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Landminen in der Ukraine gefährden Nahrungsmittelversorgung

17. Oktober 2024

Landminen sind inzwischen zur größten Herausforderung für Landwirte in der Ukraine geworden - weite Teile des fruchtbaren Landes sind schwer kontaminiert. Was bedeutet das für die globale Nahrungsmittelversorgung?

Ein ukrainischer Soldat bei der Minenräumung in einem Mohnfeld mit zwei Landminen
Ein ukrainischer Soldat bei der Minenräumung in einem Mohnfeld mit zwei LandminenBild: Jose Colon/Anadolu/picture alliance

Die Ukraine ist inzwischen das wohl am stärksten verminte Land seit dem Zweiten Weltkrieg - und das wirft auch einen Schatten auf die globale Nahrungsmittelsicherheit. Dies geht aus einer Studie des Tony Blair Institute for Global Change in London hervor, die gemeinsam mit dem ukrainischen Wirtschaftsministerium durchgeführt wurde.

Radio Free Europe ist ein von den USA finanzierter Rundfunksender, der in seinem ukrainischen Dienst auch Beiträge von Radio Donbas Realii ausstrahlt. In einem Interview mit diesem Sender sagte kürzlich ein Bauer aus der Ukraine, er habe "Minen mit bloßen Händen herausziehen" müssen und dabei "sein Leben riskiert".

Selbst nach dem russischen Rückzug aus Teilen der Ukraine haben die Bauern noch immer zu kämpfen, und viele von ihnen säen ihr Getreide und ihre Ölsaaten auf verminten Feldern aus.

Allgegenwärtige Gefahr in ukainischer Erde: Blindgänger in einem Feld in der Region CharkiwBild: Jose Colon/Anadolu/picture alliance

Hilfskonferenz in der Schweiz

Am Donnerstag und Freitag (17. und 18. Oktober) veranstalten die Schweiz und die Ukraine gemeinsam die Ukraine Mine Action Conference (UMAC2024) in Lausanne. Ihr Ziel: bei der Minenräumung auf rund fünf Millionen Hektar - das ist ungefähr zehn Prozent des Ackerlandes - zu helfen.

Darüber hinaus müssen rund 139.300 Quadratkilometer - das entspricht 25 Prozent des gesamten ukrainischen Territoriums - auf Kontamination mit Landminen, nicht explodierten Kampfmitteln und anderen Sprengstoffen überprüft werden.

Der Agrarsektor der Ukraine war lange Zeit eine tragende Säule der Wirtschaft des Landes und machte vor der Invasion Russlands in die Ukraine im Jahr 2022 fast elf Prozent des Bruttoinlandsprodukts (BIP) aus. Diese Zahl ist bis Ende 2023 auf 7,4 Prozent gesunken.

Den Daten des Tony Blair Institutes zufolge schmälern die Landminen "das BIP der Ukraine jährlich um 11,2 Milliarden US-Dollar (10,27 Milliarden Euro) - das entspricht etwa 5,6 Prozent des BIP im Jahr 2021." Der Großteil des Defizits, so der Bericht, sei durch einen Rückgang der Agrarexporte verursacht worden und sei damit ein Hauptgrund für das wachsende Handelsdefizit der Ukraine.

Arbeitskräftemangel in der Ukraine

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Ernte im Minenfeld

Aufgrund des anhaltenden Landminenproblems in der Ukraine ist es unwahrscheinlich, dass die Nahrungsmittelexporte des Landes in absehbarer Zeit das Vorkriegsniveau erreichen werden, selbst in Regionen, aus denen die russische Truppen zum Abzug gezwungen worden sind.

Mriya Aid ist eine kanadische Organisation, die die Minenräumungen unterstützt. Die Organisation arbeitet nicht direkt mit Landwirten zusammen, unterstützt jedoch die Ausbildung ukrainischer Pioniere und stellt Geld und Ausrüstung zur Verfügung, um Minen in der gesamten Ukraine zu räumen.

Die Vorsitzende von Mriya Aid, Lesya Granger, sagte der DW, dass die Minenräumung auch wichtig sei, um weitere Umweltschäden zu verhindern, etwa das "Austreten giftiger Chemikalien in Boden und Wasser oder die Freisetzung schädlicher Partikel in die Atmosphäre durch Explosionen".

Aufgrund ihrer riesigen Flächen mit fruchtbarer Schwarzerde wird die Ukraine auch als Kornkammer bezeichnet – früher als Getreidelieferant der Sowjetunion und im Zeitalter der Globalisierung sogar als weltweite Kornkammer. Die Räumung von Minen und anderer Kriegslasten ist daher der Schlüssel zur Wiederherstellung ihrer Rolle als führender Getreideexporteur.

So waren zwischen 2016 und 2021 beispielsweise mehr als 90 Prozent der gesamten ukrainischen Weizenexporte in Länder Asiens und Afrikas gegangen. Nach der Invasion im Jahr 2022 hat der Krieg jedoch fast ein Viertel des Landes unbrauchbar gemacht - eine Fläche von der Größe Belgiens.

