1. Zum Inhalt springen
  2. Zur Hauptnavigation springen
  3. Zu weiteren Angeboten der DW springen

Lage in Elfenbeinküste weiter angespannt

9. November 2004

Nach den schweren Ausschreitungen ist die Lage in dem westafrikanischen Land Elfenbeinküste weiter angespannt. Die ivorische Regierung rief die Franzosen auf, ihre Truppen ganz aus Abidjan abzuziehen.

Ruhe nach dem SturmBild: AP

In der Wirtschaftsmetropole Abidjan standen sich am Montag (8.11) mehrere hundert Menschen und Besatzungen französischer Panzer gegenüber, die nahe der Präsidentenresidenz auffuhren. Laut südafrikanischen Rundfunkberichten gaben sie Warnschüsse ab. Die Demonstranten waren einem Aufruf gefolgt, die Residenz von Präsident Laurent Gbagbo vor möglichen französischen Übergriffen zu schützen. Die Panzer dienen jedoch nach Angaben der Franzosen dem Schutz eines nahe gelegenen Hotels. Sie wollten aber nicht ausschließen, dass die Schutzzone erweitert werden könnte.

Vermittlung notwendig

Die ivorische Regierung rief die Franzosen auf, ihre Truppen ganz aus Abidjan abzuziehen. Mehrere Fluggesellschaften - darunter Air France und die südafrikanische SAA - stellten angesichts der unsicheren Lage ihre Flüge nach Abidjan vorübergehend ein. Südafrikas Präsident Thabo Mbeki wurde von der Afrikanischen Union (AU) mit einer Vermittlungsmission beauftragt.

In einer Fernsehansprache hatte der Präsident der Elfenbeinküste, Laurent Gbagbo, zuvor die Angriffe seiner Luftwaffe auf den von Rebellen kontrollierten Norden des Landes verteidigt. Er rief zugleich zur Ruhe auf, kündigte aber die Rückeroberung des seit 2002 von Rebellen gehaltenen Nordens des westafrikanischen Landes an. Er blute ökonomisch aus. Dort starben bei dem Angriff auf ein Lager mit UN-Truppen neun Franzosen und ein Amerikaner. Die Afrikanische Union (AU) beauftragte unterdessen Südafrikas Präsident Thabo Mbeki mit einer Vermittlungsaktion.

Regierungstruppen sind vom Flughafen in Abidjan von französischen Soldaten verdrängt worden (alle Fotos: Archiv)Bild: AP

Die Leichen der französischen Soldaten wurden inzwischen nach Frankreich überführt und trafen am Montag am Pariser Flughafen Roissy-Charles de Gaulle ein. Sie sollten ins Militärkrankenhaus Val-de-Grâce transportiert werden. Für Mittwoch (10.11.) wurde eine Trauerfeier im Pariser Invalidendom angesetzt. Am Sonntag hatten französische Truppen die Luftwaffe der Elfenbeinküste bombardiert. Zwei Kampfflugzeuge, fünf Kampfhubschrauber und ein Transporthubschrauber seien entweder zerstört oder fluguntauglich gemacht worden. Die Militäraktion war eine Reaktion auf Luftangriffe der ivorischen Regierungsstreitkräfte am Samstag. Dabei kamen die neun französische Soldaten und ein Amerikaner ums Leben. Französische Soldaten hielten am Sonntag zudem den internationalen Flughafen von Abidjan besetzt.

Aufstand

Empört über die Intervention Frankreichs und angeheizt von nationalistischen Parolen bewaffneten sich mehrere tausend Einwohner von Abidjan mit Macheten, Äxten und Knüppeln und setzten mindestens zwei französische Schulen in Brand. Die Nachrichtenagentur AFP berichtete von zehntausenden Demonstranten. Die französische Armee habe aus zwei Hubschraubern auf diese Menschen geschossen, die sich dem Flughafen von Abidjan näherten. Die Menschenmasse habe sich daraufhin allmählich aufgelöst. Anwohner aus dem Hafenviertel Bietry berichteten, manche Demonstranten hätten auf dem Rückweg die Häuser von Europäern geplündert - mehrere Menschen hätten die Nacht auf dem Dach verbracht, während junge Leute Fernseher, Videorekorder und Radiogeräte aus den Wohnungen getragen hätten.

Französische Stellung nördlich der Hauptstadt YamoussoukroBild: AP

Nach einem Bericht des internationalen Komitees vom Roten Kreuz (IKRK) vom Montag (8.11.) sind bei den Kämpfen in der Elfenbeinküste bisher 400 Menschen verletzt worden. "Die Bilanz der Kämpfe in Abidjan ist schwerwiegend", erklärte das IKRK in Genf unter Berufung auf die Gesundheitsbehörden vor Ort. Die Zahl der Toten sei nicht bekannt. Es sei aber zu befürchten, dass sie hoch sei.

Ivorische Regierungsvertreter forderten den "Abzug der Besatzungsarmee" und warfen Frankreich vor, die Rebellen zu unterstützen. Die französische Verteidigungsministerin Michele Alliot-Marie machte im Gegenzug den Präsidenten der Elfenbeinküste, Laurent Gbagbo, persönlich für die Aufrechterhaltung der öffentlichen Ordnung in Abidjan verantwortlich. Der UN-Sicherheitsrat hatte sich einmütig hinter das militärische Vorgehen Frankreichs gegen die Regierungstruppen in der Elfenbeinküste gestellt. In einer Dringlichkeitssitzung ermächtigten die 15 Ratsmitglieder die französischen Truppen und die UN-Blauhelmsoldaten, alle erforderlichen Maßnahmen zu ergreifen, um Kämpfe zwischen der Regierung und Rebellen in dem Land zu unterbinden.

10.000 ausländische Soldaten

Karte der Elfenbeinküste, 2004Bild: DW

In Elfenbeinküste sind rund 4.000 französische Soldaten und 6.000 Mann einer UN-Friedenstruppe stationiert. Die Elfenbeinküste, weltgrößter Produzent von Kakao, ist seit einem Putschversuch im September 2002 de facto geteilt. Im Norden herrschen die Rebellen, die Regierung hat nur noch den Süden mit der Wirtschaftsmetropole Abidjan unter Kontrolle. Das Friedensabkommen von 2003 scheiterte vor allem daran, dass die vereinbarte Allparteienregierung nicht zustande kam. (stl/mas)

Den nächsten Abschnitt Mehr zum Thema überspringen