Löhne steigen in Deutschland am langsamsten
8. September 2010Die Bruttolöhne und -gehälter in der privaten Wirtschaft erhöhten sich von Anfang 2000 bis zum ersten Quartal 2010 im Schnitt um 21,8 Prozent. Dies teilte das Statistische Bundesamt am Mittwoch (08.09.2010) mit. Innerhalb der Europäischen Union legten die Löhne hingegen um 35,5 Prozent zu; dabei in den Euro-Ländern im Schnitt um 29,5 Prozent.
Bei den Lohnnebenkosten, zu denen die Beiträge zur Sozialversicherung und Altersvorsorge gehören, weist Deutschland allerdings ebenfalls den geringsten Anstieg auf. Sie legten um 9,3 Prozent zu, im EU-Schnitt dagegen um 38,5 Prozent und im Währungsgebiet um 32,7 Prozent. Das Statistikamt zog für den Vergleich die bislang vorliegenden Daten von 21 der 27 EU-Mitgliedsstaaten heran.
Deutschland für Lohnzurückhaltung kritisiert
Bundesarbeitsministerium Ursula von der Leyen (CDU) ließ aufgrund der Zurückhaltung der vergangenen Jahre und der guten Konjunktur erkennen, dass sie mit den Forderungen der Gewerkschaften nach kräftigen Lohnerhöhungen sympathisiert. Die Ministerin sagte der Zeitung "Hamburger Abendblatt" vom Mittwoch: "In der Tat sollten in der Aufschwungphase die Arbeitnehmerinnen und Arbeitnehmer auch davon profitieren." Die Tarifverhandlungen müssten allerdings Arbeitnehmer und Arbeitgeber führen. Frankreich und andere Euro-Staaten kritisierten Deutschland mehrfach wegen seiner Lohnzurückhaltung. Dadurch verschaffe es sich auf Kosten anderer Euro-Länder Wettbewerbsvorteile, hieß es immer wieder von deren Seite. Gleichzeitig bremse dies den privaten Konsum in der größten Volkswirtschaft Europas, die für viele Nachbarländer der wichtigste Absatzmarkt sei.
Der Deutsche Gewerkschaftsbund (DGB) fordert kräftige Lohnerhöhungen und kündigte Protestaktionen an. Es werde einen "heißen Herbst" geben, hatte DGB-Chef Michael Sommer in der vergangenen Woche gesagt. Dabei gehe es nicht allein um die Lohnentwicklung, sondern um eine generelle "Schieflage" im Land, etwa in der Renten- und Gesundheitspolitik sowie bei der Sanierung der Staatsfinanzen. Ihren Höhepunkt würden die Aktionen der Gewerkschaften mit drei großen Kundgebungen in Nürnberg, Stuttgart und Dortmund am 13. November erreichen.
Deutsche gehen immer später in Rente
Nach einer Studie "Deutscher Alterssurvey", die im Auftrag des Bundesfamilienministeriums durchgeführt wurde, ist das Renteneinstiegsalter seit 2002 um zwölf Monate gestiegen. Dies berichtete die "Süddeutschen Zeitung" (Mittwochausgabe). Inzwischen beginne der Ruhestand im Schnitt mit 63 Jahren. Der Anteil der Menschen, die auch nach ihrem 60. Geburtstag einer Arbeit nachgingen, sei auf 33 Prozent gestiegen.
In der Studie heißt es weiter, dass es trotz dieser Veränderungen mit Blick auf die Rente mit 67 künftig noch mehr Arbeitsmöglichkeiten für Über-60-Jährige geben müsse. Nur auf diesem Weg sei das Ziel, das Renteneintrittsalter weiter zu erhöhen, tatsächlich zu erreichen.
Autorin: Naima El Moussaoui (rtr, afp)
Redaktion: Oliver Samson