Britische Wissenschaftler haben mit der CRISPR/Cas9-Manipulation ganze Malaria-Mücken-Populationen aussterben lassen. Freilandversuche wird es aber aus Sicherheitsgründen vorerst nicht geben.
Anzeige
Trotz Prävention und Fortschritten im Kampf gegen Malaria stirbt laut WHO jährlich fast eine halbe Millionen Menschen an der Infektionskrankheit, hinzu kommen noch 215 Millionen Erkrankte. Obwohl Malaria weltweit in allen tropischen und subtropischen Regionen vorkommt, entfallen 90% der Erkrankungsfälle auf Sub-Sahara-Afrika.
Seit Jahren versuchen Wissenschaftler, Malaria-Mücken mittels Manipulationen in ihrem Genom zu dezimieren oder vollständig auszurotten. Die sogenannte Gene Drive-Technologie verleiht dabei einem Gen bei der Vererbung Superkräfte. Es bewirkt, dass sich bei der Fortpflanzung immer das manipulierte Merkmal durchsetzt.
Einschnitt ins Genom
Mit solch einem Gene Drive haben Forscher vom Imperial College London eine Malaria übertragende Moskito-Population kontrolliert im Hochsicherheitslabor ausgerottet, berichten die Forscher in der Fachzeitschrift "Nature Biotechnology". Mithilfe der molekularen Gen-Schere CRISPR/Cas9 haben die Wissenschaftler im Projekt "Target Malaria" jenen Genabschnitt manipuliert, der in der Mückenart Anopheles gambiae die Ausdifferenzierung der beiden Geschlechter steuert. Aus den genveränderten Eiern schlüpften dann nur noch fertige Männchen sowie unfruchtbare Weibchen, die keine Eier mehr legen können.
Die Forscher brachten für das Experiment jeweils 300 normale Mückenweibchen mit 150 normalen männlichen und 150 mutierten männlichen Mücken zusammen, die sich dann Schritt für Schritt fortpflanzten.
Im ersten Experiment haben die Weibchen bereits nach acht Generationen keine Eier mehr legen können – die Mücken-Population brach zusammen. Im zweiten Experiment hat es elf Generation gedauert, bis der Gene Drive bei allen Weibchen die Fertilität zerstört hatte und die gesamte Mücken-Population kollabierte.
Resistenzen trotzdem möglich
Ob sich die Laborergebnisse aber auch in der freien Natur wiederholen ließen, bleibt zu klären. Die Forscher selbst räumen ein, ihr Gene Drive sei bisher "kein Beweis, dass keine Resistenzen auftreten können". Deshalb wollen sie als nächsten Schritt die Ausbreitung ihrer genetisch veränderten Moskitos unter natürlichen ökologischen Bedingungen simulieren.
Finanziert werden die vielversprechenden, aber auch umstrittenen Forschungen des Konsortiums "Target Malaria" von der Bill & Melinda Gates Foundation und dem Biotechnology and Biological Sciences Research Council UK.
Büchse der Pandora?
So verlockend die Erfolgsaussichten der Gene Drive Technologie auch sind, so unberechenbar sind die mit ihr verbundenen Risiken. Bislang finden die Versuche nur in einem hermetisch abgeriegelten Biosicherheitsinsektarium statt. Nach Ansicht des Entwicklungsbiologen Ernst Wimmer von der Universität Göttingen müsse "für die Freisetzung auch der gesellschaftliche Konsens vorhanden sein, und dabei sind nicht nur die Funktionalitäten des Gene Drives zu diskutieren. Ein zusätzlicher Anspruch wären Möglichkeiten, die Ausbreitung des Gene Drives zu begrenzen beziehungsweise eine Rückholbarkeit."
Kritiker der Gene Drive-Technologie zweifeln eine solche Rückholbarkeit oder Begrenzung allerdings an. Was einmal in die Welt entlassen wurde, könne möglicherweise nicht mehr zurückgeholt werden. Das manipulierte DNA-Konstrukt könnte sich auch unbeabsichtigt auf andere Arten übertragen, oder zufällige Mutationen könnten die Malaria durch Turbo-Vererbung noch viel gefährlicher machen.
Malaria - ein einziger Mückenstich kann töten
Malaria ist eine der schlimmsten Infektionskrankheiten: Jedes Jahr sterben etwa 600.000 Menschen daran. Etwa drei Viertel von ihnen sind Kinder unter fünf Jahren.
