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Lachhaft: BND sammelte DDR-Witze!

Marcel Fürstenau, Berlin12. September 2015

Der westdeutsche Geheimdienst spitzte die Ohren, wenn sich das Ost-Volk über seine Machthaber lustig machte. Jetzt gibt es ein Buch über die konspirative Operation. Manches bleibt weiter unter Verschluss - im Ernst!

Lachende Gesichter Smiley Smileys Foto: Rolf Vennenbernd dpa/lby
Bild: picture-alliance/dpa

Dieser Text muss unbedingt mit einem Witz beginnen. Kennen Sie den hier?

Warum fährt Erich Honecker nur ungern mit der Eisenbahn? Weil der Schaffner immer ruft: "Bitte zurücktreten!"

Diesen Brüller über den Staats- und Regierungschef notiert der Bundesnachrichtendienst (BND) 1988 in seiner streng geheimen "Operation DDR-Witz". Zu diesem Zeitpunkt rumort es im Arbeiter- und Bauernstaat östlich der Elbe schon gewaltig. Ein Jahr später fällt die Berliner Mauer, kurz danach muss Honecker wirklich zurücktreten. Das Regime ist am Ende. Ein Regime, das bei politischen Witzen keinen Spaß kannte. Sie galten als "staatsfeindliche Hetze", die Erzähler landeten schlimmstenfalls für lange Zeit hinter Gittern.

Die Witzen unterstellte befreiende Wirkung konnte sich in der DDR also auch in ihr Gegenteil verkehren. So gesehen, ist der Titel des am Donnerstagabend vom Christoph-Links-Verlag in Berlin vorgestellten Buchs durchaus mehrdeutig: "Ausgelacht" hat zu guter Letzt zwar die marode DDR mit ihrer humorlosen Altherrenriege an der Spitze. Nichts zu lachen hatte aber auch das Volk, wenn es beim Veralbern der Politbüro-Clique an die Falschen geriet. So wurde ein Elektriker wenige Monate nach dem Mauerbau 1961 vom Bezirksgericht Frankfurt/Oder zu vier Jahren Gefängnis verurteilt. Der 31-Jährige hatte sich unter anderem über den Honecker-Vorgänger Walter Ulbricht lustig gemacht. Sein Vergehen bestand aus Sicht der Staatsanwaltschaft unter anderem darin, "die ideologischen Grundlagen der volksdemokratischen Staats- und Gesellschaftsordnung angegriffen zu haben".

Psst! Alles streng geheim! Zum Lachen bitte in den Keller gehen!Bild: Christoph-Links-Verlag

Humorloser Kanzler Kohl

Es ist das Verdienst der "Ausgelacht"-Herausgeber, mehr als eine vordergründige Witze-Sammlung veröffentlicht zu haben. Der Historiker Hans-Hermann Hertle und der Journalist Hans-Wilhelm Saure beleuchten auch die Schattenseiten. Dafür haben sie neben den BND-Akten auch die der Stasi-Unterlagenbehörde durchwühlt oder im Kanzleramt recherchiert. Helmut Kohl soll wenig amüsiert gewesen sein, als er mit dem Faible seines Auslandsgeheimdienstes für DDR-Witze konfrontiert wurde. Er hielt diese Form der Spionage anscheinend für überflüssig. Trotzdem sammelte der BND fleißig weiter, schickte die Sammlungen aber an einen anderen Verteiler, darunter war 1988 auch der damalige Kanzleramtschef und heutige Finanzminister Wolfgang Schäuble.

Unfreiwillig komisch mutet zuweilen auch die Korrespondenz der Herausgeber mit dem BND an. So wollten sie wissen, wie und wo die Witze aufgeschnappt wurden? Die Antwort ist in typischem Behördendeutsch verfasst: "Mit Masse entstammen die Witze der Gesprächsaufklärung in die DDR reisender nachrichtendienstlicher Verbindungen des BND. Aber auch in Befragungsoperationen von in die Bundesrepublik reisenden DDR-Bürgern konnten Witze gesammelt werden." Wie bitte?! Der BND-Mitarbeiter wollte zum Ausdruck bringen, dass eigene Agenten in der DDR auf Witz-Suche gingen, aber auch in den Westen gekommene DDR-Bürger dazu befragt wurden.

Jetzt muss nur noch ein Witze-Spion enttarnt werden!

Ein leibhafter Witze-Spion kommt in dem Buch leider nicht vor. Schuld daran ist der BND. Er verweigerte den Herausgebern jegliche Auskunft dazu. Die Begründung ist ein schlechter Witz: Quellenschutz! Vielleicht hat ja mal jemand den Mumm, sich selbst zu enttarnen und über die vermeintlich lustige Arbeit als Humor-Agent zu berichten. Ein Buch über die verschlungenen Wege des ostdeutschen Humors auf seinem konspirativen Weg zum westdeutschen Auslandsgeheimdienst wäre sicherlich mehr als eine platte Lachnummer. Das Vorwort könnte ja der BND-Präsident schreiben…

Zum Abschluss noch ein Witz aus dem druckfrischen Buch "Ausgelacht":

Was ist der Unterschied zwischen einem DDR-Bürger und einem Ei? Ein Ei kann man nur einmal in die Pfanne hauen!

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