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Land der Gewalt und des Terrors

Johannes Beck23. Januar 2002

Nach Jahrzehnten der Gewalt in Kolumbien einigten sich die Regierung und die Guerrilla-Gruppe FARC in dieser Woche über einen Waffenstillstandsvertrag. Ende April soll er unterzeichnet werden.

Paramilitärs in KolumbienBild: AP

Wenige Stunden später kam die Ernüchterung: Die Rebellen verübten erneut drei Anschläge, bei denen insgesamt fünf Menschen getötet wurden. Ein Beweis dafür, dass es bis zur Beendigung des Guerrilla-Kriegs noch ein langer Weg ist.

Der Friedensprozess in Kolumbien hatte vor drei Jahren bereits denkbar schlecht begonnen: Als der kolumbianische Präsident Andrés Pastrana die Verhandlungen feierlich eröffnete, war der Guerrilla-Chef Manuel Marulanda nicht erschienen. Und auch nach dem Beginn der Friedensgespräche ging die Gewalt weiter: Die FARC-Guerrillas entführten zahlreiche Menschen und verübten weitere Anschläge.

Zugeständnisse

Die Regierung unter Andrés Pastrana machte dennoch ein weiteres Zugeständnis: Sie zog ihre Truppen aus einem Gebiet der Größe Dänemarks im Süden Kolumbiens zurück. Die 16.000 FARC-Guerrilleros übernahmen nun die Kontrolle in dieser "Schutzzone". In San Vicente de Caguán - ihrem Hauptsitz - empfingen sie sogar Besuch ausländischer Politiker.

Dennoch kamen die Friedensverhandlungen nicht voran. In den vergangenen Monaten geriet Präsident Pastrana deshalb zunehmend unter Druck, den FARC ihr Schutzgebiet wieder zu entreißen und sie stärker militärisch zu bekämpfen. Die Verfechter eines härteren Vorgehens gegen die Guerrilla erhielten zusätzliche Argumente nach den Terror-Anschlägen auf New York vom 11. September: Die FARC finden sich unter den 30 Gruppen, die von den USA offiziell als terroristisch eingestuft werden.

"Plan Colombia"

Mit Hilfe der USA war das kolumbianische Militär in den vergangenen Jahren modernisiert worden. Im Rahmen ihres so genannten "Plan Colombia" hat die amerikanische Regierung unter George W. Bush bisher insgesamt 7,5 Milliarden US-Dollar investiert, um in der Andenregion den Drogenanbau zu stoppen - Geld, das dem Militär auch im Kampf gegen die Guerrilla zugute kommt. Denn die FARC finanziert sich zu einem Großteil über Schutzgelder, die sie Koka-Bauern und Drogenhändlern abpresst.

Vor diesem Hintergrund drohte Pastrana den Guerrilla-Kämpfern in der vergangenen Woche an, die "Schutzzone" aufzulösen, wenn sie nicht ernsthaft verhandeln wollten. Und dieses Ultimatum zeigte Wirkung: Die FARC erklärten sich bereit, wieder an den Verhandlungstisch zurückzukehren. Am Montag (21.1.) war mein sich einig: Bis zum 7. April soll ein Waffenstillstand unterzeichnet sein. Im Gegenzug verlängerte Pastrana die Gültigkeit der Schutzzone.

Erleichterung bei den Nachbarn

Vor allem im südlichen Nachbarland Ecuador reagierte man erleichtert auf diese Nachricht. Denn seit einigen Jahren dringen die kolumbianischen Guerrilleros immer wieder ins ecuadorianische Grenzgebiet vor. Außerdem sind zahlreiche Kolumbianer vor dem Terror nach Ecuador geflüchtet. Wäre die Schutzzone gewaltsam aufgelöst worden, hätte - so die Befürchtung - die FARC wohl in Ecuador Zuflucht gesucht und dort ihren Kampf weiter geführt.

Die Hoffnungen auf einen Frieden in Kolumbien sind jedoch gedämpft: Gewalt und Terror sind in dem 42 Millionen Einwohner starken Land tief verwurzelt. Seit 1948 herrscht Kolumbien praktisch ununterbrochen Krieg. Allein im letzten Jahrzehnt sind dabei etwa 40.000 Menschen geötet worden. Auch die Wirtschaft des Landes trifft der Terror hart: Man schätzt, dass der Guerrilla-Krieg Kolumbien 10 Prozent des Bruttoinlandsproduktes kostet.

Weitere Terrorgruppen

Selbst wenn es Anfang April mit den FARC-Rebellen zu einem dauerhaften Waffenstillstand kommen sollte, wären noch zwei weitere Terrorgruppen aktiv: Zum einen die zweite kommunistische Guerrilla - die Nationale Befreiungsarmee (ELN) -, mit schätzungsweise 5.000 Kämpfern. Zum anderen gibt es die 8.000 Mann starken rechtsgerichteten Paramilitärs der "Vereinigten Selbstverteidigung Kolumbiens" (AUC). Sie - und nicht die kommunistischen Guerrillas - sind derzeit für die grausamsten Verbrechen und die meisten Toten des Bürgerkriegs in Kolumbien verantwortlich.

Auf den Nachfolger des im August aus dem Amt scheidenden Präsidenten Pastrana - er selbst darf laut kolumbianischer Verfassung nicht mehr kandidieren - kommt also eine schwierige Aufgabe zu, will er seinem Land tatsächlich den lang ersehnten Frieden bringen. Der aussichtsreichste Kandidat bei den Wahlen im Mai, der liberale Horacio Serpa, hat bereits angekündigt, stärker gegen alle Terrorgruppen - inklusive der AUC - vorgehen zu wollen.