 Dollar den Besitzer gewechselt - im Glauben, es sei kein Original. Die Echtheit ist noch umstritten.
Picasso auf Platz zwei verdrängt
Vor dem Verkauf des "Salvator Mundi" hatten Pablo Picassos "Frauen von Algier" alle bisherigen Preisrekorde gebrochen: Für mehr als 179 Millionen Dollar (etwa 160 Millionen Euro) wechselte das Bild des spanischen Malers am 11. Mai 2015 den Besitzer - auch beim Auktionshaus Christie's. Damit ist Picasso insgesamt fünf Mal unter den Top Ten der Gemälde mit den höchsten Auktionserlösen vertreten.
Platz drei: Amadeo Modigliani
Das Gemälde "Nu couché" ("Red Nude") des italienischen Malers, Zeichners und Bildhauers Amadeo Modigliani war 1917 ein Skandal. Am 9. November 2015 versteigerte Christie's das Werk bei einer Auktion in New York für 170,4 Millionen Dollar. Käufer war der chinesische Geschäftsmann Liu Yiqian.
142,4 Millionen für Francis Bacon
"Drei Studien von Lucian Freud" von Francis Bacon ist ein Triptychon: drei einzelne Gemälde, die zusammen eine Einheit bilden. Es zählt nicht ins Ranking der Einzelgemälde. Ein Unbekannter ersteigerte die drei Porträts von Bacons Malerkollegen Lucian Freud im November 2013 für 142,4 Millionen US-Dollar.
119,9 Millionen für Edvard Munch
Im Mai 2012 wurde das Gemälde "Der Schrei" von Edvard Munch für 119,9 Millionen Dollar versteigert. Wieso zahlen Menschen so viel Geld dafür? "Kunst ist mobil, Kunst gefällt. Und bei berühmten Künstlern überzeugt auch die Hoffnung auf finanzielle Stabilität oder sogar Wertsteigerung", erklärt Karl Arnold, Inhaber des Auktionshauses Arnold in Frankfurt.
Picasso-Gemälde auf Weltrekord-Auktion
Pablo Picassos "Junges Mädchen mit Blumenkorb" hat es unter die Top Ten der am teuersten versteigerten Gemälde der Welt geschafft. Verkauft wurde es im Mai 2018 für 115 Millionen Dollar bei Christie's in New York. Die Versteigerung der privaten Kunstsammlung des US-Milliardärs David Rockefeller hat den bisherigen Weltrekord gebrochen: mit 648,4 Millionen Dollar Erlös.
Monets Heuhaufen im Sonnenlicht
Im Lichte der untergehenden Sonne gewinnen die Heuhaufen Kontur. Vielfarbige Lichtstrahlen erhellen das Feld. Claude Monet (1840-1926) hat die stimmungsvolle Szenerie malerisch eingefangen. Sein Gemälde "Meules" wechselte jetzt in New York im Auktionshaus Sotheby's für umgerechnet 111 Millionen Dollar den Besitzer, eine Rekordsumme für ein Werk des französischen Impressionisten.
106,5 Millionen Dollar für eine nackte Dame
Pablo Picasso malte das Gemälde "Akt mit grünen Blättern und Büste" an einem einzigen Tag im Jahr 1932. Würde er noch leben, hätte er einen Millionen-Stundensatz kassiert. 106,5 Millionen Dollar zahlte 2010 ein unbekannter Telefonbieter für das Gemälde, auf dem die Geliebte Picassos zu sehen ist.
Die teuerste Skulptur
Auch eine Arbeit des Schweizer Bildhauers Alberto Giacometti hat bei der Christie's-Auktion im Mai 2018 in New York einen Rekord gebrochen: Der berühmte "Zeigende Mann" wurde für 141,3 Millionen Dollar verkauft. Würde man Gemälde und Skulpturen im selben Ranking betrachten, käme Giacomettis Werk auf Platz vier.
Rekorde übertreffen sich
Schon Giacomettis "Schreitender Mann I" war ein Auktionsschlager: 2010 wurde er bei Sotheby's für 104,3 Millionen Dollar verkauft. "Der Preis des Kunstwerkes wird vom Markt getragen", erklärt Auktionator Karl Arnold. "Kunst ist ein Wirtschaftsfaktor wie Mode und folgt dem kapitalistischen Modell von Angebot und Nachfrage."
Jeff Koons "Rabbit" jetzt teuerstes Werk eines lebenden Künstlers
Das Tier ist aus Stahl und 104 Zentimeter hoch. Sein Erzeuger, Kunst-Pfiffikus Jeff Koons, hat ihm nicht einmal einen Namen gegeben. Bis heute heißt es "Rabbit" und ist nun das teuerste Werk eines lebenden Künstlers, denn für 91,1 Millionen Dollar wurde es bei Christie's in New York versteigert. Diesen Rekord hielt zuletzt ein Gemälde des britischen Malers David Hockney.
