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Politik

Kurden-Demo: Gegen Erdogan, für Öcalan

27. Januar 2018

Die Atmosphäre ist angespannt, als rund 20.000 Menschen gegen die türkische Militäroffensive in Nordsyrien und die anti-kurdische Politik demonstrieren. Die Polizei löst den Protestzug auf. Aus Köln Jan D. Walter.

Deutschland | Kurden-Demo in Köln
Bild: picture-alliance/Geisler-Fotopress/C. Hardt

Sorgenvoller Blick nach Afrin

03:07

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Es ist deutlich kälter als während der großen Kurden-Demonstration am Kölner Ebertplatz vor zweieinhalb Jahren, aber die Stimmung ist wesentlich aufgeheizter. Schon am Morgen hatte es einzelne Ausschreitungen gegeben. Ein Mann wurde verletzt, so ein Polizeisprecher, als eine Gruppe Kurden auf dem Weg zur Demonstration von türkischen Nationalisten angegriffen wurde.

Sprechchöre skandieren "Erdogan - Diktator", als die Menschen über den vierspurigen Hansaring ziehen. Die Ordner der Organisatoren sind redlich bemüht, die 20.000 Teilnehmer in den vorgesehenen Bahnen zu halten. Es gelingt ihnen mal besser, mal schlechter. In Abständen rufen, ja schreien sie in die Menge oder weisen einzelne Demonstranten zurecht. Auch die Polizei wirkt nervös. Mehr als 2000 Beamte sind im Einsatz, aus Nordrhein-Westfalen, Hessen und Niedersachsen. Immer wieder laufen kleinere und größere Einheiten in voller Schutzmontur auf und ab, setzen hektisch ihre Helme auf, beobachten nervös das Treiben.

Eskalation in Kurdistan

Überraschend ist die Anspannung nicht. Seit 2015 ist viel Blut geflossen in Kurdistan - unter anderem im Kampf gegen die Terrormiliz "Islamischer Staat" (IS) in den kurdisch besiedelten Gebieten in Syrien und im Nordirak, etwa bei den Schlachten um Kobane, Rakka und Mossul. Die syrisch-kurdischen Volksverteidigungseinheiten YPG haben die Städte von den Dschihadisten befreit, mit Unterstützung verschiedener Verbündeter, darunter die USA, die irakische Armee und andere syrische Bürgerkriegsparteien. Jetzt sind die Kurden der Türkei zu mächtig geworden - am vergangenen Wochenende begann sie ihre Militäroffensive gegen Kurden in Nordsyrien.

Zweitausend Beamte im Einsatz - Polizisten mit Wasserwerfer im HintergrundBild: DW/C. Winter

Die kurdischen Demonstranten in Köln machen die türkische Regierung und den "Terrorpaten", wie sie Präsident Recep Tayyip Erdogan nennen, auch mitverantwortlich für ihre vom IS getöteten Kameraden und Verwandten. Lange ließ Erdogan die Dschihadisten gewähren, Kritiker behaupten, er unterstütze den IS bis heute, indem er der Miliz Nachschub- und Rückzugswege über die türkische Grenze offenhalte. Und er schickte immer wieder Armee und Luftwaffe gegen kurdische Einheiten los - im eigenen Land, aber auch in Rojava, dem derzeit kurdisch kontrollierten Norden Syriens. Und nun konkret in der Stadt Afrin.

"Wir fordern den sofortigen Abzug der türkischen Truppen aus Afrin", tönt es aus den Lautsprechern der Organisatoren. Erdogan habe nur ein Ziel: die Zerstörung der kurdischen Bevölkerung und ihrer basisdemokratischen Strukturen. Die Kurden als unterdrückte Demokraten, die Türken als faschistische Unterdrücker - so sieht es die PKK, deren Gründer Abdullah Öcalan seit 1999 in Haft sitzt. Auch die syrische YPG bekennt sich zu ihm, obwohl sie ihre organisatorische Unabhängigkeit von der PKK betont.

In kurdischen Nationalfarben für Frieden in AfrinBild: DW/C. Winter

Verbotene Symbole

Seit die PKK in Deutschland als Terrororganisation verboten ist, übernehmen andere, ihr unterstehende Organisationen, ihre politische Mission, etwa die NAV-DEM, die auch die Großdemonstration in Köln organisiert hat. So schallt es aus ihren Lautsprechern: "Frieden, Freiheit, Demokratie - das sind unsere Ziele, deswegen erheben wir hier und heute unsere Stimme." Gleichzeitig forderten sie "Freiheit für alle politischen Gefangenen" und namentlich die von "Öcalan, Öcalan, Öcalan".

Irgendwann bleibt es nicht mehr bei Rufen. Verbotene Symbole wie PKK- und YPG-Flaggen sind schon die ganze Zeit zu sehen. "Zu viele, um gegen jede einzeln vorzugehen", sagt ein Polizeisprecher. Deshalb belassen es die Beamten zunächst dabei, die Verstöße per Videokamera zu dokumentieren. Doch als am frühen Nachmittag plötzlich ein Meer von Flaggen mit Öcalan-Konterfei auftaucht, stoppt sie den Zug. Mehrere Demonstranten verstoßen gegen das Vermummungsverbot, die Polizei lässt Wasserwerfer auffahren. Es wird noch unruhiger und noch hektischer. Kurzzeitig scheint die Stimmung zu kippen, die Lage droht zu eskalieren.

Menschliche Pyramide - Demonstranten hissen eine Flagge mit dem Bild Abdullah ÖcalansBild: DW/C. Winter

Doch so weit kommt es nicht. Nach gut einer Stunde Verhandlungen mit den Veranstaltern erklärt die Polizei die Demonstration für beendet. Zwei Personen, meldet der "Kölner Stadt-Anzeiger", seien festgenommen worden, weil sie die Öcalan-Flaggen verteilt hätten, eine weitere Person wegen Beamtenbeleidigung. Die Linken-Vorsitzende Katja Kipping, die auf der Abschlusskundgebung sprechen sollte, nannte den Abbruch laut "Welt" unverhältnismäßig und einen "indirekten Kniefall vor Erdogan".

Jan D. Walter Jan ist Redakteur und Reporter der deutschen Redaktion für internationale Politik und Gesellschaft.
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