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Lauter Wahlsieger in Sachsen

Mathias Bölinger1. September 2014

Nach der Landtagswahl in Sachsen fühlen sich fast alle Parteien als Gewinner. Um die Partei, die am meisten dazu gewonnen hat, macht der Wahlsieger Stanislaw Tillich allerdings einen Bogen.

Ministerpräsident Stanislaw Tillich (CDU) und Parteichefin Angela Merkel (Bild: Reuters)
Blumenübergabe unter WahlsiegernBild: Reuters

Ein Journalist erlaubte sich den Spaß. "Wer sind denn die beiden Herren?", fragte er laut in den Raum. Da hatte die sächsische Spitzenkandidatin der Partei Alternative für Deutschland (AfD), Frauke Petry, gerade eine blaue Metallstange an Björn Höcke und Alexander Gauland übergeben – den Staffelstab für weitere Wahlsiege, wie sie sagte. Die beiden sind Spitzenkandidaten der Partei für die Bundesländer Thüringen und Brandenburg, wo am 14. September Landtagswahlen stattfinden. Gemeinsam mit Petry sind sie zur Pressekonferenz in Berlin gekommen. Petry hat in ihrem Bundesland Sachsen gerade aus dem Stand zehn Prozent der Stimmen geholt. Die AfD ist damit zum ersten Mal in ein deutsches Länderparlament eingezogen.

"Die AfD endlich ernst nehmen"

Wenig ärgert die Vertreter der euroskeptischen Partei mehr, als wenn man ihnen das Gefühl gibt, nicht für voll genommen zu werden. Deshalb fordert die sächsische Spitzenkandidatin Frauke Petry dann auch am Montag nach dem Wahltriumph von den Christdemokraten, "die AfD endlich ernst zu nehmen". Petry wehrte sich gegen den Vorwurf, einer rechtspopulistischen Partei anzugehören. Man habe mehr Stimmen aus dem Lager der CDU erhalten als von den Wählern der rechtsradikalen NPD, die knapp an der Fünf-Prozent-Hürde scheiterte. "Die etablierten Parteien, die in Sachsen fest im Sattel saßen, haben es selbst vergeigt", betonte Petry.

"Nehmt uns endlich ernst" - Frauke PetryBild: picture-alliance/dpa

Die CDU setzt gegenüber der neuen Partei nach wie vor auf Abgrenzung. Der konservative Wahlsieger Stanislaw Tillich hatte eine Koalition mit der AfD bereits am Wahlabend ausgeschlossen. Er werde sowohl mit den Sozialdemokraten als auch mit den Grünen Gespräche über eine Koalition suchen, sagte der sächsische Ministerpräsident am Montag. "Wer angetreten ist, um uns an der Regierung abzulösen, ist für uns erstmal kein Gesprächspartner", begründete Tillich am Montag etwas unbeholfen seine Absage an die AfD, ganz so, als ob die Grünen oder die SPD im Wahlkampf versprochen hätten, ihn im Amt zu halten.

Die CDU war am Sonntag stärkste Partei geworden, hatte allerdings gegenüber der letzten Wahl verloren und damit das schlechteste Ergebnis in Sachsen seit der Wiedervereinigung erzielt. Bundeskanzlerin Angela Merkel lobte ihren Parteifreund trotzdem für das "herausragende Wahlergebnis" und sprach von einem "guten Tag für die Christlich-demokratische Union".

Zufriedenheit überall

Montags nach einer Wahl versuchen die Parteien in Berlin üblicherweise, das Ergebnis in ihrem Sinn zu interpretieren. An diesem Montag schien es mit Ausnahme der liberalen FDP nur Wahlgewinner zu geben.

Die SPD, die traditionell in Sachsen schwach ist, freute sich darüber, zwei Prozent dazu gewonnen zu haben und jetzt auf 12 Prozent der Stimmen zu kommen. "Meine Aufgabe war es, die SPD in Sachsen aus dem Tal der Tränen herauszuführen. Und das geht nur Schritt für Schritt", sagte der Spitzenkandidat Martin Dulig. Der SPD-Parteichef Sigmar Gabriel warf dem sächsischen Ministerpräsidenten zugleich vor, für die niedrige Wahlbeteiligung verantwortlich zu sein, weil die Landesregierung die Wahl auf den letzten Tag der Schulferien gelegt hatte. "Herr Tillich hat der Demokratie einen Bärendienst erwiesen", sagte er. Weniger als die Hälfte der Wahlbeteiligten war an die Urnen gegangen.

Zuversicht bei zwei Prozent Zugewinn - Martin DuligBild: picture-alliance/dpa

Die Grünen-Spitzenkandidatin Antje Hermenau deutete die leichten Verluste ihrer Partei als ein "solides Ergebnis". Der Spitzenkandidat der Linkspartei, Rico Gebhardt, erklärte, er sei zufrieden. Die Linke ist zweitstärkste Kraft geworden, hat aber 1,7 Prozent verloren. Nur die FDP, die seit mehr als einem Jahr Wahl um Wahl verliert und nun auch in ihrer einstigen Hochburg Sachsen aus dem Parlament geflogen ist, bemühte sich nicht mehr, das Ergebnis schönzureden. Parteichef Christian Lindner erklärte, er habe "besonderen Respekt" vor jenen 3,8 Prozent der Wähler, die trotz der schlechten Stimmung bei seiner Partei ihr Kreuz gemacht hätten. "Sie haben sich eine innere Unabhängigkeit bewahrt."

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