1. Zum Inhalt springen
  2. Zur Hauptnavigation springen
  3. Zu weiteren Angeboten der DW springen

Im Strudel des Krieges

Naomi Conrad 2. Januar 2013

Immer mehr syrische Kurden flüchten in den Nordirak, aus Angst vor einem Krieg zwischen den syrischen Rebellen und kurdischen Kämpfern. Doch auch der Irak könnte in die Kämpfe hineingezogen werden.

Flüchtlingscamp in Dohuk (Foto: Christophe Petit )
Bild: picture-alliance/dpa

"Sie zwingen dich, Kinder zu erschießen, Frauen und Männer. Das konnte ich nicht tun", sagt Mohammed. Um dem Militärdienst in der syrischen Armee zu entkommen, ist der syrische Kurde nachts über die Grenze in den Nordirak geschlichen. Seit April lebt der 27-jährige Ingenieur in einem Flüchtlingslager in der kleinen Stadt Dohuk. Wie er überqueren jeden Tag hunderte syrische Kurden die Grenze ins Nachbarland Irak.

Rund 67.000 syrische Flüchtlinge leben nach Angaben des UN-Flüchtlingswerkes in der Autonomen Region Kurdistan, dem kurdischen Teil des Irak. Viele sind auf der Suche nach Arbeit, erzählt Khider Domle, ein kurdischer Journalist. "In Syrien gibt es keine Arbeit mehr, kein Essen, gar nichts. Deshalb kommen sie hierher." Andere fliehen vor den Kämpfen. Mohammed hat in Aleppo studiert. Er erzählt von Scharfschützen, Bombenangriffen und der alltäglichen Angst.

Während in Aleppo bereits der Krieg wütete, war es in Mohammeds Heimatregion, dem Nordosten Syriens, lange Zeit ruhig. Dort lebt der Großteil der kurdischen Minderheit Syriens. Doch jetzt ist die Gewalt zwischen Baschar al-Assads Regime und der Opposition auch in den Norden geschwappt.

Kämpfe innerhalb der Opposition

"Sie haben das Haus meiner Eltern angegriffen und ihr Geschäft geplündert und zerstört", sagt Mohammed. "Sie", das sind die Rebellen, die gegen Syriens Diktator Assad kämpfen. Im Norden Syriens gab es in den vergangenen Wochen immer wieder Gefechte zwischen syrischen Rebellen und Anhängern der kurdischen Partei der Demokratischen Union (PYD).

Viele Syrer hoffen auf Sicherheit und Arbeit in DohukBild: Karlos Zurutuza

Die PYD ist ein Ableger der türkisch-kurdischen PKK. Die PYD gilt als Assad-Verbündeter. Das Assad-Regime hatte sich in den vergangenen Monaten weitgehend aus den Kurdengebieten zurückgezogen und sie der PYD überlassen. Deswegen haben die syrischen Rebellen offenbar versucht, die Kurdenmiliz zurückzudrängen.

"Die PKK", erklärt Assos Hardi, Herausgeber der nordirakischen Zeitung Awene, "spielt ein sehr gefährliches Spiel. Wenn Assad fällt, dann könnte das das Leben für die Kurden in Syrien gefährden." Er glaubt, dass die Rebellen dann Vergeltung üben könnten.  

Schon jetzt spaltet der syrische Bürgerkrieg auch die Kurden. Es gab bereits Kämpfe zwischen verschiedenen kurdischen Gruppen. Denn neben der PKK und ihrem Ableger PYD mischt auch die kurdische Regierung des Nordirak in Syrien mit.

Die nordirakische Regierung, erklärt Hardi, unterstütze die syrischen Rebellen. Die Regierung versuche damit, Einfluss in den kurdischen Gebieten in Syrien zu sichern, für die Zeit nach dem Fall von Assad, so Hardi.

Mohammed macht die Situation Angst. "Die Freie Syrische Armee wird uns umbringen, weil wir Kurden sind." Er meint damit vor allem die radikaleren islamistischen Elemente unter den Rebellen. Keiner seiner Freunde hätte sich einer der bewaffneten Seiten angeschlossen. Aber: "Die Region, in der wir Kurden leben ist klein. Wir kennen uns doch." Dabei hätte er am Anfang den Aufstand gegen Assad unterstützt: "Unter Assad hatten wir nichts. Wir durften unsere eigene Sprache nicht sprechen, nichts gegen das Regime sagen."

Viele syrische Flüchtlinge leben in Lagern - andere bei Verwandten und Freunden

Weitere Eskalation?

Ende November haben die verschiedenen kurdischen Fraktionen einen Pakt geschlossen. Der Journalist Khider Domle glaubt, dass er halten wird. Sein Kollege Hardi ist weniger optimistisch. Er fürchtet eine weitere Eskalation, möglicherweise auch innerhalb des Irak, zwischen dem kurdischen Norden und der Zentralregierung. "Die Regierung in Bagdad steht dem Iran und damit auch Assad sehr nah, während die kurdische Autonomiebehörde eher der syrischen Opposition nahe zu stehen scheint."

Mohammed möchte vor allem zurück nach Hause. Zurück zu seinen Eltern und seinen fünf Schwestern, die noch immer in Syrien leben. Doch er glaubt, dass es noch lange dauern wird, bis endlich Ruhe einkehrt. 

Den nächsten Abschnitt Mehr zum Thema überspringen

Mehr zum Thema

Weitere Beiträge anzeigen