Stromknappheit in Kambodscha
11. Januar 2011"Viele Regionen im Norden und im Südwesten des Landes haben überhaupt keinen Zugang zum Stromnetz", erklärt Peter Bolster. Er arbeitet für die deutsche Entwicklungsorganisation "Gesellschaft für internationale Zusammenarbeit" (GIZ - ehemals GTZ), und lebt seit sechs Jahren in Kambodscha. Ein funktionierendes Stromnetz gebe es nur in der Hauptstadt Phnom Penh und einigen Touristenregionen.
Und dort, wo Strom verfügbar ist, sei er enorm teuer. "Der Strompreis in Kambodscha gehört zu den höchsten weltweit", erklärt er. Der Grund: Elektrizität werde fast ausschließlich aus Dieselkraft gewonnen. Und der Diesel müsse vollständig aus dem Ausland importiert werden - zu Weltmarktpreisen.
Alternative Energien statt Diesel
In einigen Regionen wird deswegen mit Biosprit experimentiert - der soll den teuren Diesel zumindest teilweise ersetzen. Im Fokus steht besonders Jatropha - eine anspruchslose strauchartige Pflanze, die auch auf ausgemergelten Böden wächst, auf denen sonst kaum etwas mehr gedeiht. Mit dem aus den Nüssen dieser Pflanzen gewonnenen Öl lässt sich ein umgerüsteter Dieselgenerator betreiben, der Strom produziert. In einem Pilotprojekt werden durch Biosprit schon rund 380 Haushalte mit Strom versorgt. Auch andere alternative Energien werden genutzt, wie zum Beispiel Biogas. Allerdings sei diese Technologie für viele Haushalte zu teuer, erklärt GIZ-Experte Bolster.
Die kambodschanische Regierung setzt für die künftige Energieversorgung vor allem auf Wasserkraft. Im vergangenen Jahr 2010 ist ein erstes Wasserkraftwerk ans Netz gegangen - wenn auch nur mit einer geringen Kapazität. In diesem Jahr soll ein weiteres folgen. Viel Energie ließe sich außerdem mit einem großen Kraftwerk auf dem Mekong produzieren - dem größten Fluss nicht nur in Kambodscha, sondern in ganz Südostasien. Doch um das durchzusetzen, müssten auch die Anrainer-Staaten des Mekong zustimmen, erklärt Bolster, also auch China, Vietnam und Thailand. "Da reden einfach zu viele Länder mit", glaubt er. Mit einer schnellen Einigung sei deswegen nicht zu rechnen.
Schlechte Infrastruktur bremst Wachstum
Die schlechte Infrastruktur und die hohen Strompreise beeinflussen unmittelbar die wirtschaftliche Entwicklung Kambodschas. Viele Unternehmen - zum Beispiel aus der Textilbranche - investieren lieber im benachbarten Vietnam. Denn dort sind die Energie- und damit die Produktionskosten wesentlich niedriger.
Um das Stromproblem Kambodschas grundlegend zu lösen, müsste die Regierung in ein nationales Stromnetz investieren, glaubt Volker Karl von der KfW-Entwicklungsbank. Nur wenn kleine Kraftwerke Teil eines nationalen Netzes seien, könnten Überschüsse eingespeist und Energielücken ausgeglichen werden. Und nur so ließen sich kleine Kraftwerke wirtschaftlich betreiben. Doch für solche Investitionen fehlten der kambodschanischen Regierung die Mittel, glaubt er.
Investitionen rechnen sich nicht
Für private Firmen gibt es nur wenige Anreize, Geld in die Infrastruktur zu stecken. Durch das geringe Durchschnittseinkommen der Bevölkerung ist es für Investoren fast unmöglich, ihre Ausgaben durch den Verkauf des Stroms wieder zu erwirtschaften. Die meisten Kambodschaner könnten sich den teuren Strom gar nicht leisten, meint Peter Bolster. "Viele Kambodschaner leben von einem Dollar am Tag. Woher sollten sie einen Dollar für eine Kilowattstunde Strom nehmen?"
Autor: Philipp Bilsky
Redaktion: Ranty Islam