Folgen für die globale Versorgung

Und doch ist die Ukraine immer noch ein wichtiger Nahrungsmittelproduzent für die Welt. In der Vermarktungssaison 2023/24 - das ist der 12-monatige Zeitraum, in dem eine Ernte angebaut, geerntet und verkauft wird - exportierte das Land nach Angaben des ukrainischen Getreideverbands noch 57,5 Millionen Tonnen Getreide und Ölsaaten, wobei Spanien, Ägypten und Indonesien in dieser Saison die größten ukrainischen Weizenimporteure waren.

Die Situation ist für einige afrikanische Länder besonders schwierig. Ägypten und die Demokratische Republik Kongo etwa beziehen mehr als 75 Prozent ihrer Getreideimporte aus der Ukraine und Russland.

Kurz nach Ausbruch des Krieges, von Februar auf März 2022, stieg der Preisindex für Lebensmittel um 12,6 Prozent, wie aus Daten der Ernährungs- und Landwirtschaftsorganisation der Vereinten Nationen (FAO) hervorgeht. Das war der höchste monatliche Anstieg seit der Einführung des Index in den 1990er Jahren.

2023 konnte die Ukraine dank eines Abkommens mit Russland - die sogenannte Schwarzmeer-Getreideinitiative, die Exporte vom Tiefseehafen Odessa aus ermöglichte - ihre Getreideexporte wieder steigern. Nachdem Moskau dieses Abkommen im August 2023 auslaufen ließ, nutzte die Ukraine einen neuen Exportkorridor an der Westküste des Schwarzen Meeres, der durch die Hoheitsgewässer Rumäniens und Bulgariens verläuft.

Die Bedrohung durch schwächere ukrainische Exporte für afrikanische Länder bleibe jedoch "erheblich", heißt es in einem Bericht der Afrikanischen Entwicklungsbank (AfDB). Die durchschnittlichen Verbraucherpreise in Afrika stiegen 2023 um etwa 17 Prozent. Während Ostafrika Inflationsraten von mehr als 26 Prozent verzeichnete, erreichten einige Länder, wie der Sudan, sogar Werte von über 200 Prozent.

Walter Leal, Leiter des Forschungs- und Transferzentrums der Hochschule für Angewandte Wissenschaften Hamburg, sagt, dass Länder wie Algerien und Libyen die Auswirkungen steigender Nahrungsmittelpreise mit Mehreinnahmen aus ihren Öl- und Gasexporten abmildern konnten. Für Länder wie Jemen, Libanon oder Sudan jedoch bleibe "die internationale Nahrungsmittelhilfe von entscheidender Bedeutung".

Der Tod in den Sonnenblumen: Ein Soldat sichert eine LandmineBild: Andriy Andriyenko/SOPA Images/Sipa USA/picture alliance

Wann werden sich die Exporte erholen?

Der ukrainische Ökonom Oleg Pendzin sagt, Landminen seien nur eines von vielen Problemen, mit denen die Landwirtschaft derzeit zu kämpfen habe. "Man kann die Minen räumen und internationale Finanzierung sichern, aber selbst dann können Drohnen immer noch angreifen und die Arbeiter gefährden", sagte er der DW. Entscheidend sei auch die Wiederherstellung der Wasserversorgung und der Wiederaufbau des Kachowka-Staudamms, der die Krim, das Atomkraftwerk Saporischschja und die gesamte Region mit Wasser versorgt, aber im Juni 2023 zerstört wurde.

Darüber hinaus habe der Krieg zu einem Mangel an Landarbeitern geführt. Seit die Menschen "geflohen sind oder eingezogen wurden, liegt das Land brach. Es gibt niemanden mehr, der es bewirtschaftet. Die Dörfer in der Ostukraine sind leer, nur die älteren Bewohner sind geblieben", so Pendzin.

Es bleibt unklar, wann die Ukraine von den Hinterlassenschaften des Krieges wie Landminen und anderen Explosivstoffen befreit sein wird. Sogar ukrainische Beamte haben unterschiedliche Schätzungen. Innenminister Ihor Klymenko sagte, die Minenräumung in der Ukraine könne zehn Jahre dauern, während der ehemalige Verteidigungsminister Oleksij Resnikow von 30 Jahren spricht.

Daher werde der Krieg die "Ernährungsunsicherheit weiterhin verschlimmern", sagt Walter Leal. "Insbesondere in Ländern mit gefährdeten Bevölkerungen werden steigende Preise für Getreide, Pflanzenöle und Düngemittel zu höheren Nahrungsmittelpreisen, zunehmender Inflation und potenzieller politischer Instabilität führen."

 

Dieser Beitrag wurde aus dem Englischen adaptiert.

Anna Chaika Journalistin mit Erfahrung in politischen Reportagen, Menschenrechten und Flüchtlingsthemen.
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