Mit der Eisenbahn in die Zukunft
25. August 2018Der neu gewählte mexikanische Präsident, Andrés Manuel López Obrador (AMLO), wird sein Amt erst zum 1. Dezember antreten, dennoch bestimmt er seit seinem Wahlsieg die politische Agenda. Vor wenigen Tagen hat er nun das erste große Infrastrukturvorhaben seiner Regierung angekündigt. Ein gewaltiges Eisenbahnprojekt von 1.500 Kilometer Länge, der sogenannte "Maya-Zug" (Tren Maya), soll helfen, den wirtschaftlich abgehängten Südosten Mexikos voranzubringen. Touristen und Waren als Entwicklungsmotor. Die Zugstrecke soll einige der bekanntesten mexikanischen Touristenorte, wie Cancún, Palenque und Chichen Itzá, miteinander verbinden.
Das geschätzt sechs bis acht Milliarden US-Dollar teure Projekt soll in vier Jahren fertiggestellt und zu mehr als drei Vierteln aus privaten Geldern finanziert werden. "Um dieses Programm zu finanzieren, werden Steuereinnahmen aus dem Tourismus genutzt", so AMLO bei der Vorstellung des Projekts. Allerdings machen diese gerade einmal rund 367 Millionen US-Dollar jährlich aus. "Da diese [die Mittel, Anm. d. Red.] nicht ausreichen werden, wird es eine Ausschreibung geben, um eine Gesellschaft gemeinsam mit privater Initiative zu schaffen", so AMLO.
Irgendwo muss das Geld herkommen
Mexikos Tourismusindustrie zeigte sich interessiert, äußerte aber auch Kritik. So sprachen sich Tourismusverbände dagegen aus, Mittel einzusetzen, die aktuell zur Förderung des Fremdenverkehrs verwendet werden. Stattdessen brachten sie einen Börsengang, ausländische Investitionen oder Public-Private-Partnerships ins Spiel. Zudem könnten Konflikte über Landbesitztitel und Umweltkontroversen die Realisierung des Projekts gefährden.
Der Maya-Zug ist nicht das erste große Eisenbahnprojekt für die Yucatán-Halbinsel. Ende 2012 hatte die damals gerade erst ins Amt gelangte Regierung Enrique Peña Nieto eine 278 Kilometer lange Zugstrecke in den Bundesstaaten Quintana Roo und Yucatán angekündigt, den Plan aber später wegen Budgetschwierigkeiten aufgegeben. Ein ähnliches Schicksal ereilte die geplante Schnellzugverbindung Mexiko-Stadt - Queretaro, was sogar zu Verstimmungen mit China führte.
Eisenbahn: Symbol des Fortschritts
Ende 2014 entzog Präsident Peña Nieto in einer beispiellosen Entscheidung einem chinesischen Firmenkonsortium den bereits vergebenen Milliardenauftrag wieder. Mögliche Interessenskonflikte bei der Vergabe waren öffentlich geworden. Eine zunächst geplante neue Ausschreibung erfolgte nicht mehr. Überhaupt: Mexikos Eisenbahnnetz, ein Emblem der Mexikanischen Revolution und des Fortschritts des Landes, ist nach der Privatisierung 1995 bis auf einige Güterzugstrecken fast vollständig verschwunden. Die Regierung Peña Nieto war angetreten, den Zugverkehr wiederzubeleben - und ist krachend gescheitert.
Das hält AMLO nicht davon ab, nun seinerseits ein Eisenbahnprojekt zum ersten großen Infrastrukturvorhaben seiner Regierung zu machen. Derweil steht ein anderes gigantisches Infrastrukturprojekt vor dem möglichen Aus: Der von Stararchitekt Norman Foster entworfene neue Flughafen für Mexiko-Stadt. Der Bau unweit des Texcoco-Sees im Nordosten der Hauptstadt, gilt als Vorzeigeprojekt der scheidenden Regierung. Bereits im Wahlkampf hatte AMLO gegen den bereits zu einem Drittel fertiggestellten Bau als "Symbol der Korruption" im Land gewettert und den Ausbau der bestehenden Militärbasis Santa Lucía im Norden von Mexiko-Stadt als Alternative ins Spiel gebracht. AMLO stören vor allem die hohen Kosten (mit 13 Milliarden US-Dollar, davon rund 30 Prozent öffentliche Gelder), die Lage und Unregelmäßigkeiten bei der Vergabe von Aufträgen.
Referendum für umstrittenes Infrastrukturprojekt
Die Anwohner stören sich in erster Linie an den Auswirkungen auf die Umwelt. Vor allem auf Unternehmerseite hatte AMLOs Baustopp-Ankündigung zum Teil polemische Reaktionen hervorgerufen. Damals noch Präsidentschaftskandidat ruderte er zum Teil zurück und versicherte, er werde die Bauverträge prüfen und dann entscheiden.
Für beide Optionen - Texcoco und Santa Lucía - existieren technische Faktoren, die dafür und dagegen sprechen. Ingenieure und zivilgesellschaftliche Gruppen sollen in den kommenden Wochen dem Übergangsteam des zukünftigen Präsidenten ihre Einschätzungen vorlegen. Ende Oktober dann soll die Bevölkerung in einem Referendum über einen möglichen Baustopp und das Alternativprojekt das letzte Wort haben - einen Monat, bevor AMLO sein Amt antritt. "Ich rufe das mexikanische Volk auf, uns bei der Lösung dieser komplizierten Angelegenheit zu helfen, die wir geerbt haben, aber die wir auf bestmögliche Weise angehen müssen", so der mit großer Mehrheit gewählte zukünftige Präsident.