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Leben in Afghanistan "weitgehend normal"?

13. November 2015

Dürfen Flüchtlinge nach Afghanistan abgeschoben werden? Verteidigungsministerin von der Leyen und das Auswärtige Amt sind völlig uneins über die reale Situation am Hindukusch.

Bundesverteidigungsministerin Ursula von der Leyen in Afghanistan (foto: Getty Images)
Ministerin von der Leyen bei einem ihrer Afghanistan-BesucheBild: MACDOUGALL/AFP/Getty Images

Die Bedenken des Berliner Auswärtigen Amts sind massiv: Die Bedrohungslage in Afghanistan habe sich verglichen mit der Situation zu Beginn des NATO-Einsatzes sogar noch "dramatisch" zugespitzt, zitiert das Nachrichtenmagazin "Der Spiegel" aus einem aktuellen internen Lagebericht der deutschen Botschaft in Kabul. Davon will die Bundesverteidigungsministerin nichts wissen.

Ursula von der Leyen beharrt darauf, es gebe am Hindukusch etliche große Städte, wo sich trotz unbestreitbarer Risiken ein "weitgehend normales" Leben abspiele. Und deswegen seien Abschiebungen abgelehnter Asylbewerbern aus dem südasiatischen Land in Einzelfallentscheidungen auch möglich, sagte die CDU-Politikerin der "Bild"-Zeitung. Natürlich sei die Sicherheitslage nicht wie in Europa.

Auch Bundesinnenminister Thomas de Maizière - selbst auch schon einmal Verteidigungsminister - hatte sich dafür ausgesprochen, Afghanistan-Flüchtlinge verstärkt in ihre Heimat zurückzuschicken. Deutsche Soldaten und Polizisten trügen schließlich dazu bei, Afghanistan sicherer zu machen. Auch sei schon viel Entwicklungshilfe geflossen, und nicht alle Provinzen seien gleichermaßen gefährlich. De Maizières Kommentar, da könne man "erwarten, dass die Afghanen in ihrem Land bleiben", hatte beim Koalitionspartner Irritationen und bei Menschenrechtlern Empörung ausgelöst.

Das Außenministerium schätzt laut "Spiegel"-Bericht die Situation in Afghanistan sogar ausgesprochen pessimistisch ein. Der Politische Direktor des Ministeriums, Andreas Michaelis, habe bei einem Treffen mit Außenpolitikern der Union auf die prekäre Sicherheitslage hingewiesen. Die Gefahr für Leib und Leben sei in jedem zweiten afghanischen Distrikt "hoch" oder "extrem", heißt es demnach von den deutschen Diplomaten in Kabul.

"Weitgehend normal"? Immer wieder Überfälle und Selbstmordattentate - wie hier in KabulBild: Reuters/A. Masood

Selbst in Landesteilen, die bisher als relativ sicher galten, wachse die Bedrohung "rasant". Noch vor dem Winter sei mit weiteren massiven Angriffen der radikalislamischen Taliban zu rechnen. Diese hatten Ende September vorübergehend die nordafghanische Großstadt Kundus besetzt.

Der Grünen-Experte Omid Nouripour erklärte, das Auswärtige Amt habe recht, wenn es die Lage nicht schönrede, nur um Flüchtlinge zurückschicken zu können.

Angesichts der wiederholten Vorstöße der Taliban will die Bundesregierung die Obergrenze für den Einsatz deutscher Soldaten in Afghanistan erhöhen. Bislang können dort bis zu 850 Bundeswehrsoldaten stationiert werden. Künftig sollten es maximal 980 sein, teilte der SPD-Verteidigungsexperte Rainer Arnold der "Berliner Zeitung" mit.

SC/stu (afp, rtr, dpa, spiegelonline)

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