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KonflikteUkraine

Kursk-Offensive der Ukraine: Russland verschärft Maßnahmen

10. August 2024

Nach dem Einfall ukrainischer Truppen im russischen Gebiet Kursk dauern die Kämpfe dort in zahlreichen Ortschaften an. Russland erklärte mehrere Grenzregionen zu "Zonen für Anti-Terror-Operationen".

Russische Militärfahrzeuge auf einer Brücke in der Region Kursk (09.08.2024))
Russischer Militärkonvoi in der Region Kursk am Freitag (Bild der russischen Staatsagentur TASS)Bild: Russian Defence Ministry/TASS/dpa/picture alliance

Die russischen Truppen wurden in dieser Woche von der Offensive der Ukraine offensichtlich überrascht. Angriff und Einmarsch ukrainischer Soldaten in Russlands Gebiet Kursk machten militärische Schwachstellen auf russischer Seite deutlich. Nun will die Führung in Moskau härter durchgreifen. Drei russische Grenzregionen zur Ukraine wurden zu "Zonen für Anti-Terror-Operationen" erklärt - neben Kursk auch die benachbarten Regionen Belgorod und Brjansk.

Ziel sei es, die Sicherheit der Bürger zu gewährleisten und "die Bedrohung durch Terrorangriffe durch feindliche Sabotagegruppen zu unterbinden", teilte das russische Anti-Terror-Komitee am Freitagabend mit. Nach russischer Rechtslage erhalten Sicherheitskräfte und die Armee bei "Anti-Terror-Einsätzen" weitreichende Befugnisse.

Aufnahmelager in Kursk für Menschen aus der Grenzregion (Bild der russischen Staatsagentur TASS)Bild: Vladimir Gerdo/TASS/dpa/picture alliance

Die Bewegungsfreiheit der Bürger wird in solchen Fällen eingeschränkt, Umsiedlungen sind möglich. Zudem können Fahrzeuge beschlagnahmt, Telefongespräche abgehört und bestimmte Gebiete für den Zugang gesperrt werden.

Die Ukraine habe einen "beispiellosen Versuch" gestartet, so Russlands Anti-Terror-Komitee, "die Lage in einer Reihe von Regionen in unserem Land zu destabilisieren". Das Komitee bezeichnete den ukrainischen Vorstoß vor allem in der Region Kursk als "terroristischen Angriff". Die ukrainischen Truppen hätten Zivilisten verletzt und Wohngebäude zerstört.

Russland will angeblich Vakuumbomben einsetzen

Auch in militärischer Hinsicht will Russland zu schärferen Mitteln greifen. Das russische Verteidigungsministerium teilte mit, dass mehr Einheiten und Material in die Grenzregion verlegt worden seien. Die Kämpfe in Kursk würden weitergehen und die Armee werde Luftangriffe auf ukrainische Truppen durchführen.

Russischer Kamphubschrauber im Einsatz in der Region Kursk (Bild des russischen Verteidigungsministeriums)Bild: Russian Defence Ministry/REUTERS

Dabei sollen auch sogenannte "thermobarische Bomben" zum Einsatz kommen. Solche Sprengkörper erzeugen erst eine Druckwelle und dann ein Vakuum. Wer sich am Ziel aufhält, erstickt. Das russische Verteidigungsministerium veröffentlichte am Samstag Bilder von russischen Panzern, die in der Region Kursk auf ukrainische Stellungen feuern.

Die ukrainische Seite, die ja vor zweieinhalb Jahren von Russland angegriffen wurde, hält sich bisher mit Äußerungen zu dem am Dienstag gestarteten Vorstoß auf russisches Gebiet zurück. Nach Angaben von Analysten konnten die ukrainischen Einheiten aber um mehrere Kilometer auf russischem Gebiet vorrücken. Am Freitag hatte die russische Armee bestätigt, dass ukrainische Soldaten bis ins etwa zehn Kilometer hinter der Grenze liegende Sudscha vorgedrungen waren. Dort befindet sich ein wichtiger Knotenpunkt für Gasleitungen gen Westen.

Der russische Generalstab hatte zunächst mitgeteilt, es seien mehr als 1000 ukrainische Soldaten, ein Dutzend Panzer und etwa 20 weitere gepanzerte Fahrzeuge in die Region Kursk eingefallen. An diesem Samstag gab das russische Militär allerdings bekannt, die fünffache Menge an ukrainischen Kriegsgerät zerstört zu haben.

IAEA besorgt um AKW Kursk

Die Internationale Atomenergie-Behörde IAEA warnte inzwischen vor möglichen Gefahren für das AKW Kursk. Das Kernkraftwerk befindet sich nahe der Stadt Kurtschatow, die etwa 100 Kilometer von der russischen Grenze zur Ukraine entfernt liegt. IAEA-Generaldirektor Rafael Grossi rief beide Seiten auf, sich maximal zurückzuhalten, um einen nuklearen Unfall mit potenziell ernsten Folgen zu vermeiden.

AKW Kursk bei KurtschatowBild: Vladimir Gerdo/ITAR-TASS/IMAGO

Nach Angaben des staatlichen russischen Atomenergiekonzerns Rosatom arbeitet das Kernkraftwerk Kursk auch nach dem ukrainischen Vorstoß normal. Man habe aber beschlossen, die Anzahl der Arbeiter beim Bau einer neuen Anlage in der Region wegen des Ausnahmezustandes zu reduzieren. Der russischen Nachrichtenagentur RIA zufolge sprach Rosatom-Chef Alexej Lichatschew am Telefon mit IAEA-Generaldirektor Grossi über die Lage in dem AKW.

Belarussische Behauptungen

Auch Alexander Lukaschenko, der Präsident des benachbarten Belarus, meldete sich zu Wort. In seinem diktatorisch geführten Land sind russische Truppen stationiert und Lukaschenko gilt als engster Verbündeter von Russlands Präsident Wladimir Putin. Belarus hat aber offiziell keine eigenen Soldaten in die Ukraine entsandt. Lukaschenko behauptete an diesem Samstag, seine Luftabwehr habe nicht näher bezeichnete Objekte abgeschossen, die von der Ukraine aus gestartet und über belarussisches Gebiet geflogen seien.

"Die Streitkräfte der Ukraine haben gegen alle Verhaltensregeln verstoßen und den Luftraum der Republik Belarus verletzt", sagte Lukaschenko staatlichen Medien zufolge. "Wir vermuten, dass es sich um Kampfdrohnen handelte", so der belarussische Präsident. Es seien auch Flugzeuge und ein Hubschrauber neben der Flugabwehr am Boden im Einsatz gewesen. Unabhängig überprüfbar sind Lukaschenkos Angaben nicht. Man habe der Ukraine klar gemacht, "dass jegliche Provokation nicht unbeantwortet bleiben wird", wird der Machthaber in Minsk von der staatlichen Nachrichtenagentur BelTA zitiert.

AR/jj (ap, rtr, afp, dpa)

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