Erschwinglich übernachten
15. Mai 2012 Der Kölner Dom, Schloss Neuschwanstein oder das hippe Berliner Nachtleben – mit seinen verschiedenen Attraktionen lockt Deutschland Gäste aus aller Welt. 2011 zählte das Statistische Bundesamt knapp 64 Millionen Übernachtungen allein durch Gäste aus dem Ausland – ein neuer Rekord. Ein Grund dafür könnten die preiswerten Übernachtungsmöglichkeiten sein. "Nehmen Sie nur Berlin", sagt Axel Görs von der Deutschen Zentrale für Tourismus. "Welche europäische Hauptstadt kann bei so günstigen Preisen mithalten?"
Knisternde Lagerfeuerromantik
Neben klassischen Hotels finden Reisende in Deutschland über 530 Jugendherbergen. Wie bereits der Name verrät, richten sie sich vorrangig an junge Menschen. Viele der Anlagen wurden inzwischen modernisiert und bieten ein umfassendes Freizeitangebot. Aus einst riesigen Schlafsälen sind komfortable Zwei- bis Vierbettzimmer geworden, nicht selten mit eigenem Bad. "Wir freuen uns besonders, dass zunehmend Familien unsere Angebote für längere Urlaube nutzen", sagt Gerhard Koller vom Deutschen Jugendherbergswerk DJH.
Weil sie gemeinnützig betrieben werden und nicht wie vergleichbare Hostels auf kommerzielle Gewinne abzielen, ist eine Mitgliedschaft im DJH Bedingung. Eine internationale Gastkarte kostet pro Jahr jedoch nur 15,50 Euro und lohnt sich: Eine Übernachtung mit Frühstück gibt es für Erwachsene bereits ab 20 Euro. Ausländische Touristen kommen in Jugendherbergen zudem in den Genuss, ein Stück deutscher Kultur kennen zu lernen und in den Gesellschaftsräumen oder am Lagerfeuer mit deutschen Jugendlichen und Familien ins Gespräch zu kommen.
Nur für Naturfreunde
Nun ist nicht jeder empfänglich für den Charme von Mehrbettzimmern. Wer sich lieber in die Natur zurückzieht und Temperaturschwankungen vertragen kann, für den sind Campingplätze eine gute Adresse – ob im Zelt, Wohnwagen oder Wohnmobil. Als grüne Oasen am Rande deutscher Städte boten sie beispielsweise vergangenes Jahr mehr als 1,5 Millionen Niederländern eine alternative Übernachtungsmöglichkeit zu teuren Hotels. Damit sind Deutschlands nordwestliche Nachbarn die wichtigste Campernation für die Bundesrepublik.
Wer das Campen erst noch testen möchte, sollte einen Zeitraum zwischen April und Oktober wählen. Dann sind garantiert alle Zeltplätze geöffnet und auch die Temperaturen mit etwas Glück im konstant milden Bereich. Wer es gern eine Spur luxuriöser hat, dem verschaffen Fünf-Sterne-Campingplätze Abhilfe; zum Beispiel das Via Claudia Camping im bayerischen Lechbruck am See. Die fünf Sterne verdankt der Platz seiner Ausstattung mit modernen Sanitäranlagen und eigenem Kinderbad, kostenlosem Internetzugang, einem Restaurant mit schattigem Biergarten und vielen Freizeitangeboten. Nur wenige Kilometer entfernt liegt übrigens das Mekka der Deutschlandtouristen – Schloss Neuschwanstein.
Zu Besuch bei Fremden – Gastfreundschaft 2.0
Wer für die Übernachtung gar kein Geld ausgeben möchte, findet auf internetbasierten Gastfreundschaftsnetzwerken unzählige Möglichkeiten. Dort vermitteln Reiselustige aus aller Welt einander kostenlose Schlafmöglichkeiten und private Sightseeing-Touren. Das älteste Netzwerk Hospitality Club wurde 2000 von dem Deutschen Veit Kühne gegründet und wird ausschließlich von Freiwilligen organisiert: „Ich bin überzeugt, dass so interkulturelles Verständnis gefördert und Frieden auf lange Sicht stabilisiert wird“, sagt Kühne. Weltweit sind knapp über 700.000 Mitglieder bei Hospitality Club registriert.
Bekannter ist inzwischen jedoch der amerikanische Anbieter CouchSurfing, der seit 2011 seine Seite durch Investoren finanzieren lässt. Über ihn kam Ende 2009 María Cruz aus Buenos Aires nach Deutschland. Nach nur einem Telefongespräch überließ ein Freiburger Pärchen ihr und ihrem Freund Diego die Schlüssel zu dessen Wohnung – die Besitzer selbst waren gar nicht zu Hause. "Wir waren total beeindruckt", erzählt Cruz. "Wenn einem ein völlig Fremder einfach so die Tür zu seinem zu Hause öffnet, verändert das den eigenen Blick auf die Welt." In ihrem Heimatland Argentinien sei das aufgrund der hohen Kriminalitätsrate undenkbar. Dass es in anderen Gesellschaften auch anders geht, so María Cruz, habe ihr Hoffnung gemacht.