US-Forschern ist es gelungen, zwei gefährliche Bienenkrankheiten mit gentechnisch veränderten Darmbakterien zu bekämpfen. Deutsche Biologen sind aber skeptisch.
Anzeige
Vor allem die Varroa-Milbe ist vielfach für den Verlust von ganzen Bienenvölkern verantwortlich. Der blutsaugende Parasit setzt sich auf die Unterseite oder den Rücken der Honigbiene und beißt sich dort im Chitinpanzer fest. An den Einbissstellen können dann leicht Krankheitserreger wie das Krüppelflügelvirus eindringen, wodurch die Biene flugunfähig wird.
Möglicherweise gibt es jetzt eine vielversprechende Methode, um Bienenvölker vor zwei der gefährlichsten Krankheitserreger zu schützen: Wissenschaftler von der University of Texas in Austin generierten gentechnisch veränderte Darmbakterien, die – angesiedelt im Darm der Bienen – deren Abwehr gegen das Krüppelflügelvirus und die Varroa-Milben stärkten.
Parasiten schutzlos ausgeliefert
Ursprünglich stammt die Varroa-Milbe aus Südostasien. Von da aus gelangte sie schließlich in viele Regionen der Welt. 1977 wurde sie erstmals auch in Deutschland nachgewiesen. Die meisten Bienenarten weltweit haben keine wirksame Abwehrstrategie gegen die Parasiten entwickeln können, was maßgeblich zum dramatischen Bienensterben beigetragen hat.
Die US-Forscher nutzten für ihre aktuelle Arbeit die Methode der RNA-Interferenz (RNAi), einen natürlichen Mechanismus, bei dem Gene stillgelegt werden. Sie veränderten Bakterien der Art Snodgrassella alvi, welche als natürlich vorkommende Symbionten (die kleineren, der an einer Symbiose beteiligten Arten) im Mikrobiom der Bienen existieren. Diese Bakterien gaben im Darm der Tiere Ribonukleinsäure (RNA)-Moleküle ab, die zum Stilllegen von Genen der Varroa-Milbe oder des Krüppelflügelvirus führten.
Bienen, welche die gentechnisch veränderten Bakterien über die Nahrung aufgenommen hatten, überlebten unter den experimentellen Laborbedingungen eine Virusinfektion deutlich länger. Auch starben die Varroa-Milben schneller ab. Veröffentlicht haben die Wissenschaftler der University of Texas in Austin Ihre Ergebnisse imFachjournal "Science".
Zurückhaltende Reaktionen aus Deutschland
Die neuesten Ergebnisse wurden von Deutschen Biologen zurückhaltend kommentiert: "Von einem Durchbruch der Virus- und Varroa-Bekämpfung kann man [...] zum jetzigen Zeitpunkt nicht ausgehen", sagt der emeritierte Professor Dr. Randolf Menzel. Er leitet eine Arbeitsgruppe am Institut für Biologie und Neurobiologie an der Freien Universität Berlin
Da es sich nur um eine Laborstudie mit wenigen Bienen handelt, lasse sich nicht abschätzen, ob sich Virus- und Varroa-Infektionen so wirklich erfolgreich bekämpfen lassen, ob die Herstellung der notwendigen RNA-Moleküle mit vertretbaren Kosten und der nötigen Spezifität möglich ist und ob sich die Methode auf andere Bienenkrankheiten übertragen lasse, so Prof. Menzel.
Eine Anwendung der Methode außerhalb des Labors hält der Biologe für nicht verantwortlich: "Da Bakterien außerordentlich schnell mutieren, lässt sich auch nicht ausschließen, dass diese Bakterien die Wirkungen auf andere Tiere und den Menschen übertragen, wenn diese die Bakterien aufnehmen. Welche Auswirkungen damit verbunden sein können, ist nicht vorherzusehen."
Unverhersehbare Auswirkungen bei Freilandversuchen
Auch der Zoologe Prof. Dr. Robert Paxton warnt davor, 'fremde Gene' in die Umwelt freizusetzen. Er leitet die Arbeitsgruppe Allgemeine Zoologie am Institut für Biologie der Martin-Luther-Universität Halle-Wittenberg. Zwar verspreche der neue Ansatz "eine kurz- bis mittelfristige Lösung für das wichtigste Problem der Honigbienen und Imker auf der ganzen Welt,"
Zunächst müsse aber in Laborexperimenten nachgewiesen werden, dass der Ansatz auch in großen Bienenvölkern mit bis zu 50.000 erwachsenen Honigbienen funktioniert und ein "horizontaler Gentransfer" ausgeschlossen werden kann.
"Ich denke, wir brauchen einige strenge empirische Studien in geschlossenen Systemen mit großen Honigbienenvölkern, die mit GVO-Bakterien [gentechnisch veränderter Organismus] gefüttert werden, um zunächst zu prüfen, ob Gene entweichen können, bevor der Ansatz, so vielversprechend er auch sein mag, im Feld eingesetzt wird", sagt Paxton, der auch Mitglied des Deutschen Zentrum für integrative Biodiversitätsforschung (iDiv) Halle-Jena-Leipzig ist.
Bienen: Was bleibt uns ohne sie?
Eine Welt ohne Bienen? Unvorstellbar. Sie werden sich wundern, wie sehr wir von den fleißigen Insekten abhängig sind und wie leer unsere Supermarktregale ohne ihre Hilfe wären. Eine Bestandsaufnahme zum Weltbienentag.
