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GesellschaftDeutschland

Lagebericht: 54 Kinder und Jugendliche pro Tag missbraucht

8. Juli 2024

Innenministerin Nancy Faser stellte den Bundeslageberichts zu Sexualdelikten gegen Kinder und Jugendliche vor. Die Erkenntnisse sind erschreckend: Fast 20.000 Minderjährige sind von sexualisierter Gewalt betroffen.

Mädchen hält sich die zu Fäusten geballten Hände vor die Augen
Dreiviertel der Missbrauchsopfer unter 14 Jahren sind weiblich (Symbolbild)Bild: Gareth Fuller/empics/picture alliance

Im vergangenen Jahr stieg die Fallzahl von sexualisierter Gewalt gegen Minderjährigen weiter an: "Jeden Tag werden in Deutschland 54 Kinder und Jugendliche Opfer von sexuellem Missbrauch", sagte Bundesinnenministerin Nancy Faeser anlässlich der Vorstellung des Bundeslageberichts zu Sexualdelikten gegen Kinder und Jugendliche. Bundesweit sind 18.497 Minderjährige Opfer sexuellen Missbrauchs geworden. Das entspricht einer Steigerung von 7,7 Prozent gegenüber 2022.

In vielen Fällen sei das Internet ein zentrales Tatmittel, etwa wenn die Täter Kontakte zu Minderjährigen über soziale Netzwerke anbahnen. Faeser betonte in Wiesbaden außerdem, dass die Täter in "zahlreichen Fällen" wegen nicht gespeicherter IP-Adressen nicht ermittelt werden könnten. Deshalb forderte die Ministerin eine neue Diskussion über die Online-Datenspeicherung.

Missbrauchsfälle auf Höchststand

Angaben des Bundeskriminalamts (BKA) zufolge registrierten die Behörden insgesamt 16.375 Fälle von sexuellem Missbrauch von Kindern unter 14 Jahren. Das entspricht einer Steigerung von 5,5 Prozent gegenüber dem Jahr 2022. "Dies stellt einen Höchstwert im Fünf-Jahres-Vergleich dar", erklärte das BKA. Außerdem habe in mehr als jedem zweiten Fall eine Vorbeziehung zwischen Opfer und Tatverdächtigem bestanden. Gab es diesen Kontakt vorher nicht, entstand dieser meist durch Grooming. Dabei werden Kinder gezielt angesprochen, um sexuellen Kontakt aufzubauen.

Im Bereich des sexuellen Missbrauchs von Jugendlichen im Alter von 14 bis 17 Jahren stellte die Polizei vergangenes Jahr demnach 1.277 Fälle fest. Auch hier gibt es eine Steigerung von 5,5 Prozent gegenüber 2022. Weiterhin gibt es eine große Dunkelziffer von nicht gemeldeten Fällen. Viele Taten werden verschwiegen, weil sie laut dem Bericht beispielsweise in familiären Umfeld stattfinden. 

Immer mehr Fälle von Kinderpornografie

Auch die Zahl der Fälle von Herstellung, Verbreitung, Erwerb und Besitz kinderpornografischer Inhalte habe einen neuen Höchstwert erreicht. Mit 45.191 Fällen im Jahr 2023 hätten sich die Zahlen seit 2019 laut BKA mehr als verdreifacht. Im Vergleich zu 2022 sei eine Steigerung von 7,4 Prozent festgestellt worden. Bei jugendpornografischen Inhalten seien die Zahlen sogar um rund 31 Prozent auf 8.851 Fälle angestiegen.

Dabei seien fast die Hälfte der Tatverdächtigen in diesem Bereich selbst minderjährig. Bei kinderpornografischen Inhalten seien 38 Prozent der Tatverdächtigen minderjährig. Ein Grund dafür ist laut BKA, dass Minderjährige jugendpornografische Inhalte häufig unbedacht über soziale Netzwerke und Messengerdienste an Altersgenossen weiterleiten.

Seit 2021 wird der sexuelle Missbrauch von Kindern als eigenständige Strafrechtsnorm erfasst. Bei acht der zehn unterschiedlichen betrachteten Strafnomen ist eine Steigerung der Delikte zu sehen. Das Bundeslagebild zeigt auf, wie viele Fälle von sexuellem Missbrauch an Kindern und Jugendlichen im jeweiligen Berichtsjahr verzeichnet wurden.

ch/sti (dpa, epd, afp)