Hitler machte sich Künstler zunutze, setzte sie gezielt für NS-Propaganda ein. Für Museen waren diese Werke seitdem Tabu. Eine Wanderausstellung präsentiert sie jetzt in Rostock - zusammen mit "entarteter Kunst".
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Nazi-Werke im Museum: Ausstellung "Artige Kunst"
Kunstwerke aus der NS-Zeit gelten als Propaganda, die Hitler gezielt für seine Zwecke einsetzte. Die Schau "Artige Kunst" zeigt sie im Dialog mit eben jener Kunst, die die Nazis als "entartet" bezeichneten.
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"Bodybuilding-Idealität" statt Realität
Arno Breker war der Lieblingskünstler von Adolf Hitler. In der Wanderausstellung "Artige Kunst" begegnen sich die Skulptur "Zehnkämpfer" und das Gemälde "Ruhrrevier" von Conrad Felixmüller, das die Nazis 1937 als "entartet" diffamierten. Anders als die "Bodybuilding-Idealität" - wie der Kunsthistoriker Max Imdahl Brekers Skulpturen bezeichnete - zeigt es ausgemergelte Arbeiter im Ruhrgebiet.
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Heile Welt versus KZ-Elend
Ein kleiner Junge läuft an Leichen vorbei, die achtlos am Straßenrand abgelegt wurden. Das Foto entstand 1945, kurz nach der Befreiung des Konzentrationslagers Bergen-Belsen durch die Amerikaner. Daneben hängt das Nazi-Propaganda-Plakat "Gesunde Eltern - Gesunde Kinder" und das "Familienbild" von Hans Schmidt-Wiedenbrück. Es zeigt eine Familie mit blonden Kindern, das Idealbild der Nazis.
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Falsche Idylle
Gemälde wie "Arbeitsmaiden, vom Felde heimkehrend" von Leopold Schmutzler, "Pflügen" von Paul Junghanns und "Bauernmahl" von Herman Otto Hoyer zeigen die verlogene Bildsprache der Nationalsozialisten, die nichts mit der Realität der Zeit zu tun hatten. Das "ehrliche" Landleben zählte zu den Hauptmotiven der Nationalsozialisten. Die vorindustrielle Agrargesellschaft wurde dabei überhöht.
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Kämpfen auf hoher See
"Im Kampfgebiet des Atlantiks" nannte Claus Bergen dieses Gemälde. Die Wellen türmen sich meterhoch, das Marineschiff kämpft sich durch die Gischt geradewegs in den erleuchteten Himmel. Die Wolken unterstreichen Dramatik und Romantik des Szenarios. Die Botschaft ist klar: Das Meer ist kein Kampfgebiet, sondern ein großer Abenteuerspielplatz für Helden.
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Krisenfreie Kunst
Stilistisch liegt die Kunst des Nazi-Regimes weit hinter den Strömungen der Zeit zurück. Während Künstler der Moderne das Gemälde als Abbild der Realität hinterfragen, greifen Künstler wie Hermann Otto Hoyer auf einen plumpen und verfälschenden Realismus zurück. Das "Bauernmahl" malte Hoyer 1935, es zeigt ein Lieblingsmotiv der Nazis: die deutsche Familie.
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Geschönte Kindheit
Das Foto "Captured Boy Soldier" von John Florea (l.) und das Gemälde "Der Urlauber (Auf Heimaturlaub)" von Paul-Mathias Padua hängen nebeneinander. Den Soldaten als Urlauber zu bezeichnen, ist purer Hohn. Die Kinder kleben dem Vater an den Lippen, während er - in Uniform - wahrscheinlich vom Krieg erzählt. Die Realität sah anders aus, wie das Foto des verzweifelten gefangenen Soldatenjungen zeigt.
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Wie sahen Hitlers Lieblingsbilder aus? Diese Frage beantwortet die Ausstellung "Artige Kunst. Kunst und Politik im Nationalsozialismus". Vor allem aber nimmt sie sich kritisch die nationalsozialistische Kunstpolitik vor: So setzt die Schau die von Nationalsozialisten beauftragten und geförderten Werke mit "entarteter Kunst" in Kontext. Dazu zählen beispielsweise Werke von Künstlern wie Felix Nussbaum, Otto Dix und George Grosz, die von den Nationalsozialisten verfolgt und verfemt wurden.
Die Ausstellung wurde von der Stiftung Situation Kunst und damit maßgeblich vom Bochumer Galeristen Alexander von Berswordt-Wallrabe entwickelt. Die Kunsthalle Rostock ist nun die zweite Station der Wanderausstellung, die ihre Premiere im Museum unter Tage in Bochum zu sehen war. Im Interview mit DW sagte von Berswordt-Wallrabe zu der hiesigen Schau: "Rostock ist eine wichtige Station, denn dort gibt es rechte Entwicklungen, Stimmungen, und der Museumsdirektor ist sehr engagiert." Anschließend wird die Schau ab Juli 2017 in Regensburg gezeigt.
In der Ausstellung wird deutlich, dass den meisten der als "artige Kunst" bezeichneten Werke der kritische Anspruch ebenso der humanistische fehlt: Da werden ländlich-familiäre Idyllen heraufbeschworen, Sportler bei der körperlichen Ertüchtigung gezeigt, Bauprojekte des sogenannten "Tausendjährigen Reichs" illustriert oder mythologisch inspirierte Szenen ins Bild gesetzt.
Die Diskussion, wie man mit den Werken regimetreuer Künstler der NS-Zeit umgeht, wird schon seit Jahrzehnten geführt. Dabei wurde immer wieder die Frage gestellt, ob man sie nicht einer kritischen Betrachtung zugänglich machen solle. Die Rostocker Ausstellung zeigt den Besuchern deutlich den historischen Kontext: Diese Werke entstanden zeitgleich zu einer brutalen Verfolgung ganzer Bevölkerungsgruppen und während Millionen Menschen in Konzentrationslagern ermordet wurden. Vor diesem Hintergrund werde die "innere Falschheit" der Werke sichtbar, als die sie der deutsche Kunsthistoriker Max Imdahl (1925 - 1988) beschrieb. Diesem Geist sei die Ausstellung verpflichtet, führt Galerist von Berswordt-Wallrabe aus, der mit Kunsthistoriker gut befreundet war: "Max Imdahl hat sie in einem Text 'Unkunst' genannt. Das scheint mir der richtige Begriff. Es geht nicht um gute oder schlechte Kunst, es geht um Kunst oder 'Unkunst'."