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Länder machen beim Flüchtlingsgipfel Druck

24. September 2015

Schauplatz Kanzleramt: In Berlin kommen die Spitzen von Bund und Ländern zum Flüchtlingsgipfel zusammen. Dabei wollen sie ein Maßnahmenbündel schnüren und eine Schlüsselfrage klären: Übernimmt der Bund mehr Kosten?

Deutschland Flüchtlingszug erreicht Flughafen Köln/Bonn (Foto: dpa)
Ein Zug hat Flüchtlinge aus Salzburg zum Flughafen Köln/Bonn gebrachtBild: picture-alliance/dpa/F. Gambarini

Die Ministerpräsidenten der Länder wollen bei dem lange erwarteten Flüchtlingsgipfel mit Kanzlerin Angela Merkel zusätzliche Milliardenhilfen des Bundes durchsetzen. Zugleich dringen sie vor dem Treffen an diesem Donnerstag in Berlin auf schnellere Asylverfahren. Der Handlungsdruck ist groß: Seit Jahresbeginn kamen bereits mehr als 500.000 Flüchtlinge nach Deutschland, bis zum Jahresende könnten es nach Ansicht von Vizekanzler Sigmar Gabriel bis zu eine Million werden. Die Länder und Kommunen sehen sich mit der Unterbringung der Flüchtlinge finanziell überfordert.

Schleswig-Holsteins Regierungschef Torsten Albig (SPD) sagte vor dem Gipfel: "Wir brauchen ein nachhaltiges Finanzierungssystem, das sich an der Zahl der Menschen misst, die zu uns kommen." Ähnlich äußerte sich der hessische Ministerpräsident Volker Bouffier. Der CDU-Politiker mahnte eine dauerhafte strukturelle und dynamische Hilfe an. Die Zahlungen des Bundes müssten an die Zahl der ankommenden Flüchtlinge gekoppelt werden, "damit wir nicht in drei Monaten wieder hier sitzen".

Drei Milliarden mehr

Der Bund zahlt an die Länder und Kommunen im laufenden Jahr eine Milliarde Euro an Unterstützung und hat für 2016 drei Milliarden Euro in Aussicht gestellt. Diese Summe sei "nicht ausreichend" und zu einem Zeitpunkt beschlossen worden, an dem es noch viel weniger Flüchtlinge gegeben habe, sagte Bouffier. Er hält eine Summe von vier Milliarden Euro für erforderlich. Die rheinland-pfälzische Ministerpräsidentin Malu Dreyer hofft auf fünf Milliarden Euro, ihr brandenburgischer SPD-Kollege hält sogar sechs Milliarden Euro für nötig.

Der baden-württembergische Ministerpräsident Winfried Kretschmann (Grüne) sprach sich dafür aus, dass der Bund den Ländern künftig pro Flüchtling eine Pauschale von 10.000 Euro zahlt. Das sei "der richtige Weg", sagte Kretschmann. Bisher beteilige sich der Bund nur mit fünf bis zehn Prozent an den Kosten der Länder für die Flüchtlinge, das reiche nicht aus.

Merkel: "Globale Herausforderung"

Kurz vor dem Gipfel äußerte sich Bundeskanzlerin Angela Merkel in einer Regierungserklärung zu dem Thema. Der Umgang mit der steigenden Zahl von Flüchtlingen sei eine deutsche, eine europäische und eine globale Herausforderung, sagte die Kanzlerin vor dem Bundestag. Auf der internationalen Ebene könne eine Lösung nur gemeinsam mit anderen Partnern gelingen. Merkel nannte dabei die USA, Russland sowie die Staaten des Nahen und Mittleren Ostens.

Mit Blick auf das Treffen mit den Ministerpräsidenten zeigte sich die Kanzlerin zuversichtlich, dass eine Einigung mit den Ländern gelingen werde. Zugleich rief die Kanzlerin die Flüchtlinge, die dauerhaft in Deutschland bleiben wollen, zur Integration auf. Man erwarte von ihnen, "die Regeln und Werte zu respektieren, die unsere Verfassung vorgibt". Dazu zähle vor allem die Bereitschaft, "die deutsche Sprache zu erlernen und zu beherrschen".

Asylverfahren beschleunigen

Bund und Länder beraten auch über ein Paket mit zahlreichen Gesetzesänderungen. Diese sollen in einem Eilverfahren verabschiedet werden und am 1. November in Kraft treten. Vorgesehen ist unter anderem, Albanien, Kosovo und Montenegro als weitere "sichere Herkunftsstaaten" einzustufen, Asylbewerber künftig länger in Erstaufnahmeeinrichtungen zu halten und ihnen dort überwiegend Sachleistungen zu gewähren. Für bestimmte Flüchtlingsgruppen sind auch rigide Leistungskürzungen vorgesehen. Zudem will der neue Chef des Bundesamtes für Migration und Flüchtlinge, Frank-Jürgen Weise, bei dem Treffen Vorschläge präsentieren, wie er die Asylverfahren beschleunigen und den Stau von mehr als 275.000 unbearbeiteten Asylanträge abbauen will.

Die geplante Einstufung von Westbalkan-Staaten als "sichere Herkunftsländer" stößt bei den Grünen auf Kritik. "Es gibt keine Hinweise, dass diese Maßnahme eine relevante Wirkung auf die Zahl der Anträge oder die Dauer der Verfahren hat", sagte Parteichefin Simone Peter. Und wie die Bundesregierung ein Land wie das Kosovo, in dem wegen der angespannten Sicherheitslage deutsche KFOR-Soldaten stationiert seien, für sicher erklären könne, sei "nicht nachvollziehbar". Kretschmann forderte in diesem Zusammenhang, dass Deutschland legale Arbeits- und Ausbildungskorridore für Menschen aus den Westbalkan-Ländern öffnen solle. Man müsse den Menschen von dort zeigen können, dass sie eine Möglichkeit hätten, legal nach Deutschland zu kommen. Kretschmann betonte, dass der deutsche Arbeitsmarkt solche Zuwanderer gut gebrauchen könne.

Kommunen müssen mehr ausgeben

Inzwischen meldet das "Handelsblatt", dass die Kommunen im ersten Halbjahr deutlich mehr Geld für Leistungen nach dem Asylbewerbergesetz aufgebracht hätten. Bundesweit legten diese Ausgaben in den 13 Flächenländern in den ersten sechs Monaten 2015 im Vergleich zum Vorjahreszeitraum um 70 Prozent auf 1,2 Milliarden Euro zu, wie die Zeitung unter Verweis auf Daten des Statistischen Bundesamtes berichtet. Das stärkste Plus meldete demnach Bayern, wo sich die Leistungen verdoppelten. Die Kommunen in Nordrhein-Westfalen gaben binnen Jahresfrist 40 Prozent mehr aus.

kle/stu (dpa, epd, afp)

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