Bild: picture-alliance/dpa/U. Anspach
Zuckersüße Kristalle
Was hier zu sehen ist, kommt uns allen vermutlich als erstes in den Sinn, wenn wir an Bienen denken: Honig. Hier wurden in 100-facher Vergrößerung und mithilfe von polarisiertem Licht die Zuckerkristalle sichtbar gemacht. Für ein Glas Honig müssen Bienen etwa 450.000 bis drei Millionen Blüten besuchen.
Bild: Imago/Chromorange
Gähnende Leere
Was vielen jedoch nicht so richtig bewusst ist: Der pure, klebrige Honig im Glas ist nur ein winzig kleiner Teil vom Produktionsspektrum der Bienen. Diese symbolische und werbewirksame Aktion eines Supermarkts sollte das kürzlich deutlich machen. Dabei wurden 60 Prozent der Artikel aussortiert. Sämtliche Produkte, die es ohne die fleißigen Insekten nicht geben würde. Es blieben leere Regale.
Bild: Penny/Rewe Group
Bienen Know-how
Und vor allem: Biene nicht gleich Biene. Eine Wildbiene stellt zum Beispiel keinen Honig her, ist aber eine besonders effiziente Bestäuberin - und insbesondere um sie geht es, wenn vom Bienensterben die Rede ist. Auch Hummeln zählen zu den Wildbienen-Arten. Honigbienen haben dagegen weniger Grund zu Sorge, da sie Nutztiere sind - und Bienenstöcke von Menschen gehalten werden.
Bild: picture-alliance/dpa/U. Anspach
(K)ein Apfel pro Tag
Und natürlich gibt es auch noch andere Bestäuber neben Bienen - Schmetterlinge, Fliegen oder Vögel zum Beispiel. Aber rund ein Drittel von unserem Obst und Gemüse sind von der Bestäubung durch Bienen abhängig. Dazu gehören beispielsweise Äpfel, Birnen, Erdbeeren, Gurken. Und darauf würden wir alle nur ungern verzichten, oder?
Bild: picture-alliance/dpa/F.Rumpenhorst
Kleine Warenkunde
Aber zurück in den Supermarkt. Es ist offensichtlich, dass hier ohne Bienen nicht nur die Obst- und Gemüseregale leer bleiben. Darüber hinaus fehlen all die Lebensmittel, die den Zusatzstoff E 901 beinhalten, was der europäischen Zulassungsnummer von Bienenwachs entspricht. Von solchen Produkten gibt es eine ganze Menge.
Bild: Penny/Rewe Group
Multifunktional
Derzeit ist Bienenwachs aus der Lebensmittelindustrie nicht mehr wegzudenken. Es kommt zum Beispiel - wie hier - als Überzugs- und Trennmittel von Fruchtgummi zum Einsatz, damit die Gummibärchen nicht alle aneinanderkleben - ein Glück! Das gleiche gilt für eine ganze Reihe anderer Süß- und Backwaren.
Bild: DW/A. Maciol
Hübsch und haltbar
Und warum unsere Schokolade oft so schön aussieht? Nicht, weil wie hier Insekten darauf drapiert sind. Aber auch hier gilt der Dank den fleißigen Bienen oder E 901, das Schokolade hübsch glänzen lässt. Auch Obst und Gemüse ist oft als "gewachst" deklariert, damit es weniger Feuchtigkeit verliert und länger haltbar bleibt - und appetitlich(er) aussieht.
Apropos Schokolade: Ohne Bienen wird es die auch nicht mehr in Hülle und Fülle geben, denn auch hier leisten unsere Bienen bei der Bestäubung ganze Arbeit. Im Notfall bliebe nur die äußerst mühsame und viel ineffizientere Bestäubung per Hand. Das gleiche gilt übrigens für Nüsse.
Bild: picture-alliance/Prisma/C. Heeb
Koffeeinkick für alle
Nicht nur wir Menschen, auch Bienen stehen auf Koffein, das hat ein Experiment mit koffeeinfreiem und koffeeinhaltigem Zuckerwasser gezeigt. Dabei suchten die fleißigen Insekten selbst nach dem Versiegen der Quelle noch unentwegt nach einem Koffeeinkick. Gleichzeitig sorgen Bienen durch Bestäubung aber auch für unseren (hoffentlich) nie versiegenden Vorrat an Kaffeebohnen.
Bild: Deutscher Kaffeeverband e.V.
Verlorene Vielfalt
Wie viele Produkte dank der Bemühung der Bienen in unserem Einkaufswagen landen, lässt sich trotzdem nur schwer aufzeigen - da zu den eben genannten Artikeln zum Beispiel diverse Gewürze, Marinaden, Milchprodukte oder sogar Toilettenpapier mit Kamillenblütenduft hinzukommen. Wovon wir zum Teil womöglich weniger abhängig sind als von Obst und Gemüse....
Bild: picture-alliance/dpa/A. Dedert
Ein Hoch auf unsere Bienen!
Dennoch wird deutlich, wie sehr wir von der harten Arbeit der Tiere profitieren und dass wir uns ohne die tatkräftige Unterstützung der Insekten ganz schön umstellen müssten. Nicht nur am Weltbienentag sollten wir ihnen deshalb Tribut zollen.
Bild: picture-alliance/dpa/F. Rumpenhorst
Wie helfen?
Zum Schutz der Bienen geht es nicht nur um eine möglichst zurückhaltende Nutzung von Pestiziden durch die Landwirtschaft. Auch Sie können etwas tun, um die Tiere zu schützen: Insektenhotels dienen Bienen als Nist- und Überwinterungsmöglichkeit, Blumen im Balkonkasten und Obstbäume auf der der Wiese sind eine sichere Nahrungsquelle.