1. Zum Inhalt springen
  2. Zur Hauptnavigation springen
  3. Zu weiteren Angeboten der DW springen
Politik

Lange Haftstrafe für türkische Rechtsanwältin

15. Februar 2021

Gezielt setzen die Behörden am Bosporus Verteidiger der Freiheitsrechte unter Druck - mit den Mitteln der Justiz. Gegenstimmen werden zum Schweigen gebracht.

Türkei Istanbul | Eren Keskin  Präsidentin der IHD Human Right Association spricht zur Presse
Flut von Strafverfahren: Eren Keskin (Archivbild)Bild: Ozan Kose/AFP/Getty Images

Die türkische Menschenrechtsanwältin Eren Keskin ist wegen Mitgliedschaft in einer Terrororganisation zu sechs Jahren und drei Monaten Haft verurteilt worden. Das Istanbuler Gericht sprach zudem drei weitere Angeklagte schuldig: Zwei Verantwortliche der inzwischen verbotenen pro-kurdischen Tageszeitung "Özgür Gündem" erhielten ebenfalls eine Strafe von sechs Jahren und drei Monaten. Auch hier erkannten die Richter auf Mitgliedschaft in einer Terrororganisation.

Der ehemalige Chefredakteur der Zeitung, Bilir Zana Kaya, soll wegen Terrorpropaganda für zwei Jahre und einen Monat ins Gefängnis, wie aus dem Protokoll hervorgeht. Das Urteil ist noch nicht rechtskräftig. Rechtsbeistand Ozcan Kilic sagte der Nachrichtenagentur Reuters, es handele sich um einen politisch motivierten Richterspruch, den man anfechten werde.

"Entsetzliche Ungerechtigkeit"

Keskin - eine der renommiertesten Menschenrechtsanwältinnen der Türkei - schrieb auf Twitter, sie sei oft angeklagt worden und habe wegen ihrer Ansichten im Gefängnis gesessen. Es sei jedoch das erste Mal, dass sie wegen Mitgliedschaft in einer Terrororganisation verurteilt werde.

Milena Büyüm von Amnesty International nannte das Urteil eine "entsetzliche Ungerechtigkeit". Auf Twitter schrieb sie: "Eren Keskin hat ihr Leben der Verteidigung der Rechte von Frauen und Inhaftierten gewidmet sowie für Gerechtigkeit für Familien von Verschwundenen gekämpft. Sie ist eine Menschenrechtsanwältin, die sich gegen Ungerechtigkeit ausspricht."

Hintergrund des Verfahrens ist, dass Keskin die Zeitung "Özgür Gündem" als symbolische Chefredakteurin unterstützt hatte. Das Blatt war nach dem Putschversuch 2016 per Dekret eingestellt worden. "Özgür Gündem" wurde vorgeworfen, Propaganda zugunsten der verbotenen kurdischen Arbeiterpartei (PKK) zu verbreiten, die als Terrororganisation gilt.

"Einschüchterung der Zivilgesellschaft"

Die Menschenrechtsbeauftragte der Bundesregierung, Bärbel Kofler, hatte 2019 zum Vorgehen der Justiz gegen Keskin erklärt: "Ich bin empört darüber, dass diese wichtige und mutige Stimme mit einer Flut von Strafverfahren zum Verstummen gebracht werden soll." Derartige Verfahren wirkten "weit über den Einzelfall hinaus". Sie trügen dazu bei, "die kritische Zivilgesellschaft in besonderer Weise einzuschüchtern".

jj/wa (dpa, rtr)

Den nächsten Abschnitt Mehr zum Thema überspringen