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Leben im roten Bereich

Rafael Heiling1. Februar 2005

Rothaarig ist man nicht auf, sondern im Kopf. Denn solche Menschen sind kompliziert und rätselhaft – aber auch erotisch anziehend. Sagt man. Die es wissen müssen, halten dagegen: Alles an den Haaren herbeigezogen.

Rothaarig - und kompliziert?Bild: dpa

Das Leben eines Rothaarigen kann eine einzige Pechsträhne sein. Zumindest, wenn man jung ist. "Iiiih, der hat ja rote Haare!", wahlweise auch "Kupferdach" oder "Möhre" wird einem da an den Kopf geworfen. In Romanen sind die Bösen meistens rothaarig. Und angeblich sterben die verantwortlichen Gene auch noch langsam aus: "Rote Haare, Gott bewahre!"

Der Reiz des Ambivalenten

Das findet Nikolas Gleber nun gar nicht: "Solche Zitate sind dumm!" Gleber sammelt Rothaarige in seiner Berliner Modelagentur "Redhead".

Boris Becker - immerhin rotblondBild: AP

Aber keine, die mit Chemie nachgeholfen haben. Natur-rote Haare seien etwas Besonderes, betont er: "Von der Weltbevölkerung sind es nur um die drei Prozent, davon wiederum fünf Prozent in Schottland." Außerdem hätten echte Rothaarige "diese Ambivalenz zwischen anrüchig und sexy, aber auch rein".

Gefärbt gilt nicht

Schauspielerin Rita Hayworth kam erst mit roten Haaren groß rausBild: AP

Die Damen waren – je nach Epoche - entweder als unberechenbar oder spröde, kompliziert oder ständig krank verrufen. Dann aber auch wieder als liebesleidenschaftlich und attraktiv. Der Maler Tizian mochte rote Haare, so wie später Edvard Munch und Gustav Klimt.

Glebers Agentur hat 300 Rothaarige gespeichert. Bei Werbeagenturen sind sie gefragt – zum Beispiel, um Jeans oder Wodka an den Kunden zu bringen.

Aber es muss schon gebürtiges Rot sein. Viele Frauen ergreifen die Gelegenheit beim Schopf und färben sich mit einem der -zig Rottöne die Haare. So tat es Franka Potente in "Lola rennt" oder Meg Ryan in "In the cut". Gleber findet allerdings: "Die wollen nur den Sex-Appeal rauskitzeln. Das sieht in den wenigsten Fällen wirklich gut aus." Beim Mann übrigens auch nicht.

Hübsch sein kann helfen

Selbstbewusst und rothaarig: Kinderbuch-Heldin Pippi Langstrumpf.Bild: AP

"Es macht einen Unterschied, ob jemand rote Haare hat und hübsch ist oder ob er nicht hübsch ist. Wer gut aussieht, hat manchmal weniger zu leiden", sagt der Fotograf Uwe Ditz. Er hat "Rotschöpfe" für seinen gleichnamigen Bildband fotografiert.

"Rote Haare, Sommersprossen sind des Teufels Artgenossen"? Ein alter Zopf: "Das kommt wohl aus dem Mittelalter, als rothaarige Frauen noch als Hexe verbrannt wurden."

Den "typischen rothaarigen Mann" gebe es nur äußerlich: weiche, blasse Haut, helle Wimpern und Brauen und eben Sommersprossen. Das wirkt für Model-Vermittler Gleber ingesamt "weich" und sei bei Männern deshalb nicht immer ein Pluspunkt. Boris Becker allerdings hat es damit immerhin bis in die Werbung geschafft.

Markenzeichen rote Haare: Comedian Scott ThompsonBild: AP

Rothaarige erregen Aufmerksamkeit – so oder so. Schließlich sind sie selten. "Viele werden als Kinder gehänselt." Dadurch würden sie im Lauf der Zeit selbstbewusster. Daher vielleicht der Ruf, sich öfter mit anderen in die Haare zu kriegen, vermutet Gleber.

Vom Aussterben bedroht

Wenn beide Elternteile das Rote-Haare-Gen in sich tragen, hat das Kind mit 25-prozentiger Wahrscheinlichkeit später welche. Ob Rost-, Kupfer- oder Sonstwie-Rot herauskommt, gehorcht komplizierten Gen-Gesetzen – ebenso die Verteilung: Warum nur sind im klassischerweise rothaar-reichen Irland tatsächlich nur drei Prozent damit gesegnet, ebenso viele wie in den USA?

Und wenn man haarsträubenden Studien glaubt, sind die Rothaarigen in 200 Jahren ausgestorben. Nicht alle Genetiker sind sich da sicher, manche Studien und Nikolas Gleber dagegen schon: "Es wird immer weniger. Wenn bestimmte Faktoren dazukommen, sagt das Gen schnell tschüss."

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