Die Welt als Spielplatz
8. August 2007Flink wie eine Katze springt Alex über die Mauer - die Beine angezogen wie beim Hocksprung. Alex ist ein "Traceur". So nennen sich Sportler, die Parkour machen. Frei übersetzt bedeutet das: jemand, der den Weg absteckt. Und genau das tut Alex: Er sucht sich Wege, die abseits der vorgeschriebenen Pfade liegen. Hindernisse gilt es dabei so schnell und effizient wie möglich zu überwinden. Auf die Höhe kommt es dabei aber nicht an. In den fünften oder zehnten Stock eines Hauses zu klettern und dann von Dach zu Dach springen - solche Vorstellungen sind Unsinn, sagt Alex Lorenz aus Leipzig.
"Erstens funktioniert das nicht, zweitens würde das viel länger dauern, als wenn man unten langgeht, weil man erst mal das Haus hochklettern müsste", erklärt Alex. Parkour finde hauptsächlich unten statt. "Man trainiert verschiedene Bewegungen, nimmt Geländer mit, Mauern und alles Mögliche."
Große Sprünge vorher testen
Alex ist 22 Jahre alt und hat jahrelang Kampfsport gemacht. Bei einem Workshop vor rund anderthalb Jahren lernte er Parkour kennen, und war sofort begeistert: "Beim Parkour ist wirklich alles gefordert: Oberkörper, Arme, Beine und Rumpfmuskulatur. Und das fasziniert mich eigentlich. Es ist ein hartes Workout und macht Spaß."
Zusammen mit Freunden trainiert der Leipziger vier- bis fünfmal die Woche. Manchmal sind da schon größere Sprünge dabei, aber die wollen gründlich vorbereitet sein. Denn einfach los zu stürzen könnte fatale Folgen haben. "Bevor wir wirklich irgendwo in die Höhe gehen, testen wir das alles unten auf sicherem Gelände, also auf der Ebene, wo es ungefährlich ist. Und erst wenn das sicher ist und sitzt, dann machen wir es in der Höhe.”
Die Welt wird zum Spielplatz
Erfunden wurde Parkour in den 80er Jahren von dem Franzosen David Belle. Er praktizierte die neu erdachte Art der Fortbewegung in Lisse, einem Vorort von Paris. Von dort aus verbreitete sich die Sportart in der ganzen Welt. Auch in Deutschland gibt es inzwischen einen Parkour-Verband. Dessen Präsidentin, Sandra Hess, ist ehemalige Weltmeisterin im Freestyle-Karate und seit 2004 fasziniert von Parkour. Sie gibt Workshops und versucht, die Sportart in Deutschland zu etablieren. “Wir versuchen, Parkour eine gewissen Struktur zu geben, so dass jeder eine Anlaufstelle für Anfragen hat", sagt Hess. Der Verband versuche zum Beispiel, weitere Vereine aufzubauen und Trainer auszubilden.
Zu den Workshops kommen Interessierte aus allen Bevölkerungsschichten. Besondere Voraussetzungen braucht man nicht, wenngleich es natürlich vorteilhaft ist, vorher schon mal Sport getrieben zu haben. "Am Anfang ist es natürlich schon schwierig, eine Mauer zu überwinden. Das trainiert man natürlich, wie in jedem Sport auch - je öfter man es macht, desto besser funktioniert es", sagt Sandra Hess. Mit der Zeit verändere sich dann auch der Blick auf die Stadt. Auf altbekannten Wegen entdecke man immer neue Hindernisse. Mit Parkour werde die Welt zu einem einzigen Spielplatz.