1. Zum Inhalt springen
  2. Zur Hauptnavigation springen
  3. Zu weiteren Angeboten der DW springen
Politik

Labour verschärft Antisemitismus-Kriterien

5. September 2018

Die einen werfen der britischen Arbeiterpartei Judenhass vor - andere dagegen sehen die Meinungsfreiheit in Gefahr. In der Schusslinie steht auch Labour-Chef Corbyn selbst. Nun hat seine Partei reagiert.

Großbritatnein Proteste in London
Demonstranten vor der Sitzung des Labour-Exekutivkomitees in LondonBild: Getty Images/J. Taylor

Die Führungsspitze der oppositionellen Labour-Partei in Großbritannien hat die vollständige Antisemitismus-Definition der International Holocaust Remembrance Alliance (IHRA) für ihren Verhaltenskodex übernommen. Das umfasse "alle Beispiele der IHRA für Antisemitismus", sagte ein Parteisprecher. Der Entscheidung war eine heftige parteiinterne Debatte vorausgegangen.

Das Treffen in der Labour-Parteizentrale in London dauerte mehrere Stunden, während  draußen Demonstranten von beiden Seiten versuchten, sich Gehör zu verschaffen. Die IHRA-Definition sei gemeinsam mit einer Erklärung angenommen worden, die sicherstellen soll, dass die "Meinungsfreiheit zu Israel und den Rechten der Palästinenser" nicht untergraben werde, sagte der Sprecher.

Zusammenschluss von 31 Staaten

Bislang hatte sich die Partei geweigert, die gängige IHRA-Definition zu übernehmen. Bei der Organisation handelt es sich um einen Zusammenschluss von 31 Staaten, die sich dem Kampf gegen Antisemitismus und Holocaust-Leugnung verschrieben haben. Sie kooperiert unter anderem mit den UN, auch Deutschland ist Mitglied.

"Ein echtes Problem": Labour-Chef Corbyn vor seinem Haus in NordlondonBild: picture-alliance/ZUMA/London News Pictures/T. Akmen

Die Parteiführung hatte die IHRA-Kriterien bislang nicht komplett in ihren eigenen Statuten festgeschrieben, weil sie diese für zu weitreichend hielt: Es gab die Befürchtung, dass damit auch reine Kritik an der Politik Israels als antisemitisch eingestuft werden könnte.

Linksaußen - pro-palästinensisch

An der Definitionsfrage hatte sich ein heftiger parteiinterner Streit entzündet. Befeuert wurde er auch dadurch, dass sich Parteichef Jeremy Corbyn wegen früherer Äußerungen, Taten und Kontakte immer wieder dem Vorwurf des Antisemitismus ausgesetzt sah. Corbyn zählt zum Linksaußen-Flügel der Partei, der als äußerst pro-palästinensisch gilt.

Im März hatten führende Vertreter der jüdischen Gemeinden in einem Brief an Labour offenen Antisemitismus beklagt. Besonders Corbyn ergreife "immer wieder" Partei für antisemitische Positionen, hieß es: Der Parteichef sei "ideologisch so sehr auf seine weit links stehende Weltsicht fixiert, dass er den jüdischen Gemeinschaften der Mitte instinktiv feindselig gegenübersteht".

"Überhitzte Rhetorik"

Im August dann hatte Corbyn zugegeben, dass es ein "echtes Problem" mit Antisemitismus in seiner Partei gebe. Labour arbeite daran, sagte er zu. Corbyn wies einen Teil der jüngst gegen seine Partei erhobenen Vorwürfe aber auch als "überhitzte Rhetorik" zurück. So könne er die Aussage nicht akzeptieren, Labour sei eine "Bedrohung" für Juden.

Auch am Dienstag gab es umgehend Kritik an der Entscheidung des Exekutivkomitees. Die Labour-Abgeordnete Margaret Hodge kritisierte im Kurzbotschaftendienst Twitter, die zusätzliche Erklärung verwässere die "begrüßenswerte komplette Annahme der IHRA-Definition".

jj/kle (afp, rtr)

Den nächsten Abschnitt Mehr zum Thema überspringen