37 Millionen Dollar für "Domplatz, Mailand"
Bevor Koons "Balloon Dog" versteigert wurde, galt der Deutsche Gerhard Richter als der "teuerste" lebende Künstler. Er selbst hält allerdings nicht viel von den Millionenpreisen, die für Kunst bezahlt werden. "Da besteht doch ein völliges Missverhältnis zwischen dem Wert und der Relevanz von Kunst und diesen wahnwitzigen Preisen, die dafür gezahlt werden", so Richter in einem Spiegel-Interview.
Der reichste Künstler der Welt
Er verdient Millionen: Damien Hirst ist nicht nur reich, sondern auch umstritten. Bekannt wurde der britische Künstler durch seine provozierenden Plastiken, die sich mit den Themen Tod, Leben, Religion oder Konsumkultur auseinandersetzen. Seine berühmtesten Werke sind ein in Formaldehyd eingelegter Hai (Foto) sowie ein diamantbesetzter Totenschädel mit dem Titel "For the Love of God".
Das teuerste Kartenspiel der Welt
"Privatkäufe sind nicht nachvollziehbar. Bei Auktionen hingegen können mehrere Menschen den Kauf bezeugen", sagt Auktionator Arnold. Die 259 Millionen Dollar, die angeblich für Paul Cézannes "Die Kartenspieler" bezahlt wurden, sind nicht belegt, würden das Werk aber auf Platz 2 katapultieren. "Bei nicht transparenten Privatkäufen können Steuern hinterzogen werden", gibt Arnold zu bedenken.
Millionen für privat verkaufte Gemälde
"Adele Bloch-Bauer I" von Gustav Klimt (Bild) wurde 2006 für 135 Millionen Dollar privat verkauft. Im Gegensatz zu "Die Kartenspieler" von Cézanne gilt dieser Kauf als gesichert. Willem de Koonings "Woman III" gehört mit seinen 137,5 Millionen Dollar ebenfalls zu den teuersten Privatkäufen. Noch mehr war "No. 5" von Jackson Pollock einem unbekannten Käufer wert: Er zahlte 140 Millionen Dollar.
Teurer als erwartet
Das Gemälde "Junger Mann mit Medaillon" von Sandro Botticelli ist im Januar 2021 bei Sotheby's für 92,2 Millionen Dollar versteigert worden. So viel war noch nie zuvor bei einer Versteigerung für ein Werk des italienischen Renaissance-Meisters bezahlt worden - taxiert war das Gemälde zuvor auf rund 66 Millionen Dollar.
71,35 Millionen Dollar für Van Gogh
Das Gemälde "Cabanes de bois parmi les oliviers et cyprès" von Vincent van Gogh zeigt Holzhütten zwischen Olivenbäumen und Zypressen. Für die 71,35 Millionen Dollar, die das 1889 entstandene Werk einem anonymen Bieter wert war, bekäme man gleich mehrere Luxus-Villen. Im November 2021 wurde das Bild bei einer Herbstauktion des Auktionshauses Christie's in New York versteigert.
Die Liste der 100 wichtigsten Aufsteiger führt dieses Jahr der afroamerikanische Videokünstler Arthur Jafa an. Er gewann auf der Venedig-Biennale den Goldenen Löwen als bester Künstler. Es folgen die Filmemacherin und Autorin Hito Steyerl und die US-Konzeptkünstlerin Adrian Piper. Beide leben in Berlin. Den Angaben von "Capital" zufolge sind 63 der 100 "Stars von morgen" Frauen. "So viele wie noch nie in der fast 50-jährigen Geschichte des 'Kunstkompass'", erläutert Rohr-Bongard.
Der seit 1970 erscheinende "Kunstkompass" basiert auf Daten von weltweit 30.000 Künstlern. Dabei zählen Museumsausstellungen, Fachrezensionen, Ankäufe führender Museen und Auszeichnungen. Kaufpreise und Auktionserlöse bleiben hingegen unberücksichtigt. Dahinter steckt die Annahme: Zwar sei die Qualität von Kunst nicht messbar, jedoch ihre Resonanz in der Kunstwelt.
Elf Künstlerinnen aus Deutschland, die man kennen sollte
In der Kunst dreht sich der Wind. Frauen übernehmen das Ruder - auch in Deutschland. Wir stellen elf deutsche und in Deutschland lebende Künstlerinnen vor.
Hito Steyerl
Die diesjährige Käthe-Kollwitz-Preisträgerin Hito Steyerl vertrat Deutschland 2015 auf der Biennale von Venedig. Als erste Frau ist sie 2017 auf Platz eins der "Power 100" der Zeitschrift Art Review gelandet, einer Liste der mächtigsten Personen im Kunstbetrieb. Wie sie in ihren Videos das Thema Überwachung oder militärische Auseinandersetzungen verarbeitet, beeinflusst andere Künstler.
