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Kunst

Verschollene Werke deutscher Künstler in China?

21. November 2019

In China sollen wichtige Werke deutscher Künstler abhanden gekommen sein. Betroffen sind Künstlerstars wie Markus Lüpertz oder Anselm Kiefer. Ein dubioser Fall, meint ein chinaerfahrener Kunstexperte.

Ein chinesischer Drache
Bild: picture-alliance/dpa/U. Anspach

Fast 250 Werke namhafter deutscher Künstler, darunter von Markus Lüpertz und Anselm Kiefer, sollen Medienberichten zufolge im Reich der Mitte verschollen sein. "Wir wissen nicht, wo die Arbeiten sind, wie sie gelagert sind, ob sie den nötigen Schutz und Pflege erhalten", zitiert die "Süddeutsche Zeitung" den Künstler Markus Lüpertz, der bei einer Pressekonferenz in Peking auftrat. Er sei eigens nach China gereist, so Lüpertz, weil er sich große Sorgen um seine Arbeiten mache.

Markus LüpertzBild: picture-alliance/dpa/R. Weihrauch

Lüpertz' Werke und die anderer Künstler gehören Maria Chen-Tu, einer deutschen Millionärin mit taiwanesischen Wurzeln. Diese hatte aus ihrer Sammlung MAP 342 Kunstwerke an den chinesischen Geschäftsmann Ma Yue verliehen. Dessen insolvente Firma, die Hamburger Bell Art GmbH, weigert sich nun offenbar, die Werke an die Eigentümerin zurückzugeben. Die Kunstsammlerin erstattete Strafanzeige. Die Kunstwerke würden derweil in Ausstellungen in mehreren chinesischen Städten präsentiert, heißt es. Offenbar weiß niemand so genau, wo sich die Arbeiten befinden. Markus Lüpertz ist empört. 

Alles nur Inszenierung?

"Ich bezweifle den Wahrheitsgehalt dessen, was ich da gelesen habe", kommentiert Walter Smerling im DW-Interview den Medienbericht. Der Kunsthistoriker ist Vorstandsvorsitzender der Stiftung für Kunst und Kultur e.V. Bonn und Direktor des Museums Küppersmühle für moderne Kunst in Duisburg. Als Kurator hat er die größten deutsch-chinesischen Ausstellungsprojekte der vergangenen Jahre initiiert und organisiert – "China 8" im Jahr 2015 und zwei Jahre später "Deutschland 8". Zu dem seitenfüllenden Bericht in der "Süddeutschen Zeitung", sagt er: "Mir ist das alles zu undurchsichtig."

Die Story höre sich zwar spannend an, sagt Smerling, aber nach dem Studium des SZ-Artikels wisse man "eigentlich gar nichts". Die Erzählung vom dubiosen Geschäftsgebahren des Herrn Ma Yue, von der Blauäugigkeit einer millionenschweren Sammlerin Maria Chien-Tu oder auch von der Untätigkeit der chinesischen Behörden, all das betrachtet Smerling - allein wegen der beschriebenen Dimensionen des angeblichen Kunstkrimis - mit großer Skepsis. Er selbst habe da bei seinen zahlreichen Ausstellungskontakten in China "ganz hervorragende Erfahrungen" gemacht, so Smerling.

Gute Erfahrungen mit China als verlässlichem Partner

Prominenter Besuch bei der Ausstellung "China 8" in Peking: Walter Smerling (li) neben Bundesaußenminister Sigmar Gabriel. Ganz rechts Fan Di'an, Präsident von Chinas Hochschule der Bildenden Künste. Bild: picture-alliance/dpa/A. LAndwehr

Als vor zwei Jahren unter dem Titel "Deutschland 8" gut 320 Werke von 55 deutschen Künstlern in sieben Pekinger Museen präsentiert wurden, war Smerling die treibende Kraft. "Die Chinesen waren zuverlässige Partner", betont der Kulturmanager, "von der Zollabwicklung über den Transport, die Organisation, das Einhalten von Verabredungen bis hin zur Kontrolle der Luftfeuchtigkeit in den Ausstellungsräumen." Wie bei "China 8", als hunderte Werke chinesischer Künstler im Deutschland gezeigt wurden, erregte auch die Gegenveranstaltung "Deutschland 8" große kulturpolitische Aufmerksamkeit. Erster prominenter Besucher in Peking war der damalige Bundesaußenminister Sigmar Gabriel.

Seit Jahren trifft Kunst aus dem Westen im Reich der Mitte auf große Nachfrage, aber ebenso auf spezielle Kunstmarktbedingungen. "Immer mehr Reiche können sich teure Werke leisten", weiß Smerling. Kunstbesitz sei häufig eine Imagefrage. Zudem hätten die Chinesen ein "etwas anderes Verhältnis zur Kunst", so Smerling im DW-Interview, der Chinas Kunstszene einen Mangel an kuratorischem Denken bescheinigt. So gebe es allein in Peking bereits 2500 private Kunsthallen. In Shanghai habe er einmal einen Sammler erlebt, der einen Picasso über die Bar seines Restaurants gehängt habe. Trotz aller Besonderheiten auf chinesischer Seite ist Smerling aber von der "brückenbildenden Funktion" der Kunst überzeugt: "Sie bringt viele Leute zusammen, deswegen brauchen wir die Kunst - in Deutschland wie in China!"

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