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Leben in Deutschland: Wie zufrieden sind Zugewanderte damit?

8. November 2025

Jedes Jahr untersucht das Bundesinstitut für Bevölkerungsforschung, wie zufrieden die Menschen hierzulande sind. Ein Ergebnis: Je länger Zugewanderte in Deutschland leben, desto zufriedener sind sie mit ihrem Alltag.

Schwarze Frau am Steuer eines Busses
Zufrieden in Deutschland: Die Kenianerin Millicent Awiti arbeitet als Busfahrerin in FlensburgBild: Axel Heimken/dpa/picture alliance

Zwei aktuelle Studien haben den Puls der Deutschen gefühlt – und liefern ein ähnliches Ergebnis: Die Menschen hierzulande sind wieder zufriedener mit ihrem Leben. Der Glücksatlas 2025 zeigt, dass sich die Stimmung nach den Krisenjahren spürbar aufgehellt hat. Jeder Zweite bezeichnet sich inzwischen als hochzufrieden. Zu einem vergleichbaren Befund kommt auch der BiB.Monitor Wohlbefinden des Bundesinstituts für Bevölkerungsforschung. Er nimmt zudem genauer in den Blick, wie zufrieden die Zugewanderten in Deutschland sind.

Katharina Spieß, Bib.Monitor Leiterin, sagt der DW: "Wir haben bei der Lebenszufriedenheit tatsächlich eine gewisse Stabilisierung erreicht und sind jetzt fast auf Vor-Corona-Niveau angekommen. Wenn wir nach Einwanderungsgruppen differenzieren, haben wir bei denen, die aus Osteuropa kommen, einen hohen Anteil von sehr zufriedenen Menschen. Und wir beobachten das sogenannte 'Integrationsparadox', dass die Nachkommen von Eingewanderten weniger zufrieden sind als ihre zugewanderten Eltern."

Der Begriff "Integrationsparadox" geht zurück auf den Soziologen und Integrationsforscher Aladin El-Mafaalani. Er hat die These aufgestellt, dass mit gelungener Integration auch das Konfliktpotenzial wächst. Wenn also die nachfolgenden Generationen von Zugewanderten nicht nur teilhaben, sondern auch mitgestalten wollen, führt das zwangsläufig zu Auseinandersetzungen. 

So zeigt sich, dass bei der Lebenszufriedenheit nach Einwanderungsgeschichte die Eingewanderten die höchsten Werte von sehr zufriedenen Menschen besitzen – gefolgt von Menschen ohne Einwanderungsgeschichte und den Nachkommen der Einwanderergeneration. "Der Befund, dass die Nachkommen nicht so zufrieden sind, kann auch damit zusammenhängen, dass möglicherweise die Erwartungen nicht so gut erfüllt wurden und auch die Integration nicht so gut funktioniert, wie sich das die Betroffenen selbst und auch die Gesellschaft erhofft haben", so Spieß.

Am zufriedensten in Deutschland: Zuwanderer aus Osteuropa

Dagegen scheint die Eingliederung von Zuwanderern aus Osteuropa besser zu klappen – beinahe jeder Vierte ist mit seinem Leben in Deutschland sehr zufrieden, womöglich wegen der größeren kulturellen Nähe der Bevölkerung. Indes gibt es einen signifikant hohen Anteil von Zuwanderern aus Asien und Afrika, die mit ihrem Leben hierzulande wenig zufrieden sind: mehr als jeder Dritte, so viele wie in keiner anderen Gruppe. Mögliche Gründe: Diskriminierungs- und Rassismuserfahrungen, eine größere kulturelle Distanz, oder auch die oftmals schwierigen Migrationswege.

Es gibt allerdings große Unterschiede je nach Herkunftsland. Unter den Zugewanderten, die vor allem 2015 und 2016 nach Deutschland kamen, zeigt sich ein gemischtes Bild: Fast jeder dritte Syrer ist mit seinem Leben hier sehr zufrieden, während etwa ebenso viele Zugewanderte aus dem Irak oder Eritrea mit ihrer Situation unzufrieden sind. Hintergrund könnte sein, dass die geflüchteten Syrerinnen und Syrer einen deutlich höheren Schutzstatus hatten, inklusive der Möglichkeit des Familiennachzugs.

Deutsche Sprache als Schlüssel für Integration und Zufriedenheit

Für die Ukrainerinnen und Ukrainer, die seit Februar 2022 mit Beginn des russischen Angriffskrieges nach Deutschland kamen, gilt derweil: Ihre Lebenszufriedenheit ist zwar im Vergleich zum Vorjahr leicht gestiegen, aber immer noch sehr niedrig. Sogar die Hälfte von ihnen ist mit ihrer Situation wenig zufrieden.

Die Leiterin des Bundesinstituts für Bevölkerungsforschung sagt: "Gerade bei der großen Gruppe der in Deutschland schutzsuchenden Ukrainerinnen und Ukrainern sehen wir vor allem bei den älteren Frauen eine geringere Lebenszufriedenheit. Dies könnte damit in Zusammenhang stehen, dass ihre Partner noch in der Ukraine sind und eventuell aktiv in den Krieg involviert sind."

"Die allgemeine Lebenszufriedenheit ist viel umfassender als die Zufriedenheit mit dem politischen System" - Katharina SpießBild: Bildkraftwerk

Dabei zeigt sich auch ein weiteres Ergebnis der Studie: Je weniger die Zugewanderten zu Hause Deutsch sprechen, desto unzufriedener sind sie auch – Sprache bleibt der Schlüssel zu einer gelungenen Integration. "Nicht nur in Deutschland ist es so, dass Eingewanderte, je länger sie im Land leben, besser in den Arbeitsmarkt integriert sind und die Sprache besser beherrschen. Das hängt dann auch damit zusammen, dass mit der Aufenthaltsdauer die Zufriedenheit von Menschen zunimmt", so Spieß.

Auswanderer aus Deutschland häufig zufriedene Menschen

Das Bundesinstitut für Bevölkerungsforschung hat aber nicht nur die Lebenszufriedenheit derjenigen gemessen, die nach Deutschland eingewandert sind, sondern auch die Auswanderer genau unter die Lupe genommen. Nicht so überraschendes Ergebnis: Vor allem die Emigranten nach Spanien, Italien, Portugal und Griechenland sind mit ihrem Leben sehr zufrieden.

"Das hängt sicherlich auch mit dem Klima zusammen, aber auch mit niedrigeren Lebenshaltungskosten", erklärt Katharina Spieß, räumt dabei aber mit einem Vorurteil auf. "Menschen, die auswandern wollen, sind nicht unbedingt unzufrieden in Deutschland. Da ist auch ein hoher Anteil sehr zufriedener Menschen dabei. Dies zeigt, dass Auswanderung nicht per se bedeutet, ich bin unzufrieden und 'fliehe‘ aus Deutschland, sondern dass diese auch Gruppen sind, die zufrieden sind, aber einmal ins Ausland wollen, um da neue Erfahrungen zu sammeln."