Katharina Fritsch
Auf dem Londoner Trafalgar Square steht ein Denkmal zu Ehren des britischen Kriegshelden Admiral Nelson. Drei der Säulen an den Ecken werden von Reiterstandbildern geziert. Die vierte ist seit 1999 Kunstwerken vorbehalten. 2013 wurde der blaue Hahn der deutschen Künstlerin Katharina Fritsch installiert. Ihre Skulpturen sind meist lebens- oder überlebensgroß und in monochromen Farben gehalten.
Isa Genzken
Den Ritterschlag erhielt Isa Genzken 2013 mit einer Retrospektive im Museum of Modern Art in New York. Doch auch zuvor nahm die Bildhauerin an verschiedenen documentas und den Skulptur Projekten Münster teil. Anfangs setzte sie sich mit den Utopien der Architektur der Moderne auseinander, seit den 2000er Jahren arbeitet sie mit apokalyptischen Installationen aus billigen Materialien.
Katharina Grosse
Katharina Grosse, ehemalige Meisterschülerin von Gotthard Graubner, gilt als innovative Senkrechtstarterin, der es gelungen ist, der Malerei neue Dimensionen zu erschließen. Den Pinsel hat die Berlinerin gegen Spritzpistolen getauscht. Sie malt auf Wände, Decken, Fußböden in Museen, Privatsammlungen und Unternehmen. Dabei entstehen mitunter chaotische Farbräume, die den Betrachter mit einbeziehen.
Rebecca Horn
Rebecca Horn, 1944 in Michelstadt geboren, hat Erfahrung damit, Erste zu sein: 1989 erhielt sie als erste Frau eine Professur an der Berliner Hochschule der Künste, 1992 als erste Frau den Kaiserring der Stadt Goslar, 1993 als erste Frau eine Retrospektive im New Yorker Guggenheim-Museum. Und 2017 als erste Frau den Lehmbruck-Preis.
Anne Imhof
Anne Imhof veranstaltete 2017 im Deutschen Pavillon auf der Biennale in Venedig eine Mammut-Performance, für die sie mit dem Goldenen Löwen ausgezeichnet wurde. Unter dem Titel "Faust" spielte sie mit den Themen Macht und Ohnmacht, Willkür und Gewalt, Widerstand und Freiheit. Im März wird sie in der Londoner Tate Modern das Performancefestival "Tate Live" bespielen.
Alicja Kwade
Alicja Kwade wurde in Polen geboren, lebt aber schon lange in Berlin. Die Konzeptkünstlerin arbeitet oft mit Steinen, aber auch mit Glas, Ketten, Spiegeln und Uhren. Zuletzt installierte sie in ihrer Berliner Galerie eine riesige Uhr an einer Kette von der Decke, die sich in großen Bahnen durch den Raum schwang. Der Besucher konnte sich diesem Anblick nicht entziehen.
Natascha Sadr Haghighian
Die Künstlerin Natascha Sadr Haghighian bespielt 2019 den deutschen Pavillon der Kunst-Biennale in Venedig. Sie trägt das Pseudonym Natascha Süder Happelmann - und zur Präsentation eine Steinmaske. Sie spielt mit Identitäten in ihrer Kunst und hat schon eine Tauschbörse für Lebensläufe gegründet. Auch ihre eigene Biographie ändert sie permanent. Sie war schon zwei Mal zur documenta eingeladen.
Katharina Sieverding
Sie war eine der ersten, die Großformate benutzte, und eine der ersten, die die Manipulation von Bildern deutlich machte. In den 1960ern leitete sie das Zeitalter der großformatigen Fotokunst ein. Sie stellt Fragen zu den künstlerischen, politischen und gesellschaftlichen Bedingungen für Produktionsprozesse und die Rezeption von Kunst. Katharina Sieverding erhielt 2017 den Käthe-Kollwitz-Preis.
Rosemarie Trockel
Rosemarie Trockel wurde durch zahlreiche internationale Ausstellungen bekannt. Zu ihrem Werk gehören neben Strick- auch Herdplatten-Bilder. Auf farbigen Flächen sind Elektrokochplatten wie schwarze Kreise platziert. Eine Anspielung auf das Klischee von der Frau am Herd, aber auch eine ironische Hommage an die Rasterpunkte, mit denen viele Künstler der sogenannten "Pop Art" arbeiteten.
Haegue Yang
Sie kommt aus Seoul, lebt in Berlin und stellt ebenfalls in der ganzen Welt aus. In ihrer Kunst verwandelt sie Alltagsgegenstände in surreale Objekte, die viele, oft auch lustige Assoziationen wecken. Sie benutzt Material vom Baumarkt oder auch Einrichtungsgegenstände wie Jalousien (documenta 13), die sich wie von Geisterhand bewegen und seltsame Geräusche machen. Ein poetisches Werk voller Humor.
sd/ld (dpa/Capital)