Bild: picture-alliance/dpa
Ein Moskito schlägt zu
Das sicher gefährlichste Tier Afrikas ist die etwa sechs Millimeter kleine Anopheles-Mücke: Sie überträgt Malaria. Malariaerkrankte leiden an hohem wiederkehrendem Fieber, Schüttelfrost und Krämpfen. Vor allem bei kleinen Kindern kann die Krankheit schnell zum Tode führen.
Sticht die Anopheles-Mücke einen infizierten Menschen, nimmt sie den Malaria-Erreger auf. Beim nächsten Stich gibt sie ihn an einen anderen Menschen weiter. Forscher haben die Erreger hier im Bild mit einem grün leuchtenden Eiweiß markiert. Wie das grüne Leuchten verrät, vermehren sich die Parasiten im Darm der Mücke und sammeln sich schließlich in ihren Speicheldrüsen.
Der biologische Name des Malarierregers lautet Plasmodium. Um ihn zu untersuchen, entfernen Forscher infizierten Anopheles-Mücken die Speicheldrüsen und isolieren daraus den Parasiten. Denn im Speichel der Mücke reichert sich die infektiöse Form des Parasiten an - Experten nennen diese Form Sporozoiten. Rechts im Bild ist die Mücke zu sehen, in der Mitte deren entnommene Speicheldrüsen.
Bild: Cenix BioScience GmbH
Mücke - Mensch - Mücke
Tatsächlich ist der Mensch nur der Zwischenwirt des Malariaparasiten, Endwirt ist die Mücke. In uns vermehrt sich der Erreger ungeschlechtlich: erst in der Leber, dann in den roten Blutkörperchen. Ein Teil der Parasiten bildet schließlich weibliche und männliche Zellen. Diese werden von einer Mücke aufgenommen und pflanzen sich in ihr geschlechtlich fort. Der Kreis schließt sich.
Malaria-Erreger bewegen sich im Kreis
Da die Malariasporozoiten gekrümmt sind, bewegen sie sich im Kreis, wenn Forscher sie - wie hier - auf ein Stück Glas mit Flüssigkeit aufbringen. Die Parasiten sind gelb eingefärbt, ihre Bewegungsbahn ist blau. Die Erreger sind schnell: Für einen Kreis benötigen sie nur etwa 30 Sekunden. In ihren Wirten werden sie durch Hindernisse von der Kreisbahn abgelenkt und bewegen sich dann auch geradeaus.
Im Mensch nistet sich der Malariaerreger zunächst für einige Tage in der Leber ein. Währenddessen merkt der Betroffene nichts. Erst wenn der Parasit sich in der Leber zu kleinen traubenförmigen Merozoiten umgewandelt hat, die das Organ verlassen und die Blutkörperchen befallen, fühlt sich der Patient krank.
Bild: AP
Malaria-Erreger im Blut
Die Parasiten brauchen ein bis drei Tage, um sich in den roten Blutkörperchen zu vermehren. Dann zerfallen die Blutzellen und setzen viele reife Malariaerreger und giftige Substanzen aus dem Stoffwechsel der Parasiten frei. Die Folge: Fieberschübe. Unter dem Mikroskop ist die Krankheit nach Anfärbung leicht zu diagnostizieren: Die lila gefärbten Erreger fallen im Blutabstrich sofort auf.
Bild: picture-alliance/dpa/Klett GmbH
Doppelter Schutz
Forscher haben ein Moskitonetz entwickelt, das besonders schützen soll: In die Fasern der Netze ist ein Insektizid eingewebt, welches kontinuierlich freigesetzt wird. Der Wirkstoff tötet alle Mücken, die sich auf dem Moskitonetz niederlassen.
Bild: Bayer CropScience AG
Wettlauf gegen die Zeit
Medikamente zerstören den Parasiten im Blut oder verhindern, dass er sich weiter vermehren kann. Allerdings besteht die Gefahr, dass der Erreger mit der Zeit resistent gegen den Wirkstoff wird. Mit "RTS,S" (Mosquirix) ist es nun gelungen, einen wirksamen Impfstoff zu entwickeln, der gegen Malaria eingesetzt werden kann.
Bild: picture-alliance/dpa
Moskitonetze = Lebensretter
Das beste Mittel gegen Malaria ist, gar nicht erst von einer Mücke gestochen zu werden. Dabei helfen Repellents - Mückenabwehrmittel zum Eincremen - und natürlich Moskitonetze, deren feine Maschen die Mücken fernhalten. Unter einem Moskitonetz zu schlafen, kann Leben retten!