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Politik

Lebenslang für "Ehrenmord" an Internet-Star

27. September 2019

Die 26-jährige Qandeel Baloch galt als "Kim Kardashian von Pakistan". Ihre Familie in dem konservativ-islamischen Land war entsetzt und drohte ihr. Ein Bruder erwürgte sie dann. Jetzt wurde er für den Mord verurteilt.

Qandeel Baloch
Qandeel Baloch spricht einen Monat vor ihrer Ermordung vor Journalisten in Lahore Bild: picture-alliance/AP Photo/M. Jameel

Ein Gericht in Multan hat den angeklagten Muhammad Waseem wegen Mordes zu einer lebenslangen Gefängnisstrafe verurteilt. Er habe seine Schwester im Juli 2016 erwürgt, befanden die Richter in der nordostpakistanischen Stadt. Qandeel Balochs Bruder hatte nach dem Mord keine Reue gezeigt und gestanden, seine Schwester wegen ihrer "unerträglichen" Aktivitäten in den sozialen Medien getötet zu haben. Sie habe "Schande" über die Familie gebracht. Mehrere Angeklagte, darunter der prominente islamische Prediger Mufti Abdul Qavi und ein weiterer Bruder des Opfers, wurden freigesprochen.

Muhammed Wassem, der Mörder und Bruder von Qandeel Baloch, wird nach seiner Verurteilung abgeführt Bild: Getty Images/AFP/SS Mirza

Gegen die Unterdrückung von Frauen

Qandeel arbeitete als Sängerin und Model und galt in Pakistan als Internet-Berühmtheit. Sie war 2014 durch ein Video bekannt geworden, in dem sie in die Kamera blickt und fragt: "Wie seh' ich aus?" In weiteren Videos und auf Fotos zeigte sie sich danach immer wieder stark geschminkt und in eng anliegender Kleidung. Auf ihrer Facebookseite und via Twitter kritisierte sie die Unterdrückung von Frauen in ihrer Heimat und kämpfte für Gleichberechtigung.

In Pakistans konservativ-patriarchalischer Gesellschaft wurde sie von vielen angefeindet und öffentlich beschimpft. Andere, besonders junge Menschen, bewunderten Qandeel wegen ihres Mutes und ihrer Freiheitsliebe.

Mit solchen Auftritten polarisierte Qandeel in ihrer HeimatBild: Facebook/Qandeel Baloch via Reuters

Mord führt zur Gesetzesänderung

Die Tat hatte in Pakistan hohe Wellen geschlagen und wenige Monate später zur Verabschiedung eines Gesetzes gegen sogenannte Ehrenmorde geführt. Demnach müssen Richter des "Ehrenmordes" überführte Täter nun zu lebenslanger Haft verurteilen, auch wenn die Familien der Opfer dem Mörder vergeben.

Auch in diesem Fall hatten die Eltern von Qandeel in einer eidesstattlichen Erklärung ihrem Sohn den Mord an seiner Schwester verziehen und das Gericht gebeten, das Verfahren einzustellen. Das Gericht lehnte dies ab. Nach islamischem Recht ist ein sogenannter Ehrenmord gesühnt, wenn die Familie des Opfers dem Täter verzeiht. Die Menschenrechtsorganisation Human Rights Watch schätzt, dass im mehrheitlich islamischen Pakistan pro Jahr mindestens 1000 sogenannte Ehrenmorde verübt werden.

Der Anwalt von Muhammad Waseem will gegen das Urteil angehen.

se/qu (afp, ap, dpa, kna, epd)

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