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Lässt sich Malaria vollständig ausrotten?

25. September 2018

Britische Wissenschaftler haben mit der CRISPR/Cas9-Manipulation ganze Malaria-Mücken-Populationen aussterben lassen. Freilandversuche wird es aber aus Sicherheitsgründen vorerst nicht geben.

Mücke - Großaufnahme
Bild: picture-alliance/dpa/P. Pleul

Trotz Prävention und Fortschritten im Kampf gegen Malaria stirbt laut WHO jährlich fast eine halbe Millionen Menschen an der Infektionskrankheit, hinzu kommen noch 215 Millionen Erkrankte. Obwohl Malaria weltweit in allen tropischen und subtropischen Regionen vorkommt, entfallen 90% der Erkrankungsfälle auf Sub-Sahara-Afrika. 

Seit Jahren versuchen Wissenschaftler, Malaria-Mücken mittels Manipulationen in ihrem Genom zu dezimieren oder vollständig auszurotten. Die sogenannte Gene Drive-Technologie verleiht dabei einem Gen bei der Vererbung Superkräfte. Es bewirkt, dass sich bei der Fortpflanzung immer das manipulierte Merkmal durchsetzt.

Moskitonetze oder Insektizide helfen nur bedingt gegen Malaria Bild: picture-alliance/dpa/S. Morrison

Einschnitt ins Genom

Mit solch einem Gene Drive haben Forscher vom Imperial College London eine Malaria übertragende Moskito-Population kontrolliert im Hochsicherheitslabor ausgerottet, berichten die Forscher in der Fachzeitschrift "Nature Biotechnology". Mithilfe der molekularen Gen-Schere CRISPR/Cas9 haben die Wissenschaftler im Projekt "Target Malaria" jenen Genabschnitt manipuliert, der in der Mückenart Anopheles gambiae die Ausdifferenzierung der beiden Geschlechter steuert. Aus den genveränderten Eiern schlüpften dann nur noch fertige Männchen sowie unfruchtbare Weibchen, die keine Eier mehr legen können. 

Die Forscher brachten für das Experiment jeweils 300 normale Mückenweibchen mit 150 normalen männlichen und 150 mutierten männlichen Mücken zusammen, die sich dann Schritt für Schritt fortpflanzten. 

Im ersten Experiment haben die Weibchen bereits nach acht Generationen keine Eier mehr legen können – die Mücken-Population brach zusammen. Im zweiten Experiment hat es elf Generation gedauert, bis der Gene Drive bei allen Weibchen die Fertilität zerstört hatte und die gesamte Mücken-Population kollabierte.

Resistenzen trotzdem möglich

Ob sich die Laborergebnisse aber auch in der freien Natur wiederholen ließen, bleibt zu klären. Die Forscher selbst räumen ein, ihr Gene Drive sei bisher "kein Beweis, dass keine Resistenzen auftreten können". Deshalb wollen sie als nächsten Schritt die Ausbreitung ihrer genetisch veränderten Moskitos unter natürlichen ökologischen Bedingungen simulieren. 

Finanziert werden die vielversprechenden, aber auch umstrittenen Forschungen des Konsortiums "Target Malaria" von der Bill & Melinda Gates Foundation und dem Biotechnology and Biological Sciences Research Council UK. 

Büchse der Pandora?

So verlockend die Erfolgsaussichten der Gene Drive Technologie auch sind, so unberechenbar sind die mit ihr verbundenen Risiken. Bislang finden die Versuche nur in einem hermetisch abgeriegelten Biosicherheitsinsektarium statt. Nach Ansicht des Entwicklungsbiologen Ernst Wimmer von der Universität Göttingen müsse "für die Freisetzung auch der gesellschaftliche Konsens vorhanden sein, und dabei sind nicht nur die Funktionalitäten des Gene Drives zu diskutieren. Ein zusätzlicher Anspruch wären Möglichkeiten, die Ausbreitung des Gene Drives zu begrenzen beziehungsweise eine Rückholbarkeit." 

Kritiker der Gene Drive-Technologie zweifeln eine solche Rückholbarkeit oder Begrenzung allerdings an. Was einmal in die Welt entlassen wurde, könne möglicherweise nicht mehr zurückgeholt werden. Das manipulierte DNA-Konstrukt könnte sich auch unbeabsichtigt auf andere Arten übertragen, oder zufällige Mutationen könnten die Malaria durch Turbo-Vererbung noch viel gefährlicher machen. 

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